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Ein Kulinarisches Gespräch mit Nils Busch-Petersen

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Er ist nicht nur deshalb auf die Minute pünktlich, weil er sein Büro gleich um die Ecke hat, nein, Pünktlichkeit gehört zu den wichtigsten Tugenden von Nils Busch-Petersen. Eine zweite ist, zuhören zu können und eine dritte, Dinge druckreif auf den Punkt zu bringen. Wenn es Meisterschaften in der Disziplin freie Rede gäbe, Nils Busch-Petersen wäre ein heißer Titelanwärter.Der 49-jährige, als Sohn eines Kinderarztes in Rostock-Warnemünde geboren und aufgewachsen, studierte in Berlin Jura und war nach dem Abschluss 1988 als wissenschaftlicher Assistent tätig.

Die Wende brachte ihn in die Politik. Von Februar bis Juni 1990 im Auftrag des Runden Tisches Bezirksbürgermeister in Berlin-Pankow, danach Verbandsfunktionär. Heute ist Busch-Petersen Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin- Brandenburg.

Sie haben das Amici am Mehringdamm für unser Gespräch ausgewählt, weil Ihr Büro gleich um die Ecke liegt?
Natürlich ist das ein Grund, aber wenn diese Trattoria nicht so wäre, wie sie ist, hätten wir uns  woanders getroffen.

Wie ist sie denn?
So, wie ich mir viele Restaurants wünschte. Grundsolide, was das Essen, die Weine, den Service und die Preise betrifft. Ich gehe hier auch häufig mit Geschäftspartnern und Verbandsgästen essen und habe noch nie Kritik gehört. Das Amici ist Ausdruck des Aufschwungs der Gegend rund um den Mehringdamm. Früher gab es weit und breit nur das e.t.a. hoffmann und jetzt – schauen Sie sich mal um…

Darf ich Sie zu einem Glas Wein einladen?
Gerne.

Kennen Sie Pecorino?
Natürlich, ein italienischer Hartkäse…

…und ein autochthone Rebsorte aus den Marken, ausgezeichnet zum Beispiel zu Meeresfrüchten.

Herr Busch-Petersen, Sie haben sich kürzlich beim Jury-Präsidenten der Berliner Meisterköche beschwert.
Worum ging es da?

Ich habe mich nicht beschwert, ich wollte lediglich eine Anregung loswerden.

Verraten Sie die uns auch?
Ich will es mal so formulieren: Alles Gute läuft irgendwann Gefahr, in die Jahre zu kommen.
So geht es mir bei dieser Auszeichnungsveranstaltung, bei der ich übrigens seit 1997 regelmäßig zu Gast bin und die ich einerseits für ein Berliner Highlight, anderseits aber durchaus für entwicklungsfähig halte.

Was heißt denn das?
Das heißt, dass ich mich frage, weshalb ein ganzer Bereich der Berliner Gastronomie ausgeblendet wird, den die Jury meiner Meinung nach einblenden sollte. Ich spreche von den italienischen, griechischen, libanesischen, spanischen und anderen ausländischen Restaurants in der Stadt und frage mich, weshalb es keine Kategorie „Ausländisches Restaurant des Jahres“ gibt?

Haben Sie eine Antwort bekommen?
Ja. Mir wurde gesagt, dass ausländische Restaurants, wenn sie den hohen Ansprüchen der Jury genügen, durchaus zur Diskussion stünden. Da in den vergangenen Jahren solche Lokale nicht mal als Kandidaten nominiert wurden, schlussfolgere ich, dass die Damen und Herren Juroren der Meinung sind, dass es keine hochwertigen ausländischen Restaurants in Berlin gibt. Und das sehe ich ganz anders.

Nennen Sie doch mal einige Beispiele…
Zum Beispiel das Bocca di Bacco, die Enoiteca il Calice, das Good Friends, das Honca, das Hot Spot, das Qadmous…

Wo gehen Sie denn gerne essen, außer im Amici?
Ich wohne in Pankow und wünschte mir in meinem Wohnumfeld wenigstens ein einziges passables Restaurant. Da ist aber Fehlanzeige. Also bleibe ich in Kreuzberg und Mitte. Wie gesagt, das e.t.a. hoffmann finde ich hervorragend, vor allen Dingen, was sein Preis-Genuss-Verhältnis betrifft. Gerne gehe ich mit Gästen ins Facil, ins VAU und, lachen Sie nicht, ins Restaurant China City in der Leipziger Straße. Dieser Chinese ist weit besser als es der erste Blick vermuten lässt. Berlin ist allerdings gastronomisch so bunt, dass ich mich nicht wirklich festlegen kann. Ich bin da wie viele andere Gerne-Esser, ich probiere viel aus.

Und wie sieht´s zu Hause aus?
Gutes Essen und gesunde Ernährung – auch wenn man mir´s nicht ansieht – spielen bei uns zu Hause eine große Rolle. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass meine Frau Ernährungswissenschaften studiert hat und als Ernährungsberaterin tätig ist.

