Der Anfang vom Ende eines Dornröschenschlafs
Berlin Anfang des vorigen Jahrhunderts. Die Stadt wächst rasant.Mit der zunehmenden Industrialisierung setzt eine extreme Bevölkerungsexplosion ein. Im Jahr 1910 leben über zwei Millionen Menschen in der boomenden Metropole – zählt man die noch selbständigen Städte Charlottenburg, Neukölln und Schöneberg hinzu, sind es sogar 2,7 Millionen.
Auch rund um den Moritzplatz, 1849 nach dem Feldherrn Moritz Nassau von Oranien (1567-1625) benannt, hat sich ein prosperierendes Stadtquartier entwickelt. Postkarten dieser Zeit zeigen Geschäfte, Kontore, Restaurants und ein Warenhaus. Bereits 1890 hatte Georg Wertheim am Moritzplatz sein erstes Berliner Geschäft eröffnet. Vier Jahre später vergrößerte es der Kaufmann und fügte seinem Namen die Bezeichnung „Warenhaus“ hinzu. Kein Kaufzwang, feste Preise, großzügiger Umtausch. Das neue Verkehrsmittel, die Straßenbahn, schaffte Käufer heran, das Warenhaus wurde zum Konsumtempel. 1913 ließ Wertheim, überwältigt vom Erfolg, am Moritzplatz ein neues Gebäude errichten – mit vier Eingangsportalen, übersichtlichen Abteilungen und einem riesigen Konzert-Café.
Außerdem zahlte Wertheim in den 1920er Jahren fünf Millionen Reichsmark dafür, dass die Planer der neu entstehenden U-Bahn-Linie 8 einen Knick über den Moritzplatz verpassten. Am 3. Februar 1945, beim größten Luftangriff auf die Berliner Innenstadt, fielen nicht nur das Wertheim-Kaufhaus, sondern auch die meisten anderen Gebäude am Platz in Schutt und Asche. Den Rest besorgten die Enttrümmerungsaktionen in den 50er Jahren. Der einst urbane Platz verkam. „Brache mit U-Bahn-Anschluss“, titelte vor Jahren eine Berliner Tageszeitung treffend.
Über 11 Millionen Euro wird die Sanierung des Hauses kosten. „Endlich erwacht der Moritzplatz aus seinem Dornröschenschlaf“, heißt es in der „autonomen kreativen Republik Kreuzberg“, ein bisschen schnulzig. Aber in diesen Zeiten wirkt das neue Leben am Moritzplatz wie ein Märchen.
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