chinesisch – Hot Spot, Riesling statt Reiswein
Zuerst mal Entwarnung für alle Sake-Fans. Natürlich gibt es im Hot Spot, dem etwas anderen Chinarestaurant in Kudammnähe, auch Reiswein – zwei chinesische und eine japanische Sorte. Und es gibt auch Tsingtao-Bier, Ginseng-Schnaps (60 %ig !) und Pflaumenwein.
Das alles wäre allerdings noch kein Grund, durch die halbe Stadt zu fahren, um in der wahrlich nicht besonders anheimelnden Eisenzahnstraße einen Terrassenstuhl zu drücken. Genau das aber tun immer mehr Leute, und sie tun es immer öfter.
Was ist nur der Grund dafür, dass das Hot Spot dermaßen angesagt ist? „Die Atmosphäre“, sagt Stammgast Christian Lohse, Zwei-Sterne-Koch und ein Mann der keine Widerrede duldet. „Die Atmosphäre!“
Tatsächlich: Ein herzlicher Gruß, ein offener Blick, ein freundliches Lächeln und das ehrliche Interesse am Wohl des anderen – das sind die Gesten, die wahre Gastlichkeit ausmachen. Und diese Gesten gibt es im Hot Spot für jeden Besucher – gleich, ob er ein Mineralwasser für 2,90 oder einen G-Max Riesling vom Weingut Keller für 179 Euro ordert.
Damit wären wir beim zweiten Grund, weshalb das Charlottenburger Restaurant peu à peu zum Wallfahrtsort wird. Die Rede ist vom Weinangebot, das von Umfang, Menge und Preis her jedem Vergleich standhält – ausgenommen vielleicht dem mit dem Brandenburger Hof.
Rund 120 Positionen umfasst die Karte, darunter besonders viele halbtrockene und süße Gewächse aus Deutschland und jede Menge große Namen: Weingut Friedrich Becker, Weingut Egon Müller, Weingut Leitz, Weingut Markus Molitor, Weingut Wittmann, Schlossgut Diel…
Hinter der Tatsache des außergewöhnlichen Angebots steckt nun, was man vermuten könnte, nicht etwa ein mit allen Weinen gewaschener Sommelier, sondern Jianhua Wu, genannt Mister Wu.
Der 50-Jährige stammt aus Zhejiang, landete im Oktober 1984 in Berlin, studierte Maschinenbau an der TU, baute sein Diplom und – eröffnete 1992 in Moabit ein Restaurant. „Bambus aus der Dose, Champignons aus der Dose, Billigreis und Glutamat“, sagt er.
Ein paar Jahre später kam ihm ein Buch in die Hände – Michael Broadbents Weinnotizen. Die Lektüre wirkte als Initialzündung. Mister Wu kaufte ein paar Flaschen – Chateau Latour, Chateau Margaux, Chateau Petrus. „Dann war es um mich geschehen.“
Als er Ende 2007 an den Kudamm zog und gemeinsam mit seiner charmanten Frau Huigin Wang das Hot Spot übernahm, stand auch der Entschluss fest: Ein neues Konzept, frische Produkte in der Küche, Verzicht auf Glutamatzusatz, ein gutes Weinangebot.
Mister Wu hatte längst seine Liebe für deutsche Rieslinge entdeckt, deren restsüße Vertreter so hervorragend mit der chinesischen Küche harmonieren. Im Hot Spot sind es Gerichte aus den Regionen Sichuan und Jiangsu sowie aus Shanghai. „Fuqi-Feipian“ heißt eine der Vorspeisen – Rindfleisch, Rinderzunge und Rindermagen. Das Gericht ist zwar höllisch scharf, aber auch teuflisch lecker.
Noch höllischer wirkt „Shuizo-Niurou“ – Rindfleisch in einer Sauce aus Chilipulver, Chilischoten, Sichuan-Pfeffer, Knoblauch, Ingwer und Bohnenpaste. Wie lecker es wirklich ist, können wahrscheinlich nur Gaumen beurteilen, die mit dem fünfstelligen Bereich der Scoville-Skala vertraut sind. Deswegen empfiehlt Mister Wu gern die mit Teeblättern geräucherte Ente, eine Sichuan-Spezialität, deren feiner Rauchgeschmack durchaus erinnernswert bleibt. Übrigens: Am Nachbartisch saßen Chinesen und speisten begeistert. Kritik wegen des fehlenden Glutamats gab es nicht.
Restaurant Hot Spot
Eisenzahnstraße 66
10709 Berlin-Wilmersdorf
www.restaurant-hotspot.de
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