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Fuhrmann über die Baumtomate

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Der Begriff „Obst“ aus dem Mittelhochdeutschen. „Obez“ hieß damals, vor knapp 1.000 Jahren also, soviel wie „Beikost“. Das Wort beschreibt die bescheidene Rolle, die das Obst in der Ernährung spielte und die sich auch in folgenden Jahrhunderten nicht änderte.

Die Medicusse des Mittelalters etwa rieten vom Verzehr roher Früchte ab und verordneten lediglich Dörrobst oder Dicksaft als Heilmittel. Heute kaum mehr vorstellbar. Jeder Bundesbürger isst täglich etwa 100 Gramm frisches und rund 50 Gramm Obst in verarbeiteter Form. Das ist, im Vergleich mit anderen europäischen Ländern, durchaus ein guter statistischer Durchschnitt, aber nicht nur ich finde, dass da noch viel Luft nach oben ist.

Übrigens: Äpfel sind in Deutschland das beliebteste Obst, gefolgt von Bananen, Apfelsinen, Clementinen, Tafeltrauben, Pfirsichen und Erdbeeren. Auf welchen Platz in diesem Ranking die Tamarillos liegen, vermag ich nicht zu sagen, mit Sicherheit jedoch nicht unter den Top Twenty.

Das liegt natürlich daran, dass die Baumtomaten so das gängige Synonym der eiförmigen Früchte mit orangener bis scharlachroter Schale, nur selten angeboten werden. Eigentlich unverständlich, denn ihre geschmacklichen und ernährungsphysiologischen Qualitäten sind enorm. Ursprünglich stammt die zur Familie der Nachtschattengewächse gehörende Beerenfrucht aus den peruanischen Anden.

Inzwischen findet man sie allerdings auch in anderen Gebieten mit tropischem Klima. Der bis zu sechs Meter hohe, baumartige, immergrüne Strauch wächst inzwischen sogar auf den Kanarischen Inseln und auf Maderia, dort allerdings zumeist in Hausgärten.

Wir beziehen Tamarillos derzeit vor allem aus Brasilien. Der Name übrigens wurde erst vor knapp 50 Jahren aus Marketinggründen von neuseeländischen Händlern erfunden, davor hieß die Frucht in ihren Anbauländern schlicht „tree tomato“, oder „ tomate de árbol“ (spanisch).

Da die dünne schale viele Gerbstoffe enthält und einen leicht bitteren Geschmack aufweist, sollte sie vor der weiteren Verarbeitung abgezogen werden. Das geht, wie bei der Tomate, am besten, wenn man die Frucht kurz in heißem Wasser blanchiert. Geschmacklich sind die Tamarillos tatsächlich eine Offenbarung. Das saftige Fruchtfleisch überzeugt mit herben, süß-säuerlichem Geschmack, auch die kleinen, weichen Kerne sind essbar.

Tamarillos geben Obstsalaten den ultimativen Kick, besonders gut, finde ich, passen die zu Äpfeln und Ananas. Man kann mit ihnen Chutneys und Marmeladen aufpeppen, noch besser kommen sie als Käsebegleiter zur Geltung. Mein Favorit ist ein Cocktail aus Tamarillos, Bananen, Garnelen und Sahnemeerrettich. Dafür müssen die Baumtomaten im Mixer püriert und anschließend durch ein Sieb gestrichen werden. Dann wird mit Salz, Pfeffer Zitronensaft und ein paar Spritzern Angostura gewürzt.

Die Sauce wird anschließend über die in Scheiben geschnitten Bananen und die gegarten Garnelenschwänze gegeben, mit einem Teelöffel Sahnemeerrettich und fein geriebenen Ingwer angerichtet und gekühlt serviert. Ich verspreche Ihnen ein Geschmackserlebnis der besonderen Art.

Ihr Dieter Fuhrmann

www.dieter-fuhrmann.de

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