Haben Sie ein Lieblingsgericht?
Für eine gute Linsensuppe schmeiß ich mich weg. Außerdem liebe ich Innereien und bedaure es, dass sie in Berlin so verpönt sind.

Wo kaufen Sie denn für Ihre häusliche Küche ein?
Wir kaufen vorwiegend Bio-Produkte. Ich schätze mal, 70 Prozent von dem, was wir benötigen. Dabei spielt allerdings die Art und der Ort der Erzeugung eine entscheidende Rolle. Leinöl aus Argentinien zum Beispiel kann soviel bio sein wie es will, das kommt uns nicht in die Tüte.

Verzichten Sie generell auf Produkte von weiter her?
Natürlich nicht, aber wenn ein Lebensmittel auch in Deutschland hergestellt wird, weshalb soll ich dann das gleiche Lebensmittel aus Übersee kaufen? Wir achten also strikt auf Regionalität und lieben den Reiz des Saisonalen.

Was heißt das?
Nur ein Beispiel: Bei uns ist jetzt Vacherin-Zeit. Dieser französische Käse geht uns solange nicht aus, bis seine Saison vorbei ist.

Nochmal zurück zur Frage, wo Sie einkaufen…
Ach so. Dort, wo andere Leute auch einkaufen – auf Berliner Wochenmärkten, am liebsten beim Produzenten, Käse bei Maître Philippe in Wilmersdorf, auch im Kaufhof, im KaDeWe oder in den Galeries Lafayette. Wenn ich genügend Zeit habe oder einen guten Tipp bekomme, fahre ich natürlich auch woanders hin. Zum Beispiel habe ich gerade einen guten Halal-Schlachter in Wedding entdeckt.

Was vermissen Sie in Berlin?
Die Kultur der Markthallen. Leider ist die Arminiushalle in Moabit nur ein Abklatsch dessen, was bei der Eröffnung versprochen wurde. Die Marheinekehalle in Kreuzberg kann sich einigermaßen sehen lassen, und die Eisenbahn-Markthalle, die jetzt wieder Markthalle IX heißt, ist auf einem meiner Meinung nach ausgezeichneten Weg. Wenn ich es aber mit den Markthallen etwa in Breslau, Budapest oder Göteborg vergleiche, muss auch sie noch zulegen.

Zu Ihrem Verband gehören auch viele Berliner Feinkosthändler. Wie ist denn die Branche in Berlin insgesamt aufgestellt?
Nicht schlecht. Das was uns noch fehlt, ist der gute Mittelstand. Aber mit Feinkost-Lindner, Bio-Lüske in der Drakestraße oder dem 1.Berliner Fischmarkt von Moritz Fleck in der Rothenbachstraße, haben wir durchaus respektable mittelständische Unternehmen am Start. Das gilt übrigens auch für den Weinhandel. Ich zum Beispiel habe mein Weinwissen als Kunde bei Viniculture in der Charlottenburger Grolmannstraße erworben. Was mich übrigens mit dem Blick auf den Lebensmittelhandel am meisten ärgert, ist die Austauschbarkeit in vielen Regalen.

Mich ärgert die Inkompetenz von sogenanntem Fachpersonal.

Ich kenne viele hervorragende Verkäufer, aber Sie haben Recht, Kompetenz und warenkundliches Wissen gewinnen zunehmend an Bedeutung und deshalb ist das auch ein wichtiges Thema unsere Verbandsarbeit. Es muss uns in der Zukunft noch besser gelingen, guten Nachwuchs zu gewinnen. Ich sag´s mal so: wenn ich einhundert Käsesorten in der Auswahl habe, brauche ich Verkäufer, die einhundert Weine dazu empfehlen können. Der Lebensmitteleinzelhandel ist ein wettbewerbsintensiver Bereich. Wenn Händler nicht über den Preis, sondern über die Qualität der Produkte Kunden gewinnen wollen, brauchen sie unbedingte Kompetenz, das heißt, Verkäufer mit exzellenten warenkundlichen Kenntnissen. Hier sind wir auch als Verband gefragt, das im Berufsbild des Kaufmanns oder der Kauffrau im Einzelhandel besser darzustellen. Anders gesagt, im Kampf um hochqualifizierte Leute müssen wir noch mehr tun.

Feiern Sie Weihnachten eigentlich zu Hause?

Ja, ganz in Familie. Am Heiligen Abend kommen nur Kleinigkeiten auf den Tisch. Die Dithmarscher Gans ist dann schon im Rohr. Das ist ein 7,5-Kilogramm-Teil, das braucht seine Zeit. Traditionell gibt es bei uns auch Mohnpielen und Dresdner Stollen.

Vielen Dank für das Gespräch, fröhliche Weihnachten und guten Appetit.

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