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Kavitas Welt

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Kavitas Welt und ihr Interwiev

Normalerweise finden die Mother´s-Mother-Dinner bei Kavita Meelu zu Hause statt, aber dort wird derzeit die Küche umgebaut. Doch das ist kein Grund, den geplanten Supperclub mit Lee zu verschieben. Die Organisatorin dirigiert ihre Gäste per E-Mail in Mulax, eine szenebekannte Kreuzberger Eventlocation. „Invitation for dinner 7 p.m.“, tippt sie. Lee kommt schon mittags.

Sie ist die Köchin des heutigen Abends, 30, Chinesin aus Shanghai, seit vier Jahren in Berlin. Kochen hat sie von ihrer Großmutter gelernt und das offensichtlich ziemlich gut. Küchenchaos, meist Hobbyköchen eigen, gibt es nicht. Lee arbeitet blitzsauber und blitzschnell. Lediglich als es an die Schweinsfüße geht, flucht sie leise. Der Metzger hat vergessen Portionsstücke zu sägen und sein türkischer Kollege um die Ecke lehnt es ab, zu helfen. Schweinefleisch, nein danke. Einem zufällig vorbeischauendem Freund gelingt es schließlich, mit Hilfe einer Axt und einer Metallsäge, die Knochen zu teilen. Ansonsten läuft die Vorbereitung des Neun-Gänge-Menüs ohne Hektik, Lee hat dafür eine Art Drehbuch, allerdings auf chinesisch.

Mit Kavita Meelu spricht die Köchin übrigens englisch, auch die Gäste unterhalten sich so. Es sind Chinesen, Finnen, Japaner, Schweizer, die meisten um die 30. Wieviele Deutsche in den Small-Talk-Runden sitzen, ist schwer zu schätzen. 30 Teilnehmer hatten gebucht, 32 kamen. Ein Nachbar lieh die fehlenden Stühle. „Zu jeder Organisation gehört ein bestimmtes Maß an Improvisation“, lächelt Kavita Meelu. Es folgt eine rede, die Gastgeberin nennt Gerichte, erklärt Gewürze, erläutert Gartechniken. Das Besondere in dieser Runde? Sie ist so schön unkonventionell. Und Lees Menü stellt locker das in den Schatten, was Berlins China-Restaurants, selbst die guten, so bieten. Kein Wunder also, dass die Supperclubgesellschaft auch in Berlin wächst und wächst.
Supper-Club-Gastronomie – weder das Fremd- noch das Kulinarische Wörterbuch kennen den Begriff, obwohl der Trend der „geheimen“ Restaurants längst auch Berlin erreicht hat.

Meist jüngere Leute treffen sich, häufig in Wohnungen, um gemeinsam zu essen. An den Herden agieren sowohl passionierte Hobbyköche als auch gestandene Küchenprofis. Werbung – Fehlanzeige. Informationen gibt es nur im Internet, über Facebook oder per Mundpropaganda. Gestandene Gastronomen lächeln jetzt wahrscheinlich: „Nicht unsere Gäste.“ Ganz so sicher sollten sie sich mit ihrer Meinung allerdings nicht sein. Der private Rahmen dieser „Restaurants“ kommt ebenso an wie die vielfältigen Küchenstile – vor allem eben bei der großen Gruppe junger Kreativer, die es in den letzten Jahren in die deutsche Hauptstadt zog.

Sie kommen aus der ganzen Welt, arbeiten als Marketing-Manager, Media-Berater oder Mode-Designer, verdienen gut und suchen eine Form der Gastronomie, die zu ihnen passt – kreativ, kommunikativ und weniger gebügelt und geschniegelt als viele der Sterne- und Haubenrestaurants.

