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Tour d’Alsace – Zweiter Teil

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von Kayersberg nach Mittelbergheim

Tarte flambée, Flammenküeche und Flammekuchen gehört zum Elsass wie die saure Gurke zum Spreewald. In Kaysersberg, so hatten wir gehört, soll das Nationalgericht der Gegend zwischen Vogesen und Rhein besonders hofiert werden. Also, auf nach Kaysersberg.

Die mittelalterliche Stadt im Tal der Weiss ist 365 Tage im Jahr herausgeputzt wie ein Kommunionskind. Jeder Winkel ist sehenswürdig, jede Ecke ein Fotomotiv. Dazu das Geburtshaus von Albert Schweitzer und im Dezember ein Weihnachtsmarkt, den selbst die größten Lokalpatrioten anderswo im Elsass als den schönsten bezeichnen. Seit einem Jahr hat Kaysersberg nun neben den altväterlichen Winstuben und einigen gutbürgerlichen Restaurants auch eine gastronomische Attraktion.

Flamme & Co heißt der gestylte Laden, dessen Modernität manche Schickimicki-Bar locker in den Schatten stellt. Das kulinarische Konzept setzt auf den Flammenkuchen, allerdings nicht nur in dessen klassischer Variante mit Speck, Zwiebeln und Crème frâiche. So gibt es hier Flammenkuchen mit Fisch und Fleisch, mit Gänseleber und Wildkräutern, mit Obst und Schokolade. Selbst ein Flammenkuchen-Menü steht auf der Speisekarte. Und: Flamme & Co brummt, selbst dann, wenn keine Touristen kommen.

Im Kaysersberger Office de Tourisme bekamen wir einen DIN-A-4-Straßenplan der Gegend, übersichtlicher und handlicher als unsere quadratmetergroße Michelin-Straßenkarte. Dazu eine ausführliche Erklärung, wie wir am besten nach Niedermorschwihr kommen. Das Dorf ist tatsächlich nur einen Katzensprung entfernt, 570 Einwohner, eine Sehenswürdigkeit – die St. Gallus Kirche mit ihrer Silbermann-Orgel – und eine Berühmtheit: Christine Ferber.

Die 50-jährige Pâtissière, Chocolatière und Confiseuse gilt als die beste Marmeladenköchin des Elsass, ja ganz Frankreichs. Und sie ist es wohl auch. „Au Relais des Trois Epis“, so der Name ihres Geschäfts an der Hauptstraße von Niedermorschwihr, gehört zu den kulinarischen Wallfahrtsorten von Feinschmeckern aus der ganzen Welt.

Ein süßer Tempel, in dem Christine Ferbers Schwester Elisabeth die Geschäfte führt. Neben diversen Küchen – Gateau de Heidi und Gateau de Marguerite sind die neusten Kreationen – füllen vor allem Gelees, Marmeladen und Konfitüren die Regale – rund 300 Sorten, darunter viele raffinierte Kompositionen: Hagebutte-Orange, Heidelbeere-Lakritz, Kastanie-Birne, Limette-Mango, Nektarine-Lavendel, Pfirsich-Safran oder Tomate-Apfel. Fruchtige Träume, die in ihrer Naturbelassenheit und geschmacklichen Vollendung tatsächlich konkurrenzlos sind. Nach ausführlichen Proben dürfen wir noch einen Blick ins Allerheiligste werfen – Christine Ferbers Kellerküche. 20 Mitarbeiter kochen hier Obst und Beeren, mischen Gewürze, füllen Gläser. Künstliche Gelierhilfen oder gar Geschmacksverstärker – Fehlanzeige. Der Rest bleibt Christine Ferbers Geheimnis.

Wer ins Elsass fährt, sollte um Mittelbergheim keinen Bogen machen. Wir folgten dem Rat von Freunden, besuchten das Dorf und hatten ein Aha-Erlebnis. Der 2700-Einwohner-Ort nördlich von Colmar ist ein pittoreskes Kleinod und zählt nicht umsonst zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Verwinkelte Gassen und uralte Höfe, die fast alle mit geöffneten Toren und großen Schildern werben – Vins d’Alsace. Mittelbergheim ist ein Winzerdorf an der elsässischen Weinstraße. Diese 170 Kilometer lange Route beginnt im südelsässischen Thann und endet im Norden am Weinberg von Cleebourg. Die Rebfläche beträgt 14 500 Hektar, rund 1,1 Millionen Hektoliter Wein werden von den Elsasswinzern jährlich produziert. 50 Spitzenlagen dürfen die Bezeichnung Grand Cru tragen, darunter auch der Mittelbergheimer Zotzenberg.

Der Mann, der uns das erzählt, heißt Marcel Schwob und ist natürlich Winzer. Mit 76 einer der ältesten im Elsass, sagt er. Gemeinsam mit seinem Sohn Patrick betreibt er sein kleines Weingut in Mittelbergheim und natürlich eine Probierstube mit angeschlossenem Verkauf.

Wir kosten uns durch Schwobs Gewächse und erfahren dabei noch, dass im Elsass sieben Rebsorten angebaut werden: Sylvaner, Riesling, Pinot Blanc (Weißburgunder) Muscat d’Alsace, Gewürztraminer Tokay Pinot Gris (Grauburgunder) und Pinot Noir (Blauer Spätburgunder). Die Entscheidung fällt nicht schwer – unser Favorit ist der Gewürztraminer Grand Cru Zotzenberg 2008: würzig, aromatisch, trocken ausgebaut. Zwölf der schlanken Flaschen, der Flûtes, an denen Elsässer Weine leicht zu erkennen sind, treten die Reise nach Berlin an. Wir trinken Gewürztraminer übrigens gern zu asiatischer Küche und natürlich mit Leidenschaft zu jeder Art von Dessert.

Noch ein Tipp am Rande: Nicht weit von Mittelbergheim entfernt, liegt Schloss Kientzheim, Sitz der Bruderschaft Saint Etienne d’Alsace, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das internationale Ansehen der elsässischen Weine zu wahren. Außerdem ist im Schloss das Elsässische Weinmuseum untergebracht. Hier kann man ein bisschen was für seine önologische Bildung tun, bevor die nächste Weinverkostung ruft.

www.flammeandco.fr

www.christineferber.com

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