Die Preußische Spirituosenmanufaktur
Ein Besuch der Preußischen Spirtuosenmanufaktur ist wie eine Zeitreise. Äußerlich sieht die Häuserzeile in der Weddinger Seestraße noch immer genauso aus wie vor über 100 Jahren. Roter Backstein, Gründerzeitgiebel, Kasernenarchitektur. Ein alter Schriftzug: Institut für Gärungsgewerbe.
Ein Gedenkstein auf einem der Innenhöfe erinnert an dessen Gründer. Max Delbrück enstammte einer in Preußen hochangesehenen Gelehrtenfamilie, sein älterer Bruder war der Historiker Hans Delbrück, sein Neffe, ebenfalls Max, wurde 1969 mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt.
Der Chemiker Max Delbrück also gründete 1874 auf Anordnung des preußischen Kabinetts die Versuchs- und Lehranstalt für Spiritusfabrikationen. Damit sollte das Auskommen der preußischen Bauern verbessert werden, indem man deren überschüssige Kartoffel- und Getreideernte abnahm, um daraus Alkohol zu gewinnen.
Delbrück leitete er bis zu seinem Tod 1919 das Institut für Gärungsgewerbe. Er war es auch, der die Preußische Spirituosenmanufaktur ins Leben rief und gemeinsam mit seinen Studenten Kräuterliköre und Obstbrände herstellte. Erhalten aus dieser Zeit sind die beinahe 150 Jahre alte Destillerie, die heute zwar museal anmutet, aber längst noch nicht museumsreif ist sowie das „Brevier der flüssigen Freuden“ das noch heute mit über 80 Rezepten die Grundlage für viele Spirituosen der Manufaktur bildet, die seit 2005 von Professor Ulf Stahl und Gerald Schroff geleitet wird. Der Professor, 68, gebürtiger Wiener hat an der TU Berlin den Lehrstuhl für Mikrobiologie inne und referiert weltweit zum Beispiel über das von ihm entwickelte Gärverfahren für das Trendgetränk Kombucha. Gerald Schroff ist 46 und stammt aus dem baden-würtembergischen Offenburg.
Nach Abschluss einer Schweizer Hotelfachschule zog es ihn hinter die Bars dieser Welt – Stationen von Zürich bis Mexiko City. Eine Zeit lang arbeitete er auch bei Alfons Schuhbeck in München, als der begann mit Gewürzen zu experimentieren.
Vor sieben Jahren lernten sich Schroff und Stahl kennen. Bei einem Skiunfall in Lech am Arlberg stießen sie buchstäblich aufeinander. Die unfreiwillige Bekanntschaft ohne größere gesundheitliche Folgen, wurde abends an der Hotelbar vertieft – natürlich beim Gin, dem Lieblingsgetränk der beiden. Aus der Fachsimpelei entstand eine Geschäftsidee. Der Professor wusste um die damaligen Probleme der preußische Spirituosenmanufaktur, die ohne Geschäftsführung vor sich hin dümpelte und wieder in feste Hände kommen sollte. Das wurden schließlich die von Schroff und Stahl. Der Professor gilt als die „Nase“ der Manufaktur, sein geschultes Riechorgan entscheidet in letzter Instanz über die Rezeptur der hier hergestellten Spirituosen.
Gerald Schroff ist der Mann fürs operative Geschäft. Dazu kommen die gelernte Destillateurin Janine Mlitzke und der Destillateur-Lehrling Daniel Lettle. Das spirituelle Dream-Team brachte in den letzten Jahren die Manufaktur wieder auf Kurs. Beweis dafür: inzwischen werden in vielen Berliner Restaurants Spirituosen aus dem Wedding angeboten – Kurfürstlicher Magenbitter, Weddinger Kräuterlikör, Birnen-, Ingwer-, Rosen- und Zimtlikör, Aquavit, Dabziger Goldwasser, Berliner Getreidekümmel und natürlich Adler Gin und Adler Wodka, beides nach Originalrezepturen von Prof. Delbrück, dem Gründer der Manufaktur, hergestellt.
Die Mannschaft der preußischen Spirituosenmanufaktur hat guten Grund zum Feiern.
Das Team hat seine Suche nach dem perfekten Gin mit einem Ergebnis gekrönt, dass sich trinken lassen kann. Inzwischen ist der Premium-Gin, der in einer edlen KPM-Bouteille angeboten wird, das Aushängeschild des Unternehmens. Der Gin ist allerdings namenlos, weil sich die vier so sehr in die Herstellung ihres Produktes vertieft hatten, dass sie darüber ganz und gar vergaßen, ihrem Kind einen Namen zu geben. Die deutliche Wacholder-Note, die ausgewogenen Kräuter- und Blumenaromen und die milde Reife sind die Merkmale des Premium-Gins.
Die zweistufige Destillation erfolgte in einer Vakuum-Destillationsapparatur der Gebrüder Daniel & Kluge aus Berlin-Reinickendorf aus dem Jahr 1952, die bei Temperaturen unter 60 Grad die Aromen der Ingredienzen weitgehend erhält. Danach wurde der Gin zwei Jahre lang in über 100 Jahre alten Steingutgefäßen gelagert. Das minderte den Säurewert erheblich und balancierte die Spirituose bei 47 Volumenprozenten perfekt aus.
Eine historische KPM-Kreation erschien den Gin-Machern als einzig würdige Umhüllung für ihr hochprozentiges Baby. Die Barflasche der Designerin Trude Petri aus 1950er Jahren ist vom Geist des Bauhauses getragen. 500 Exemplare wurden von Hand geformt und gebrannt und mit einem 24-karätigem Goldtaler bedruckt. Die Versiegelung der Flasche erfolgte mit preußisch-blauem Lack. Auch bei der Verpackung lässt Preußen grüßen. Ein Karton, in buchbinderischer Handarbeit und ebenfalls preußisch blau gefertigt, hat die Maße des guten alten Leitz-Ordners.
Man kann den guten Gin in der edlen Verpackung also bequem im Aktenschrank lagern. Soviel Understatement hat natürlich seinen Preis. Doch was sind schon 500 Euro, wenn es nur 500 Flaschen gibt.
Preussische Spirituosen Manufaktur
Schroff & Stahl GbR
Seestraße 13
D-13353 Berlin
Tel.: +49 30 – 450 28 537
Fax: +49 30 – 450 28 539
www.Spirituosenmanufaktur.de
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