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Hamburger Rundstücke

17.999

Hamburg, Eppendorfer Baum. Großzügige Mehrzimmerwohnungen, Stuck und Zierrat an den Häusern und die neben Blankenese höchste Porsche Cayenne-Dichte Hamburgs. Wer hier wohnt, hat es geschafft.  Akademiker, Web 2.0-Yuppies und altes Geld. Hier lässt sich’s leben. Und genau hier, an der Ecke Isestraße, befindet sich einer der zwei Zugänge zum längsten Wochenmarkt Europas.

Der Isemarkt, wie der Wochenmarkt von den Hamburgern genannt wird, ist ein Füllhorn der Reize für alle Sinne. Auf exakt 970 Metern wird jeweils dienstags und freitags zwischen 8.30 und 14.00 Uhr ein Wochenmarkt der besonderen Art abgehalten. Er verläuft genau unter der U-Bahn Linie 3, die hier oberirdisch von Eppendorf nach Harvestehude ruckelt. Am anderen Ende des Marktes ist die nächste U-Bahnstation, Hoheluftbrücke.

Unter dem Viadukt haben sich knapp 200 Obst-, Gemüse-, Fisch-, Fleisch-, Geflügel-, Blumen- und Backwarenhändler mit ihren Ständen versammelt. Ihre Waren sind mit gediegener Akkuratesse drapiert, nichts liegt hier beiläufig herum. „Das gehört sich so“, sagt der Hamburger Händler und erfüllt damit gleichzeitig die alte Marketing-Weisheit vom Auge, das mitkauft.

Dazwischen immer wieder Stände, die man hier gar nicht erwartet. Beispielweise der „Bürstenmann“, bei dem viele Hamburger seit über vierzig Jahren ihre „Handeule mit Schaufel“ – Handfeger und Kehrblech – kaufen. Oder der „Käsemann“, der seine Ware allwöchentlich zweimal aus dem Allgäu, seiner süddeutschen Heimat, kommen lässt. Gerüche nach Gewürzen, Kräutern, Seife und Leder begleiten den Flaneur bei seinem Weg durch die beiden Standreihen.

Einerseits ist es diese besondere Mischung, andererseits die Qualität der Waren,  die den Isemarkt so beliebt macht. Hinzu kommt die hanseatische Art zu verkaufen, auch wenn man sich nur auf einem Freiluftmarkt befindet. „Stört es Sie, wenn ich Ihnen die aufgeplatzte Banane umsonst mit dazulege?“, fragt ein Obsthändler seinen geneigten Kunden. Das nennt man „plietsch“, wenn man in Hamburg zu Hause ist.
Zu Beginn meines Isemarkt-Bummels treffe ich Stefan Meckmann. Trotz der frühen Stunde hat er ziemlich gute Laune und bereitet seine selbstgemachten Muffins in verschiedenen Geschmacksrichtungen zu. Daneben bietet er frische Croissants und Kaffee in zahlreichen Variationen an. Wie einige andere auch, hat er sein Geschäft in einen kleinen Lieferwagen eingebaut. Seiner ist gelb lackiert. Und während sich vor seinem Luk am Stehtisch Müßiggänger und Freiberufler über die neuesten Fehlentscheidungen der Bundesliga-Schiedsrichter echauffieren, füllt er Förmchen um Förmchen mit seinem famosen Blaubeer-Muffin-Teig, der Hamburger sagt übrigens „Bickbeere“.

Ein paar Schritte weiter treffe ich Tanja Schick. Sie stellt Macarons her und verkauft das französische Gebäck mit zunehmendem Erfolg. Ihre Kunden nehmen lange Wege auf sich, um in den Genuss dieser süßen und zumindest in Hamburg selten angebotenen Köstlichkeiten zu kommen. Und wer es nicht schafft, persönlich ihren Stand zu besuchen, lässt sich die Spezialität auch schon mal nach Hause liefern.
Daneben erregt ein knallroter Citroen-Wellblech-Transporter Typ H mit fantastisch abwechslungsreichen Auslagen Aufmerksamkeit. Hier finden sich Säfte, Brote und Öle neben Blechspielzeug und Schiffermützen. Der Oldtimer gehört dem umtriebigen Uwe Quentmeier, der neben seiner Passion für gutes Essen und Trinken ein leidenschaftlicher Liebhaber von alten Autos ist. Seine charmante Mitarbeiterin serviert ein warmes Panino mit Fenchelsalami auf geschmolzenem Bergkäse, da bleibt kein Auge trocken. Kaltgepresste Olivenöle aus Apulien, Orangina aus Sizilien, Cappuccino – das ist Italien an der Elbe.

Mit einem Lächeln empfängt gleich nebenan Cornelia König ihre Kundschaft. Ihr Thema ist das Wohlfühlen mittels Hirse- und Dinkelspelz. Dafür bietet sie Kissen in allen Größen an, gefüllt mit eben diesen wärmenden und allergologisch einwandfreien Naturstoffen und eingehüllt in von ihr bedruckte Bezüge. Noch schlafe ich gut, also zum nächsten Stand.

Schon von weitem fällt er auf, wie er allein hinter seinem bescheidenen Tischchen thront: Der „Vanille-Mann“. Jacques Dukart ist Franzose und Experte für das aromatische Gewürz.  Er bezieht die schwarz-glänzenden Stangen von einem Freund direkt nach deren Ernte und kann sie ohne Zwischenhändler an die Kunden bringen. Das senkt den Preis, kein Wunder, dass selbst Profiköche bei ihm kaufen. Viele von Ihnen kennen auch andere Wochenmärkte in Deutschland und sagen: Der Hamburger Isemarkt muss keine Vergleich fürchten, nicht mal mit dem Viktualienmarkt in München.  Und der gilt ja wohl hierzulande als die Nummer Eins.

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