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Die Weinbar Les Climats in Berlin – Tiergarten

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Wie viele Berliner Weinhändler kam auch Roland Kretschmer als Seiteneinsteiger ins Rebensaftgeschäft. Rolf Paasburg beispielsweise war in einem früheren Leben mal Polizist, Jan Kiegeland Archäologe, Christos Tziolis Chemiker und Günter Bruhn Studienrat. Kretschmer ist also in guter Gesellschaft. Der gebürtige Ravensburger landete 1991 in Berlin, um an der Freien Universität Arabistik zu studieren. Bei der Deutschen Welle arbeitete er als studentische Hilfskraft im Filmschnitt, wurde später Cutter, ließ sich zum Sprecher ausbilden und hätte in diesem Beruf durchaus Karriere machen können.

Der Grundstein dafür war gelegt, als Kretschmer von Anfang September 2000 bis Ende Januar 2001 jeden Tag im Kassensaal der ehemaligen Staatsbank der DDR, dem heutigen Hotel de Rome, ein Stückchen aus Robert Musils Roman  „Der Mann ohne Eigenschaften“ vorlas. Einfach so. Am Anfang kamen nur wenige Zuhörer, dann immer mehr – Studenten, Hausfrauen, Mitarbeiter benachbarter Ministerien, Anwälte, die ihre Kanzlei in der Nähe hatten, Menschen, die zufällig vorbei kamen und davon gehört hatten.

Nach fünf Monaten war der 1700-Seiten-Wälzer über den Leerlauf der österreichischen k.u.k. Monarchie am Vorabend ihres Untergangs ausgelesen, die Feuilletons der großen deutschen Tageszeitungen hatten über Kretschmers Aktion berichtet, und es wäre wahrscheinlich nur noch ein kleiner Schritt bis zu größeren Auftritten gewesen. Doch der Leidenschaft fürs Rezitatorische stand eine andere Leidenschaft gegenüber, die schließlich siegte –  die für Burgunderweine.  „Es begann im Jahr 2000, als ich das erste Mal im Burgund war, die unkomplizierte Gastfreundschaft der Winzer dort erlebte und ihre Weine kostete. Fortan fuhr ich jedes Jahr in diese Gegend zwischen Dijon im Norden und Macon im Süden und trank  mich durch die Weine der Cote de Beaune, der Cote de Nuits, des Chablis.“

Die roten und weißen Burgunder wurden sein Hobby, und irgendwann entschloss er sich, aus dem Hobby einen neuen Beruf zu machen. Im Jahr 2008 wurde Roland Kretschmer Weinhändler. „Ich wollte das Renomee des Burgunderweins, der hierzulande immer als schwierig, teuer, unsicher und unzuverlässig galt, ändern.“ Aus seinem Hinterhofkeller in der Hannoverschen Straße in Berlin-Mitte folgte drei Jahre später der Umzug in die Pohlstraße in Tiergarten. „Ich brauchte mehr Geselligkeit und wollte endlich mal über Tage arbeiten.“ Aus einer ehemaligen Spielhölle machte Kretschmer die Weinbar Les Climats. Den Name übrigens gibt es nur im Weinbau von Burgund, er beschreibt verschieden Hanglagen an den Weinbergen und lässt sich nicht übersetzen.

Rund 160 verschiedene Burgunder Gewächse von rund 70 Winzern hat Kretschmer derzeit im Angebot. Alle Kreszenzen importiert er selbst, meist aus kleinen Familienbetrieben. So findet man in seiner Burgunder-Oase alle Dorflagen von Chambolle-Musigny und Fixin sowie in Deutschland äußerst seltene Weine beispielsweise von den Domaines Pierre Gelin und Maratray-Dubreuil. Das kann sich sehen und trinken lassen. Und immer mehr Leute tun es auch, zumal aus der Schmuddelgegend rund um die Potsdamer Straße ganz langsam ein Szenekiez mit entsprechendem Publikum wird.

Inzwischen fragen Gäste sogar schon mal nach einem Romanée-Conti oder einem La Tâche. Kretschmers Philosophie ist auch hier glasklar:  „Ich meide große Häuser mit majestätischen Preisen“, sagt er. Den meisten Gästen gefällt das. Und weil es bei Les Climats auch immer ein paar kleine Gerichte gibt, ein gutes Boeuf Bourguignon und eine gute Quiche beispielsweise, bleiben sie auch schon mal länger.

Weinbar Les Climats

Pohlstraße  75
10785 Berlin – Tiergarten

Tel. 030 – 29001212

www.lesclimats.com

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