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Nachgelesen in alten Kochbüchern – Das Bäckerbuch von 1901

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Altmodisch? Immer, wenn wir in alten Kochbüchern wie diesem nachlesen, überkommt uns jedenfalls eine gewisse Hochachtung vor den Autoren und Herausgebern solcher Monumentalwerke. Auch weil wir in einer Zeit leben, in der gedrucktes Wort zwischen zwei Deckeln zunehmend obsoleter wird. „Das Bäckerbuch – Ein praktisches Handbuch der Bäckerei aller Länder“: 955 Seiten, 19 Farbtafeln, 445 weitere Abbildungen, Tabellen und Übersichten. Wie lange, so fragt man sich, mag die Fertigstellung des Bandes gedauert haben? Ein Jahr, zwei Jahre? Wie viele Autoren mögen daran beteiligt gewesen sein? Wie viele Grafiker? Wie viele Fotografen? Und – wer hat das alles konzipiert, recherchiert, organisiert, verfasst, übersetzt und redigiert – ohne Internet?

Also dann, blättern wir mal ein bisschen im „Bäckerbuch“ aus dem Jahre 1901. Da ist zum Beispiel vom „Stolz der Deutschen auf ihr Brot“ die Rede. Das gilt wohl auch heute noch.

Vielfalt und Geschmack seien weltmeisterlich, heißt es häufig. Die deutsche Brotkultur ist sogar UNESCO-Kulturerbe geworden, fast 3.000 Brotsorten hat der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks dafür gesammelt und im sogenannten Deutschen Brotregister dokumentiert. Doch der Mythos wankt, viel davon ist Blendwerk. Während zur Zeit unseres „Bäckerbuches“ Brot noch mit viel Zeit und lediglich aus Mehl, Wasser, Sauerteig, Hefe und Salz gebacken wurde, können diesen traditionellen Zutaten heute etwa 200 Lebensmittelzusatzstoffe beigemischt werden – Emulgatoren, Enzyme, Milch- und Molkepulver, Ascorbin und andere Säuerungsmittel, Phosphate und Zuckerstoffe, und allesamt sind per EU-Verordnung erlaubt. Backmittel heißt das Zauberwort. In einem „Stern“-Artikel lasen wir kürzlich das Zitat eines Wissenschaftlers. Norbert Haase heißt der Mann, ist Professor und Direktor des Bundesforschungsinstituts für Sicherheit und Qualität bei Getreide in Detmold: „Schmeckte ein süddeutsches Brot früher nach Süddeutschland“, so erklärte er dem Reporter, „so kann ein fränkisches Brot heute aus Berlin kommen, aus Castrop-Rauxel oder von Usedom, weil es Backmischungen gibt, in denen eben Süddeutschland drin ist.“

„Vielfalts-Einerlei“ hat das der „Stern“ dann genannt. Die Bäcker des Jahres 1901 hätten sich wahrscheinlich erstaunt die Augen gerieben. Träum‘ ich oder spinn‘ ich? Gestaunt hätten sie wohl auch darüber, was aus ihrem Berufsstand 116 Jahre später geworden ist. Unser „Bäckerbuch“ listet auf: „Nach der Gewerbezählung existieren in Deutschland ca. 90.000 Bäckereien, der Kleinbetrieb ist weitaus überwiegend.“ Heute zählt die Statistik noch 11.700 Handwerksbäckereien, Tendenz fallend. Die Zahl der Berliner Bäckereien ist in dem Wälzer leider nicht genannt, dafür gibt ein „Herr Rob. Heil, Berlin“, eine Bewertung der Erzeugnisse der Berliner Bäckerei. Er schreibt: „Das Gebäck gilt allgemein als ein hervorragend gutes und wird dies immer wieder besonders von den Berlin besuchenden Fremden anerkannt. Vom internationalen Standpunkt dürfte wohl nur das Gebäck von Wien und Paris an die Seite zu stellen sein.“ Wie gesagt, das war 1901…

Dieses Backbuch und eine Vielfalt an unzähligen alten Köchbüchern finden Sie bei:

bibliotheca-culinaria.de

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