Eine der Berliner Supper-Club-Aktivistinnen ist die 29-jährige Kavita Meelu. Die schwarzhaarige Schönheit wurde als Tochter indischer Eltern in Birmingham geboren, studierte in London Wirtschaftswissenschaften, arbeitete in der Werbung und kam 2008 nach Berlin, eigentlich auf ein halbes Jahr. Dass daraus inzwischen vier wurden, hat viele Gründe. Einer davon ist sicher, dass Kavita Meelu hier ihre Liebe zum Kulinarischen entdeckte. Sie engagierte sich in sogenannten Social Food Projekten, etwa in den Kreuzberger Prinzessinengärten, gehörte zu den Gründern der Internetplattform „Kitchensurfing“ und gilt in Berlin als eine der wichtigsten Strippenzieherinnen der Supper-Club-Community.

„Mother`s Mother“ nannte sie ihr eigenes kulinarisches Projekt – Kochen, wie es die Großmütter taten.
Wir buchten ein „Mother`s Mother Dinner“ und sprachen mit Kavita Meelu über ihr neues kulinarisches Konzept, das sie „Imbiss Anders“ nennt.

 

Aus gewöhnlich gut unterrichteten kulinarischen Kreisen ist von einem neuen Kavita-Meelu-Projekt zu hören. Worum geht es?
Erstens ist es bis jetzt nur eine Idee, und zweitens hatte ich die nicht alleine.

Wer gehört noch zum Team?
Wiebke Wiechell, die nach ihrer Ausbildung am Natural Gourmet Institute in New York City nach Berlin gekommen ist und sich hier um Food-Start-ups kümmert.

Und die Idee?
Wir wollen einen Street Food Markt ins Leben rufen, vielleicht sogar noch ein bisschen mehr als das.

Ganz so neu ist das aber nicht…
Wahrscheinlich denkst Du jetzt an den Smorgasburg Market in Brooklyn oder an das Street Food Festival in San Francisco.

Zum Beispiel, aber auch an Taste of London.
Das Konzept hat aber in Berlin nicht funktioniert. Der falsche Ort, die falsche Zeit und eben am Ende weitgehend nur eine Selbstdarstellung der Berliner Spitzengastronomie.

Was ist bei Eurer Idee anders?
Wir knüpfen an die Berliner Imbiss-Kultur an, deshalb haben wir dem Konzept auch den Titel Imbiss Anders Street Food Market gegeben. Wir wollen einen Ort schaffen, an dem Menschen, die Nahrungsmittel herstellen, ihre Spezialitäten präsentieren können. Ähnlich wie in San Francisco beispielsweise sollen kulinarische Talente und etablierte Köche zusammenkommen, Produzenten von Lebensmitteln sollen auf Konsumenten treffen und das eben in einer entspannten und kommunikativen Atmosphäre.

Viele derjenigen, an die Ihr wahrscheinlich denkt, stehen mit ihren Produkten aber schon auf diversen Berliner Wochenmärkten…
Das muss ja nicht unbedingt so bleiben. Unser Ziel ist es jedenfalls, möglichst jenen zusammenzubringen, die zeigen, was es mit der häufig zitierten kulinarischen Vielfalt Berlins auf sich hat.

Klingt spannend.
Wird es mit Sicherheit auch. Außerdem wollen wir mit Imbiss Anders Street Food auch jungen Unternehmen die Möglichkeit bieten, ihre Produkte zu testen, ins Gespräch zu kommen. Sie bekommen ein Sprungbrett und Schritt für Schritt könnte auch ein Netzwerk kleiner Firmen aus der Gastronomie und der Lebensmittelherstellung entstehen.

Etablierte Branchenvertreter werden möglicherweise milde lächeln…
Das haben sie auch schon gemacht, als wir mit unserer Internet-Plattform Kitchensurfing an den Start gegangen sind. Inzwischen gibt der Erfolg uns recht. Oder nimm mal die Markthalle IX. Wie viele haben geglaubt, dass dieses Projekt nie und nimmer funktionieren könne. Und heute? Jetzt will jeder hin.

Weshalb sollte Berlin nicht auch der Vorreiter der Street-Food-Kultur in Deutschland werden?

Wann soll denn der Imbiss Anders Street Food Markt starten?
Am besten im Mai.

Und wo?
Am liebsten in Kreuzberg oder Neukölln. Wir hoffen natürlich, dass uns die Behörden unterstützen und keine Steine in den Weg legen.

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