Le Bretagne: Wie in Paris!
„Bonjour Messieurs – Dames!“ Charles Rocher begrüßt Stammgäste. Die antworten prompt französisch: „Nous avous faim.“ „Spécialité de la maison?“, fragt lächelnd der Franzose. Es folgt ein vierstimmiges „Qui!“ Minuten später serviert Rocher die Spezialität seines Hauses, „Galette Paysanne“. Das ist ein mehr als tellergroßer Buchweizenpfannkuchen mit französischem Emmentaler, der etwas weniger würzig ist als das Schweizer Original, Bayonner Schinken und einem Spiegelei. Die Teile, die über den Tellerrand ragen würden, sind kunstfertig nach oben geklappt, so dass ein Quadrat entsteht und nur noch der Eidotter und ein Zipfel des edlen südfranzösischen Schinkens hervorblinzeln. Dazu schenkt er Cidre ein, einen vergorenen Apfelsaft, leicht alkoholisch und erfrischend säuerlich. Eine weitere Spezialität des Hauses.
Das befindet sich unter dem Dach der Marheineke-Markthalle in Kreuzberg, ein Stand von rund 25 Quadratmetern, Café, Crossanterie, Crèperie, Käse-, Wurst und Feinkostverkauf. Charles Rocher ist der einzige Franzose in der Halle, der einzige Ausländer allerdings nicht. Seine Nachbarn sind Griechen, Italiener, Spanier, Türken, die meisten bieten Delikatessen ihrer Heimatländer an. Kulinarisches Multikulti und längst ein Maheineke-Markenzeichen.
Galette und Cidre übrigens kennzeichnen auch die unmittelbare Heimat von Charles Rocher. „Ich bin ein halber Bretonne und ein halber Normande“, sagt der 44-Jährige, der vor 15 Jahren nach Deutschland kam, zuerst nach Göttingen, und seit 2003 in Berlin lebt. In der Schöneberger Akazienstraße betrieb Rocher das Restaurant Gourmandise – Untertitel „Cuisine bretonne“. Als er sich mit dem Vermieter nicht mehr über die Höhe der monatlichen Zahlung einigen konnte, zog er in die Marheinekehalle. Glück im Unglück. „Die Internationalität der Markthalle, die Lust der Gäste, kulinarisch Neues zu entdecken, das Abwechslungsreiche, Bunte, Lebendige hier macht das Geschäft leichter als im gutbürgerlichen Schöneberg“, erklärt er in perfektem Deutsch. Dessen charmanter französischer Zungenschlag wirkt genauso authentisch wie das englische Deutsch von Cynthia Barcomi, die gleich gegenüber ihre Bäckerei betreibt und manchmal bei Charles Rocher vorbeischaut, womöglich um seinen Kaffee zu testen, der als einer der besten der Gegend gilt.
Dazu bieten Charles Rocher und seine Mitarbeiter Ludovig und Alain, beide Franzosen, und Janine aus Berlin Croissants, Mimis, Pains und anderes Gebäck und natürlich die Galettes, die berühmten französischen Buchweizenpfannkuchen, mit neun verschiedenen Belägen an – mit Käse, Merguez, geräuchertem Speck, Spinat usw.
„Wie in Paris!“, diesen Spruch hört das kleine Team hintern Tresen häufig. Wahrscheinlich ist es mehr. Platz nehmen, einen Café exprés bestellen oder einen Café au lait, dazu ein Broichette au beurre, vielleicht auch ein Croissant aux abricots, ein kurzer Plausch oder auch nur ein paar Minuten Stille – das Le Bretagne in der Kreuzberger Marheinekehalle bietet die perfekte Gegenwelt zur Coffee-tol-go-Gesellschaft, deren Aufgeregtheit ebenso ansteckend ist wie Rochers Gelassenheit.
„Bitte, schreibe doch noch über unsere Èpicerie“, bittet Charles Rocher zum Abschied. Wir begutachten die Waren in seiner Feinkosttheke: Beurre Salé, Butter mit Meersalz, liegt neben Rillette d’oie dem berühmten französischen Gänsemett. Jambon de Paris, leicht gesalzener Pariser Kochschinken, neben 25 Käsesorten aus allen französischen Regionen. Cidre, Wein, Champagner.
Nicht schlecht, Monsieur Gallette- Cela me plait. Au revoir.
Le Bretagne
Marheinekeplatz 15
10961 Berlin-Kreuzberg
Tel. 030 21463394
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