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Henkersmahlzeit? Mitnichten!

17.994

Ein Besuch im Restaurant Margaux

Gegen 23 Uhr klingelte das Telefon, Klaus-Peter war dran. Er hatte gerade den ZDF-Krimi „Eiskalter Mord“ gesehen und fragte, ob es wirklich so zuginge in der Sternegastronomie. Ich ließ mir den Inhalt erzählen. Der Film handelte von einem mit Natriumglutamat tricksenden Spitzenkoch, von einem bestechlichen Restauranttester und von einem Mord an einem Sternekoch im Gefrierraum eines Gourmetrestaurants.
Was den ersten Fall betrifft, da war vor Jahren mal was in Düsseldorf. Über den zweiten haben Peter Gnaiger und Wolfgang Hoffmann ausführlich in ihrem Buch „In die Suppe gespuckt“ geschrieben. Der dritte, ist meines Wissens eine Erfindung der Krimi-Autoren. „Außerdem spielt der Film in Hamburg“, sagte ich Klaus-Peter noch, „in Berlin sind die Köche ehrlich, die Tester redlich und in den Hauptstadt-Küchen kommen nur Hummer und Co. zu Tode.
Die einzige Gefahr, die Berliner Spitzenköchen droht, stammt aus einer geheimen Suppenschmiede, die ihren Standort häufig wechselt und von der nur wenige Eingeweihte wissen, wo sie sich gerade befindet – ich spreche von der Gerüchteküche.
Was deren Resultate gelegentlich bewirken, erfuhr ich dieser Tage von Michael Hoffmann, Inhaber und Küchenchef des besternten Restaurants Margaux und, wie ich finde, einer Besten und Redlichsten seiner Zunft.
Während eines Restaurantbesuchs dieser Tage erzählte Hoffmann, dass ihn etliche meiner Kollegen angerufen hätten, wann den nun der letzte Margaux-Tag sei. Eine Redaktion hatte auch schon die passende Überschrift parat: Henkersmahlzeit im Margaux. „Mitnichten“, kommentierte Hoffmann und fragte: „Wer setzt nur solche geschäftsschädigenden Gerüchte in die Welt?“ Ich weiß es nicht.

Locker zur Tagesordnung überzugehen, das ist nicht Hoffmanns Ding. Der Mann ist sensibel und macht sich so seine Gedanken. „Weshalb, fragt er plötzlich, scheinbar das Thema wechselnd, „weshalb schreiben beispielsweise Berliner Zeitungen über Wolfram Siebecks Zeit-Magazin-Kochwettbewerb und dessen Jury, ohne zu erwähnen, dass ich Mitglied dieser Jury war?“ Cornelia Poletto, ja; Klaus Wowereit, natürlich; Michael Hoffmann, nur vergessen? Auch darauf kenne ich keine Antwort.
Hoffmann jedenfalls hat Briefe geschrieben, an die wichtigsten Guides und die einflussreichsten Redakteure – Inhalt: Das Margaux bleibt in Berlin und er, Hoffmann, im Margaux.
Der Mann ist kein Medienstar, aber er will eben auch nicht totgeschwiegen und schon gar nicht totgeschrieben werden.
Als Appetitmacher sind solche Gespräche weniger geeignet, da serviert der Sternekoch lieber Kostproben alter Tomatensorten. Ein süß-säuerliches Entree in ein Menü, das sich zu bisher selten erlebten Höhen vegetarischer Kochkunst aufschwingen wird.
Die Zeiten, in denen der Servicehinweis auf einen Vegetarier unter den Gästen automatisch den Köchekommentar „Ach du Sch…“ nach sich zog, sind zumindest in deutschen Sternerestaurants vorbei.
Nicht vorbei ist allerdings in vielen Fällen der Umgang mit den 10 Prozent Vegetariern, die es in der deutschen Bevölkerung derzeit gibt. Edel-Rohkost ist eben noch längst kein vegetarisches Gericht. Hoffmanns Menü liefert dagegen ein Lehrstück im Umgang mit einer Produktfamilie, die noch zu oft stiefmütterlich behandelt wird. Bravourös beispielsweise drei verschiedene Zubereitungsarten vom Sellerie. Was schlicht als Sommergemüse auf der Karte steht, ist ein kulinarisches Ereignis. Trotz der Gemüsevielfalt auf dem Teller ist das Gericht nicht mit vielerlei rivalisierenden Aromen überfrachtet und zeigt einerseits jenes seltene Harmonie-Gefühl beim Zusammenstellen der Gemüse, andererseits die intensive Produktkenntnis des Küchenchefs. Das Ergebnis ist eine wunderbare Kombination aus Wohlgeschmack und Bekömmlichkeit.

Das Restaurant ist leider geschlossen!

Restaurant Margaux
Unter den Linden 78
10117 Berlin

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