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Porzellan von Stefanie Hering

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Zum ersten Mal begegnete ich dem Porzellan von Stefanie Hering vor ungefähr zehn Jahren. Michael Hoffmann servierte damals im Margaux auf einem Teller, der am Rand perforiert war, also viele kleine Löcher hatte, eine Bisque de Crustacés – Krustentierravioli mit Estragon, sautierten Morcheln, Navretten und grünem Spargel, aufgegossen mit einer Hummer-Bisque.
Ich weiß nicht mehr, was mich mehr faszinierte: dieser Teller oder die sensibel ausbalancierten Aromen des Gerichts. Beides blieb mir jedenfalls im Gedächtnis.

Inzwischen habe ich auch anderenorts von Hering-Porzellan gegessen – bei Jean-Georges Klein im elsässischen Baerenthal zum Beispiel, bei Johannes King im Sylter Söl‘ ring Hof und bei dem „Küchenphilosophen“ Massimo Bottura in dessen Osteria Francescana in Modena. Auch der Engländer Heston Blumenthal und sein Küchenchef Jonny Lake im The Fat Duck, Cesar Ramirez in New York City, Dieter Müller auf der MS Europa und andere Herdkünstler richten auf Hering-Tellern an. Und in Berlin schließlich rockt Hering die Tische in den Fünf-Sterne-Hotels Das Stue in Tiergarten, Waldorf Astoria in der Charlottenburger Hardenbergstraße und The Mandala am Potsdamer Platz.
Das, wovon andere Porzellan-Manufakturen nur träumen, ist das Ergebnis einer lediglich 20-jährigen Entwicklung. 1992 zog Stefanie Hering aus Stuttgart nach Berlin und eröffnete in Prenzlauer Berg eine Keramikwerkstatt. Nicht als Seiteneinsteigerin, wie damals viele, sondern als Gelernte – „das war mein Traumberuf“ – und mit der Erfahrung von drei Gesellenjahren in Dänemark und Irland sowie dem Abschluss der Fachschule für Keramikgestaltung in Höhr-Grenzhausen bei Mainz in der Tasche. Das Startkapital schossen die Eltern vor, den Banken erschien das Geschäft zu wenig erfolgversprechend. Die setzten lieber auf den neuen Markt. Tassen, Teller, Töpferscheibe, Handwerk? Steinzeit. Stefanie Hering lehrte sie eines Besseren.
Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Architekten Götz Esslinger und Wiebke Lehmann, einer Freundin aus der Ausbildungszeit, gründete sie eine Firma, deren schlichtes Markenzeichen – ein kleines H und der der hering porzellan berlin – die jüngste Porzellanmanufaktur Europas schnell bekannt machte. Erste Aha-Erlebnissen auf der Frankfurter „Ambiente“ folgten 2002 eine Goldmedaille auf der Ceranic Biennale in Seoul und, nach vielen anderen Ehrungen, 2013 der Designerpreis der Bundesrepublik Deutschland in Gold, eine Art Ritterschlag der gestaltenden Branche. Die Spezialität der 47-Jährigen Keramikmeisterin und Designerin ist ihr elegantes weißes Biskuitporzellan. Ohne Glasur gebrannt, wird die matte Oberfläche der Teile anschließend von Hand mit einem Diamantschwamm bearbeitet. Das Ergebnis sind eine sinnliche Glätte, eine einzigartige Haptik, die Anmutung von etwas außerordentlich Feinem. Hinzu kommt eine Formensprache, die mit zeitloser Schönheit verbindet, ungewöhnliche Gestaltungsgegensätze findet, ästhetisch optimiert und dabei bis an die Grenzen des handwerklich Machbaren geht.
Die Wiener Werkstätte, Anfang des 20. Jahrhunderts eine Wegbereiterin des „Form-follows-function-Prinzips“, lässt grüßen. „Ich möchte vor allem Sinnvolles sinnlich gestalten“, sagt Stefanie Hering.
Dafür steht auch das Dekor „Ocean“, das die Wahlberlinerin mit Atelier und Wohnsitz in Kohlhasenbrück Anfang Oktober in ihrem Flagshipstore im Waldorf Astoria vorstellte. Ein Suppenteller bietet einem Kalmar Platz, auf Kaffeetassen tanzen Quallen, es krebst, muschelt und seeigelt auf der ganzen Hering-Kollektion. Die Bilder der Meerestiere stammen von der Berliner Illustratorin Eleonore Gerhaher; in strahlend intensivem bis hauchzartem Kobaltblau sorgen sie für maritime Wirkung. Motto: Viel Fisch – feel good. Die Storegäste sind begeistert, die charmante Gastgeberin lächelt und beantwortet auch die praktischen Fragen: „Ja, das Porzellan ist spülmaschinenfest und mikrowellengeeignet.“

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