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Interview mit der Askania AG Berlin

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Ein kulinarisches Gespräch mit Leonhard R. Müller, Vorstandsvorsitzender der Askania AG Berlin

Markantes Gesicht, bürstig geschnittenes Grauhaar, Designerbrille von Offica urbani in Venedig, Kaffeebrauner Nadelstreifenzwirn, sicher auch nicht von der Stange und wenn, dann von einer ziemlich teuren, -Leonhard Robert Müller legt großen Wert aus sein Äußeres. Der gebürtige Ludwigsburger, der in Berchtesgarden und Pforzheim aufwuchs, den Industriekaufmannsberuf erlernte und seine Karriere im Vertrieb eine Tochterfirma von Christian Dior und als deutscher Repräsentant eine Schweizer Uhren startete, gründete 2006 die Askania AG, würde deren Vorstandsvorsitzender und erweckte das Traditionsunternehmen und dessen legendäre Zeitmesser zu neuen Leben.

Die bisherige Bilanz der einzigen Berliner Uhrenmanufaktur: 145 Jahre Tradition, 22 Mitarbeiter, 10.500 Uhrenbesitzer. Zwischen Terminen in Salzburg und Genf fand der sportliche Unternehmer – früher Mittelstürmer des 1.FC Pforzheim, heute Golfer mit Handicup 23,2 – eine gute Stunde Zeit für ein Gespräch.

Wie viel Zeit nehmen Sie sich täglich für das Essen?
Seit ich in Berlin bin, leider immer weniger.

Weshalb? Zuviel zu tun?
Über Mangel an Arbeit kann ich mich nicht beklagen, aber das war früher in Pforzheim auch nicht anders. Nein, das liegt sozusagen am Zeitgeist in Berlin.

Wie meinen Sie das?
Ich sage Ihnen ein Beispiel. In Süddeutschland ist es heute noch vielerorts üblich, zum Mittagessen zu gehen. Hier lassen sich die Leute vom Pizzaservice das Mittagessen ins Büro bringen, dazu eine Cola light, zack zack fertig. Oder Sie verzichten gleich ganz drauf.

Vielleicht weil Essen müde macht….
Ach kommen Sie, das Mittagessen war immer ein Zeichen für wirklichen Genuss. Bei Ihren Kollegen Wolfram Siebeck habe ich mal den Satz gelesen, dass es ein Kulturverfall sei, wenn die Menschen nicht mehr Mittag essen.

Sie stammen aus Baden-Württemberg und kamen 2004 nach Berlin, mit einer fixen Idee….
Wenn Sie mit fix „feststehend“ meinen, stimmt das Attribut, wenn Sie es als Synonym etwa für „töricht“ gebrauchen, dann nicht.

Dann sage ich, „feste Vorstellung“.
Und ich sage ja, so war es. Vor ungefähr zehn Jahren stieß ich in einem Buch über historische Uhren auf die Marke Askania, die ich nicht kannte, obwohl ich in einer Uhrenstadt aufgewachsen bin und viele Jahre auch für eine Schweizer Uhrenfirma tätig war. Ich recherchierte, fand eine beeindruckende Berliner Unternehmensgeschichte und entschloss mich, den Versuch zu wagen, das wieder aufleben zu lassen, was 1871 in Friedenau einmal begonnen hatte.

Sie gründeten die Askania AG?
So schnell schießen nicht mal die Preußen. Ich ließ von einem Pforzheimer Uhrmachermeister zwei Askania-Fliegeruhren nachbauen, mietete auf der ILA 2004, der Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin, einen kleinen Stand und dachte mir, mal sehen, was passiert.

Und, was passierte?
Das Interesse an diesen handgefertigten mechanischen Uhren war enorm. Die Besucher lobten die Robustheit, Schlichtheit und Funktionalität der Askania-Modelle und ich beschloss, den nächsten Schritt zu tun.

Der führte wohin?
Zu Siemens. Für kleines Geld kaufte ich die Askania-Markenrechte, die inzwischen bei dem Konzern lagen und brachte mit Hilfe investitionswilliger Banken und einem Drittel Eigenkapital das Traditionsunternehmen zurück an den Markt. Übrigens: Wenn Sie sich für die Firmengeschichte interessieren – im Askania-Salon hier in der Uhlandstraße 179 / 180 haben wir auch ein kleines Museum eingerichtet.

Für unser Gespräch haben Sie aber den Kempinski-Grill vorgeschlagen….
Weil Sie nach meinem Stammlokal gefragt haben. Hier jedenfalls bin ich gerne, vielleicht auch, weil Tradition verbindet. Außerdem feiern wir am 11.Oktober im Kempinski unseren „Zeit und Wein“- Genussabend, auf dem wir unsere „Quadriga“ – Uhr vorstellen, von der 2013 nur 142 Modelle hergestellt werden.

Welche Restaurants bevorzugen Sie außerdem?
Da ich in Babelsberg wohne, bin ich natürlich häufig in Potsdam unterwegs: Speckers Landhaus, Juliette und vor allem das Jerôme in der…
In Berlin gehe ich auch gerne ins Weingrün, eins der Restaurants meines Freundes Herbert Beltle. Das ist gute pfiffige Gastronomie, die er dort zelebriert.

Was ist für Sie gute Gastronomie?
Für mich hat der Service Priorität. Maulfaule oder arrogante Kellner, die sich vornehmer als ihre Gäste gebärden oder die plumpe Vertraulichkeit mit Freundlichkeit verwechseln, sind mir ein Graus. Außerdem lege ich großen Wert auf gepflegte Getränke. Rotwein, der kocht und lauwarmer Weißwein – igitt. Beim Essen hoffe ich immer, dass die Köche richtig abgeschmeckt haben, ich meine, dass Gerichte nicht fad sind.

Was bedeutet bei Ihnen fad?
Dass Gewürze fehlen, vor allem Salz. Sie werden lachen, ich habe immer ein gutes Salz und ein bisschen Chili dabei. Bevor ich lange rede, würze ich eben nach.

Kochen Sie zu Hause selbst?
Mein Wurstsalat ist legendär, meine Bratkartoffeln sind meist perfekt, Reispfanne gelingt auch, aber, ehrlich gesagt, der große Hobbykoch bin ich nicht.

Welche kulinarischen Erinnerungen haben Sie an Ihre Kindheit?
Mein Großvater war Metzgermeister in Berchtesgaden. Ich erinnere mich genau an die Gerüche, zum Beispiel, wenn er Wurst machte. Seine Landjäger etwa waren eine Delikatesse, sowas habe ich nie wieder gegessen. Heute allerdings bevorzuge ich Fisch, für tollen Matjes etwa schiebe ich selbst ein 1-A-Entrecôte beiseite. Ich liebe Mohnkuchen und Kaiserschmarrn, mag Coucous und Räucheraal, Gutedel, die alte Rebsorte aus dem Marktgräflerland und (er schaut auf seine Askania – Armbanduhr) Pünktlichkeit.

Entschuldigung, aber der nächste Termin ruft.

Danke für das Gespräch.

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