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Alte Sorten – Höri Bülle

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Und wieder dieses Bodensee-Alemannisch. „Da wosch, wa de hosch“, sagt der kräftige Mittdreißiger, der eine Kiste mit Artischocken in die Auslage des Standes am Straßenrand stellt.

Der verständnislose Blick seiner Kunden aus dem hohen Norden lässt ihn fast buchstabieren: „Da-weißt-du, was-du-hast.“ „Nun gut, jeder Gärtner lobt sein Gemüse.“ Der Mann lächelt milde. Im Minutentakt stoppen Autos, Menschen prüfen, probieren und kaufen. Wieder das langsame Hochdeutsch: „So viele Leute können nicht irren.“

Michael Glaser betreibt in Moos auf dem Höri gemeinsam mit seinem Bruder Stephan Obst- und Gemüsebau. „Die Halbinsel ist wie dafür gemacht“, erklärt der 35-Jährige, „beste Böden, mildes Klima, ausreichend Wasser“. Das ist keine neue Erkenntnis. Der Gemüseanbau am westlichen Teil des Bodensees geht bis ins 8. Jahrhundert zurück. Die Geschichtsschreiber der Abtei Reichenau berichten, dass in den Klostergärten „porrum“, „loch“ und „zibel“ wuchsen.

Michael und Stephan Glaser sind Gärtner in der dritten Generation. Auf 30 Hektar bauen sie vor allem Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Kräuter und Gemüse an: Artischocken, Bohnen, Lauch, Mohrrüben, Pastinaken, Spinat, Rüben, Topinambur.

In diesem Jahr haben sie zum ersten Mal Bamberger Hörnchen geerntet, aus ihren Gewächshäusern kommen 16 Tomatensorten. „Und dann ist da natürlich noch die Höri Bülle“, sagt Stephan Glaser und zeigt eine auf den ersten Blick unscheinbare Zwiebel. Flach, bauchig, rotbraun. Sie gilt als ganzer Stolz der Gemüsebauern auf der Halbinsel, obwohl ihr Anbau alles andere als einfach und ihr Ertrag geringer als der von „normalen“ Speisezwiebeln ist. Der Geschmack allerdings entschädigt für die aufwändige Handarbeit bei der Pflege der Felder und der Ernte.

Die Höri Bülle hat ein zartes Aroma und schmeckt roh eher mild und unaufdringlich. Erst beim Garen entwickelt sie ihre Schärfe, ohne dass dabei die charakteristische rote Färbung verloren geht.
Auf 1,2 Hektar haben die Glaser-Brüder in diesem Jahr Höri Bülle angebaut. „Mehr ist mit den vorhandenen Arbeitskräften nicht möglich, obwohl es Kunden dafür gäbe“, so Michael Glaser, der sich vor allem seinen Wurstsalat ohne die regionale Spezialität nicht vorstellen kann. „Übrigens hat Slow Food die Höri Bülle in die Arche des Geschmacks aufgenommen“, sagt er zum Abschied.

Gemüsebau Glaser

Bühlsteig 2
78345 Iznang
Tel. 07732 – 5 32 67
www.gemuesebau-glaser.de

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