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Ines + Sebastian = Ines

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Beinahe täglich werden in Berlin neue Restaurants eröffnet. Inhaber, die es sich leisten können, verpflichten zu solchen Anlässen PR-Profis und die wiederum trommeln mittels Mails und superlativer Formulierungen, was das Zeug hält. Meist reagieren die Medien entsprechend. Ziel erreicht. Wer nicht wirbt, stirbt. Das wünschen wir Ines Thomas und Sebastian Kraatz natürlich nicht. Doch der Wunsch ist das eine, die Wirklichkeit das andere.

Am 19. September 2009 eröffneten die beiden, sie Köchin, er Koch, ihr eigenes Restaurant in der Charlottenburger Grolmannstraße. Zuvor hatten sie wochenlang saniert, renoviert, gestaltet. Es entstand IneS, ein gemütliches Stadtrestaurant, dem man ansieht, mit wieviel Liebe es eingerichtet wurde. Tische und Stühle stammen aus Italien, die hölzernen Speisekarten fertigte ein befreundeter Tischler. Schönes Porzellan, eigenwilliges Designerbesteck, Stoffservietten. „Nächtelang haben wir uns den Kopf zerbrochen, wie wir es kostengünstiger hinkriegen“, sagt Sebastian Kraatz.

Und seine Partnerin Ines Thomas fügt hinzu: „Unsere Vorstellungen waren das eine, die Kosten das andere.“ So blieben Tresen und Rückbuffet vom Vorgänger erhalten und wurden lediglich umgebaut. Dafür investierten die beiden Existenzgründer lieber in nagelneue Toiletten, moderne Küchengeräte, eine kleine Raucherlounge und das größte Schild der Straße. IneS, überdimensional, nachts beleuchtet, sichtbar fast bis zum Savignyplatz. Viel geholfen hat das noch nicht. Bei unserem Besuch zehn Tage nach der Eröffnung waren wir die einzigen Gäste. „Es ist nicht das erste Mal, dass wir alleine im Restaurant sind“, Ines Thomas zuckt mit den Schultern. „Die Gäste, die zufällig kamen oder weil sie irgendwie von uns gehört hatten, waren allerdings rundum zufrieden“, ergänzt Sebastian Kraatz.

Kein Wunder. Der 31-Jährige, Kochlehre im Adlon, Wanderjahre in Italien, Küchenchef in der Eselin von A. und seine Partnerin, 26, Ausbildung im Dorint Hotel Neuenahr-Ahrweiler, später im Berliner InterContinental und ebenfalls in der Eselin von A. am Herd, zelebrieren eine ambitionierte Küche aus marktfrischen Produkten und zu moderaten Preisen.

Ein rosa gebratenes Kalbsfilet mit Hörnchenkürbis und Kartoffelbaumkuchen beispielsweise oder ein Pulpocarpaccio mit gebratener Stubenkükenbrust und Tomatendressing zeugen von selbstbewusst vorgetragenem hohem Qualitätsanspruch. Auch der gebratene Steinbutt auf Wildkräutersalat und Beurre blanc oder der aromatische Bio-Tomaten-Rucola-Salat sind fein und frei von modischen Banalitäten.

Am Essen kann es also nicht liegen, wenn zu wenige Gäste kommen und an den Preisen auch nicht. Die beiden Fünf-Gänge-Menüs, aus denen man sich einzelne Gerichte auswählen kann, sind mit 61 und 64 Euro fair kalkuliert. Dazu bietet Restaurantleiter Phillip Schmelzer – auch er war zuvor in der Eselin von A. beschätigt – deutsche Weine aus elf Anbaugebieten. Das sächsische Weingut Schloss Wackerbarth steht ganz vorn, Ines Thomas wollte das so, sie stammt aus Sachsen. „Ich bin der Chef und Ines sagt, wie es gemacht wird“, kommentiert Sebastian Kraatz.

Eigentlich alles richtig gemacht, bis auf die Werbung. Inzwischen hat das Ines-Team ein Faltblatt in den Büros der Gegend verteilt, Angebote eines täglichen Business-Lunchs. Königsberger Klopse, Senfeier, Tafelspitz – drei Gänge für 12,90 Euro. Weiteres soll folgen – Schritt für Schritt. Statt einer reibungslos funktionierenden PR-Maschine setzen Ines Thomas und Sebastian Kraatz auf ihren Mut und die Hoffnung, dass es sich noch herumsprechen wird, was sie auf der Pfanne haben.

Restaurant INES

Grolmannstraße 56
10623 Berlin

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