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Sterneköche kochen auf

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1989, als die meisten der heutigen hauptstädtischen Sterneköche noch mehr oder weniger brav die Schulbänke drückten, Beurre blanc für ein Gartengerät und Crème fraîche für Puddingpulver hielten, gaben diese glorreichen Vier in Berlin kulinarisch den Takt vor und kochten gegen den fettigen Ruf der Stadt an. Vor 25 Jahren kein leichtes Unterfangen. Das zuständige Tourismusbüro brüstete sich mit der kulinarischen Botschaft, dass in Berlinjährlich 63 Millionen Currywürste verschlungen würden, warb mit dem weltgrößten Krautwickel und jubelte die Eisbein- und Sauerkraut-Tradition himmelwärts.

Peter Frühsammer, Franz Raneburger und Karl Wannemacher holten 1989 mit einer neuen Art von Genusswesen jeweils einen Michelin-Stern in die Stadt (der 2000 verstorbene Siegfried Rockendorf sogar zwei) und bewiesen mit der Zeit und gemeinsam mit anderen Herdarbeitern, dass die sprachliche Verknüpfung von Berlin und guter Küche durchaus kein Paradox ist.

Wenn es noch eines weiteren Beweises bedürfte, dass diese Männer zu den wichtigsten Entwicklungshelfern des Berliner Küchenwunders gehören, dann ist es diese Namensliste, deren Kürze nur dem fehlenden Platz geschuldet ist: Matthias Buchholz, Sonja Frühsammer, Stephan Garkisch, Marco Müller, Andreas Klitsch, Andreas Peter, Tim Raue…

Sie alle standen auf ihrem Weg neben den Altmeistern am Herd. Susann Jendritzki, 32-jährige Souschefin bei Karl Wannemacher im Alt Luxemburg sagt: „Selbst nach vielen Berufsjahren kannst Du da noch was lernen.“

Der Spruch von den vielen Köchen, die den Brei verderben, ist falsch. Definitiv.

Würde er stimmen, hätte das, was am Abend des ersten Märzsamstags die Zollhausküche verließ, nur ungenießbare Pampe sein dürfen, denn 12 bis 15 Damen und Herren in Weiß drängten sich dort gleichzeitig um Herd und Pass. Was auf die Teller kam, genügte jedoch nicht nur in der Menge – immerhin acht Gänge – sondern auch in der Güte voll und ganz den Erwartungen der versammelten Feinschmeckergemeinde. „Die Klassik hat nicht ausgedient“, hieß es, „schon gar nicht, wenn sie so wie hier mit vielen regionalen Akzenten auf eine zeitgemäße Ebene befördert wird.“

Sterneköche machen Laden rappevoll

Es war der Abend der Altmeister. Herbert Beltle, Peter Frühsammer, Franz Raneburger und Karl Wannemacher baten im Rahmen des eat! Berlin-Festivals zu Tisch, und 160 Gäste folgten der Einladung. Auch da ging nichts mehr. „Rappelvoll“, kommentierte Hausherr Beltle die Sitzplatzsituation.

Die Zollhausservicebrigade und ihre Helfer aus den anderen Restaurants nahmen es professionell gelassen, wo stille Perfektion nicht möglich war, wurde fröhlich improvisiert. Dementsprechend die einhellige Meinung der Gäste: „Ein wundervoller Abend!“.

Ähnliche Reaktionen gab es auch nach den meisten anderen Veranstaltungen. eat! Berlin scheint mit seiner Idee, die Gastronomie der Hauptstadt im Rahmen eines Festivals zu präsentieren, auf dem richtigen Weg zu sein.

„Spießig“ nannte der gebürtige Salzburger die Absage vieler Berliner Unternehmen, das Festival finanziell oder materiell zu unterstützen. Typisch österreichische Moderat-Kritik, man könnte auch deutlicher werden.

Es ist wohl eher jenes Berliner Pepita-Denken, das selbst Branchengrößen nicht ablegen können. Moser und seine Mitstreiter sind da längst weiter und haben für eat! Berlin etwa das Rheingau Gourmet und Wein Festival oder das Schleswig-Holstein Gourmet Festival im Blick. Ein vergleichbares Kulinarikfest in der Stadt, das allen was bringt – Aufmerksamkeit über die Grenzen hinaus, volle Häuser und natürlich auch pekuniären Gewinn – das wäre doch was!

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