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Restaurant Osseria

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Gasthaus mit Kultstatus

„Euer Highlight- DIE ERBSEN. Original ohne alles. Super.“ „Schön, dass es bei euch noch die gut alte rote Grütze von Komet gibt.“ „Seid bereit auf weitere Besuche. Freundschaft!“

Andrea Ansmann, Gründerin und, wie sie ihren Job lächelnd im DDR-Bürokratendeutsch bezeichnet, Leiterin der gastronomischen Versorgungseinrichtung, zeigt stolz das Osseria-Gästebuch und erklärt, dass Komet der Dr. Oetker des Ostens war. Auch die Fragen nach typischen DDR-Gerichten beantwortet die 40-jährige sachkundig, nennt Thüringer Rostbrätel, Milchnudeln, Würzfleisch und Zwiebelsuppe. Beim Toast Hawaii allerdings irrt sich Andrea Ansmann. Der altmodische Klassiker stammt nun wirklich nicht aus der Küche des DDR-Fernsehkochs Kurt Drummer. Erfunden hat ihn Clemens Wilmenrod, Deutschlands erster Fernsehkoch, der zwischen 1953 und 1964 im NDR au Sendung war.“Na bitte“, kontert Andrea Ansmann flink, „was aus dem Westen kam, war eben auch nicht alles gut.“ Dennoch hat sie das mit Käse überbackene Schinken- Ananas-Brot auf ihrer Speisekarte (2,70 Euro).

Andrea Ansmann wurde in Templin geboren. Nach Abitur und Ausbildung zur Hotelfachfrau im Schlosshotel Damsmühle kam sie nach Berlin, bewirtschaftete einen Ruderclub in Wannsee und machte sich am 2. Oktober 2000 in Weißensee mit ihrer Osseria selbstständig. „Biste ein Ossi, also machste ´ne Osseria.“
Der Charme des Ostens besteht aus hunderten von Ausstellungsstücken: Auto- Kennzeichen, Ehren-Wimpeln, Sandmännchen-Figuren, Stern-Radios, Tempo-Linsen, Veritas –Nähmaschinen… und, die Gäste reden drüber. Die Einzige, die mit den Mengen von Ost-Relikten möglicherweise Probleme hat, ist die Putzfrau.

Auf der Speisekarte sind die angeblichen Kreationen sozialistischer Kulinarik aufgelistet: Goldbroiler, Jägerschnitzel, Schweinesteak Letscho und Falscher Hase… und, die Gäste jubeln: „So, wie früher im HO-Ratskeller.“ Dabei verkennen sie, dass Brathähnchen, panierte und gebratene Jagdwurst oder Hackbraten durchaus auch in westdeutschen Gasthöfen zum Standardangebot gehörten.
Dennoch, ganz leicht war es für Andrea Ansmann nicht, eine möglichst originale DDR-Speisekarte aufzuschreiben, die Produkte zu besorgen und Köche zu finden, die bereit waren, kulinarisch ins Land der begrenzten Möglichkeiten zurückzumarschieren.

Küchenchef Uwe Kayser, ein 33-jähriger Weißenseer, hatte kein Problem damit, auch nicht Gabriele Graff, eine Köchin von der Ostseeküste. Auch Dirk Ansmann, Exgatte der Osseria-Gründerin, nahm die Herausforderung an. Der aus Baden-Württemberg stammende Koch, dessen Wanderjahre in nach Davos, Pontresina, Wien und Sylt führten, fungiert im Weißenseer Ostalgierestaurant als Quotenwessi: Und er sorgt dafür, dass neben den bereits genannten Gerichten auch bürgerlich Hausmannskost auf die Teller kommt: Szegediner Gulasch beispielsweise, Kohlroulade in Specksoße (wird in der Osseria tatsächlich so geschrieben), Forelle „Müllerin“, Schweinebraten oder Rinderroulade.

Die Portionen sind groß, die Preise klein (das teuerste Hauptgericht etwa kostet 11,20 Euro; das Frühstücksbuffet 2,90 Euro und der Brunch an Sams-, Sonn-und Feiertagen 6,99 Euro pro Person). Die Servicemitarbeiter sind genauso offen, fröhlich und auskunftsbereit wie ihre Chefin Indiz dafür, dass in der Osseria jedwede Art von larmoyanter Ostalgie draußen vor der Tür bleibt. Durchaus erwähnenswert, weil in der Hauptstadt nicht alltäglich, ist die Tatsache, dass es die Speisekarten auch in englisch und in spanisch gibt. „Gäste aus dem NSW kommen immer häufiger“, sagt Andrea Ansmann und erläutert gleich: „NSW, das war in der DDR das nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet.“

Übrigens: das Osseria –Kollektiv betreibt neben seiner Museumsgaststätte auch noch eine Cateringfirma und einen Lieferservice für alle Gerichte auf der Speisekarte, allerdings nur in die Umliegenden Stadtbezirke.

Osseria

Restaurant und Lieferservice
Langhansstraße 103
13086 Berlin-Weißensee
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