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Der Gugelhof am Kollwitzplatz

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Ein Präsidentenbesuch und seine Folgen

„Nein, der Gugelhof ist kein Internetcafé“, erklärte ein Herr mittleren Alters einer Gruppe junger Leute, der Sprache nach Sachsen.
Das Restaurant am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg hat seinen Namen vom Gugelhupf, einem legendären alpenländischen Napfkuchen. Damit es sich nicht ganz so sehr nach Kaffeehaus anhört, wurde daraus Gugelhof.
So oder so ähnlich steht es in jedem amerikanischen, australischen, französischen, italienischen oder japanischen Berlin-Reiseführer.
Seine Erwähnung in den Guides der halben Welt verdankt der Gugelhof dem Besuch zweier Männer vor gut acht Jahren….

Erinnerungen. Der 1. Juni 2000 war für die meisten Berliner ein stinknormaler Donnerstag. Nicht so für die Hauptstadt-Medien. Der Grund: die Anwesenheit von William Jefferson Clinton, des 42. Präsidenten der USA, in der Stadt. Irgendwann am Vormittag sickerte durch, dass Kanzler Schröder seinen Gast zum Abendessen einladen würde. Aber wohin? Eine SFB-Politik-Redakteurin bettelte bei den Berliner Gastrojournalisten um Informationen.

Die wiederum belagerten das Handy von Roland Mary. Doch weder der Borchardt-Betreiber noch der gleichermaßen stadtbekannte Aigner-Gastronom Herbert Beltle wussten was. Und die, die es hätten wissen können, ahnten nichts.

Bereits am Tag zuvor hatte ein Herr Schmitz im Gugelhof einen Tisch für acht Personen bestellt. Donnerstag, 20 Uhr. Für Detlef Obermüller (49) und Hans Nübel (46), die Inhaber des 1995 eröffneten Restaurants in Prenzlauer Berg und ihren Küchenchef Dieter Jindra war das nichts besonderes.

Immer mal wieder buchten Gruppen Plätze, weil es sich herumgesprochen hatte, wie gut die elsässisch-badische Küche des Ladens am Kollwitzplatz ist und wie entspannt und unprätentiös es dort zugeht. Das wusste wohl auch jener Herr Schmitz, ein Mitarbeiter des Kanzleramtes, der seinem Chef den Tipp gab.

Den Rest jenes Abends erzählen die Schlagzeilen der folgenden Tage: „Hi, I´m Bill, sagte Clinton zur Begrüßung“, titelte der Tagesspiegel. „Clinton: Ich mache Trennkost, bitte keine Blutwurst“, schrieb die Bildzeitung. Eine BZ-Reporterin lauschte am Nachbartisch und zitierte dann ebenfalls den US-Präsidenten: „Oh Knödel, ist das schön!“ Die Welt am Sonntag schließlich wusste sogar, was Kanzler Schröder für die Tafelrunde berappen musste: 608,30 Mark.
Viel wichtiger für Obermüller, Nübel, Jindra und ihre Mannschaft war jedoch der warme Regen, der dem Präsidentenbesuch folgte. „Thank you for the wonderful meal“, hatte Clinton zur Erinnerung auf eine Speisekarte geschrieben. Das wunderbare Gugelhof-Essen wollten nun auch andere probieren – allen voran Bills Landsleute. Gastronomie- und Reisejournalisten rückten an und eben die Autoren der wichtigsten Berlin-Guides. Ein bisschen lebt der Gugelhof noch heute davon, aber eben nur ein bisschen.
Das Gros der Gäste kommt, weil die Küche keine Schnörkel und kein Tamtam kennt, weil der Service unverkrampft agiert und die Weinkarte aller Ehren wert ist.

„Wer hätte sich das vor 13 Jahren träumen lassen“, sagt Detlef Obermüller heute. 1995, als sie ihr Restaurant am Kollwitzplatz eröffneten, galten der gebürtige Saarländer und sein Geschäftspartner Hans Nübel, Schwarzwälder, im Kiez als Eindringlinge. Choucroute statt Sauerkraut und Tarte flambée statt Zwiebelkuchen, da flogen in den Gugelhof-Anfangsjahren schon mal Steine, und Fensterscheiben gingen zu Bruch. Andere hätten wahrscheinlich aufgegeben, doch Obermüller und Nübel sind von anderem Holz.

Sie blieben am Ort, glaubten an dessen Entwicklung und behielten recht. Wenn der Kollwitzplatz mit den Jahren zum Berliner Vorzeigekiez avancierte, dann ist es auch das Verdienst dieser beiden Gastronomen, ebenso wie das von Andreas Langholz, der hier ein Haushaltswarengeschäft betreibt oder von Horst Knobbe und Philipp Strube, die den samstäglichen Wochenmarkt etablierten … alles Wessis übrigens, aber wer will das heute schon noch wissen.

Am Gugelhof-Herd steht Dieter Jindra. Der 50jährige stammt aus Mühldorf am Inn, kam vor 30 Jahren nach Berlin ins Hotel Schweizerhof und erlebte als Inhaber und Küchenchef des Lutter & Wegner in der Schlüterstraße die goldenen Jahre der Berliner Gastronomie. Später verkaufte er den Laden an Michael Eilhoff, der ihn immer noch betreibt, und an Josef Laggner, der inzwischen vom Gendarmenmarkt aus ein florierendes Gastro-Imperium führt.

1998 wechselte Jindra als Küchenchef in den Gugelhof.

Gemeinsam mit seinem Sous-Chef Peter Ludwig dirigiert er seitdem eine Brigade, die auf gute, wenn möglich regionale Produkte und deren exakte Zubereitung setzt. Zwiebelsuppe, Weinbergschnecken, diverse Tartes, Sundgauer Raclette, Käsefondue und Choucroute – der Schwarzwald, das Elsass und die Schweiz lassen grüßen. Manche Gäste kommen extra wegen des Ziegenbratens in den Gugelhof, andere wegen des Baeckeoffe, eines aufwändigen Elsässer Eintopfs aus dem Bäckerofen aus mariniertem Lamm-, Rind- und Schweinefleisch, Kartoffeln, Wurzelgemüse und Zwiebeln. Dazu einen Elsässer Riesling, und das Glück ist perfekt.

Der Gugelhof-Geschäftsführer Alfred Tschötschel wehrt ab. Der 47jährige Weinspezialist stammt aus dem hessischen Bensheim und ist kein Freund von Superlativen.
„Was wir hier machen“, sagt er, „ist bürgerlich im besten Sinne.“

Gugelhof

Knaackstraße 37
Kollwitzplatz
10435 Berlin-Prenzlauer Berg
www.gugelhof.de

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