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Fuhrmanns Früchtekorb – Pastinake

30.763

Zurück zu den Wurzeln – Es war im Herbst 1977 oder ’78. Ein niedersächsischer Landwirt hatte uns – meinem damals einzigen Mitarbeiter Christian Mölder (heute übrigens als Produktionsleiter immer noch dabei) und mir – einige Kisten Pastinaken nach Berlin geschickt. Wir waren gerade ins Großhandelsgeschäft mit Obst und Gemüse gestartet und natürlich stolz darauf, der in diesen Jahren noch sehr übersichtlichen Berliner Spitzengastronomie etwas besonderes offerieren zu können.

Das Ergebnis jedoch war ernüchternd. „Wat, Hammelmöhren?“, kommentierte der Küchenchef eines Ende der 1970er bekannten Hotels ziemlich verächtlich unser Angebot. Es war im verdösten West-Berlin die Zeit von Kalbssteak Hawaii, Seezunge Müllerin und Zürcher Geschnetzeltem. Gemüse spielte, wenn überhaupt, nur als Konserve eine Rolle, und nun erst eine grau-weiße Rübe namens Pastinaca sativa – „merci bien“, sagten auch andere Köche. Doch, wie das häufig so ist, die Zeiten ändern sich, auch kulinarisch.

„Zurück zu den Wurzeln“, hieß es in den 1980ern. Junge, gut ausgebildete Köche begannen, sich mit den deutschen Regionalküchen zu beschäftigen – Motto: besser, leichter, gesünder. Verschollene Rezepte wurden wieder zum Leben erweckt, vergessene Produkte wieder hoffähig gemacht. Dazu gehörte auch die Pastinake, die jahrzehntelang aus den deutschen Küchen verbannt war.

Bereits die Römer schätzten das Gemüse, dessen Wildform in ganz Europa und in Teilen Asiens verbreitet war.

Karl der Große (742-814), der das Frankenreich zu höchster Macht führte, verordnete für die Gärten auf Krongütern und Reichshöfen den Anbau von 68 Nutzpflanzen (Capitulare de Villis) – die Pastinake gehörte dazu. Die Pflanze aus der Familie der Doldengewächse avancierte in Deutschland zum Grundnahrungsmittel, bis sie im 18. Jahrhundert von Kartoffel, Mohrrübe und Sellerie verdrängt wurde.

In England, Frankreich, den Niederlanden sowie in Skandinavien und den USA wird die Pastinake heute großflächig angebaut. Im Winter gilt die Rübe, die wie eine zu groß geratene Petersilienwurzel aussieht und süßlich wie eine Mohrrübe und aromatisch wie Sellerie schmeckt, in diesen Ländern als Delikatesse.

Einheimische Pastinaken werden ab September vorwiegend auf Wochenmärkten angeboten. Die Hauptsaison ist von November bis April – dann gibt es auch Exemplare von beachtlicher Größe und einem Gewicht von bis zu 1500 Gramm. Ich rate den Verbrauchern allerdings, eher kleinere Rüben zu kaufen, weil die Riesen schon mal holzig sein können.

Außerdem sollten sie an einem kühlen und trockenen Ort gelagert oder innerhalb einer überschaubaren Zeit verbraucht werden, da sie sonst austrocknen.

Der wichtigste Grund meines Plädoyers für die Pastinake liegt übrigens nicht nur in ihrem intensiven, aromatischen Geschmack, sondern vor allem in ihrem ernährungsphysiologischen Wert. Ihr Nährwert übertrifft sowohl den der Möhre als auch den von Kohlrübe und Sellerie. Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind Kohlenhydrate, Eiweiß, Fett, Calcium, Kalium, Magnesium, Phosphor sowie vor allem Vitamine der B-Gruppe. Also, nichts wie ran an die Pastinaken – als Salat, Gemüse oder Püree.

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