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Berliner Bio-Bäcker – Interview Katrin Knopp

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Sieben Tage Dauerstress. Vier Radiointerviews, drei Gespräche mit Pressemenschen, einmal vor der Abendschau-Kamera, dazu ungezählte Anrufe, Auskünfte, Nachfragen – Katrin Knopp ist geschafft, aber man sieht es ihr nicht an. Die 28-jährige Sprecherin der Berliner Biobäcker resümiert lächelnd: „Diese Woche war echt hart.“

Sie meint damit die Woche der offenen Backstuben, einer Imageaktion von 15 biozertifizierten Bäckereien in Berlin und Brandenburg. Motto: Das große Kneten – schauen, riechen, fühlen, schmecken. Und verstehen, fügen wir hinzu, was gutes Brot ausmacht und was dazu gehört, der Geschmacklichkeit und -freiheit masssenproduzierter Backwaren etwas Handwerkliches, Gesundes und Geschmackvolles entgegenzusetzen. Garcon bat Katrin Knopp, gebürtige Rheinländerin und gelernte Bäckerin, um eine Bilanz der Aktionswoche der hauptstädtische Bio-Bäcker und sprach mit ihr über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines alten Handwerks.

Hat sich der Aufwand, den die Berliner Bio-Bäckerei für die Woche der offenen Backstuben betrieben haben, gelohnt?

Auf jeden Fall. Rund 3.000 Besucher aus Berlin und Brandenburg nutzten die Gelegenheit, sich über unsere Arbeit vor Ort zu informieren. Kitagruppen und Schulklassen kamen, um mehr über den Beruf des Bäckers zu erfahren oder einfach nur, um selbst mal leckere Kekse zu backen. Eltern und ihre Kinder holten sich Auskünfte über Möglichkeiten der Ausbildung in unseren Betrieben, wir sind vollauf zufrieden. Und um es gleich vorwegzunehmen – die Berliner Bio-Bäcker werden im kommenden Jahr wieder eine solche Imagekampagne organisieren.

Wie ist denn Ihre Branche überhaupt aufgestellt?

Es gibt in Berlin und dem Umland 15 zertifizierte Bio-Bäckereien. Drei Viertel davon mahlen übrigens ihr Getreide selbst.
Sie sind Arbeitgeber für 650 Mitarbeiter, darunter 58 Auszubildende, und sie backen täglich 22.500 Brote. Wenn Sie die Geschichte interessiert: Die erste Berliner Bio-Bäckerei entstand 1977. Heinz Weichardt hat sie in Wilmersdorf gegründet, als Demeter-Bäckerei. An seinen traditionellen Rezepzten hat er übrigens bis heute nichts geändert, seine Kinderbrötchen mit Honiggeschmack beispielsweise sind noch immer Kult. 1978 folgte der Charlottenburger Brotgarten, damals eins der ersten Backkollektive in Deutschland, 1980 die Ufa-Bäckerei und das Backhaus von Hans Leib, der zwei Jahre zuvor übrigens Mitgründer des Brotgartens war. Vor zwei Jahren eröffneten die bislang letzten beiden Betriebe, Wiener Brot und Zeit für Brot.

Auf der anderen Seite entstanden vor allem in den letzten Jahren mindestens hundert mal so viele Aufbackstationen und Discountbäcker.

Das stimmt. Diese Billiganbieter – das Wort Bäcker geht mir in diesem Zusammenhang nur schwer über die Lippen – importieren beispielsweise jedes Jahr rund 300 Millionen Brötchen-Teiglinge allein aus China, ihre Lohnkosten sind gering, weil sie kein qualifiziertes Personal brauchen, und der beim Backen so wichtige Faktor Zeit spielt bei ihnen keine Rolle. Ihre Devise heißt schnell, schnell, schnell. Knopfdruck, Heißluft, fertig. Von Teigreifung und Teigruhe haben solche Läden noch nie was gehört. Dementsprechend niedrig sind die Preise.

Deshalb kaufen die Verbraucher immer öfter bei solchen Discountern?

Sicher spielt der Preis eine Rolle. Aber Tatsache ist auch, dass solche aufgebackenen Brötchenteiglinge, die es schon für 10 bis 15 Cent gibt, nach einer Stunde erledigt sind – die Krume klebt, die Rösche ist dahin und es schmeckt stumpf. Man könnte auch Pappe essen. Beim Industriebrot ist das nicht anders. Nach ein, zwei Tagen ist es trocken und schmeckt, als würde man auf Watte kauen.

Und das Bio-Brot?

Der Natursauerteig, manche nennen ihn das Nonplusultra des Brotbackens, hält es eine Woche lang frisch, es bleibt natürlich auch aromatisch.

Das hat die Woche der offenen Backstuben also auch klargestellt.

Natürlich. Sie hat Transparenz geschaffen. Jeder, dem unser wichtigstes Nahrungsmittel nicht völlig gleichgültig ist, konnte sehen, was echtes Bäcker- und Konditorenhandwerk ist.
Trotzdem, eine wirklich starke Öffentlichkeitswirkung hat der Bäckerberuf nicht. Wenn Sie es mit der unserer kochenden Kollegen vergleichen, nein.
Manchmal frage ich mich, weshalb im Fernsehen beispielsweise so wenig gebacken und über gute Bäckerprodukte geredet wird.

Ändern Sie’s doch!

Sie werden lachen, ein Konzept dafür gibt es schon, und vielleicht sehen Sie ja bald eine Sendung im Internet.

Na dann, viel Glück!

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