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Das weiße Röss´l feiert 75. Geburtstag

26.520

Vor 19 Jahren habe ich schon einmal über das Wirtshaus Weißes Röss´l in Lichterfelde geschrieben – 1994, das war die Zeit des gastronomischen Aufbruchs in Berlin. Spitzenköche aus dem Westen Deutschlands und aus Österreich kamen in die Stadt, junge Leute begannen, neue Konzepte auszuprobieren. Die Currywurst-Metropole, in der gute Küche – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur in den großen Hotels stattfand, begann, sich auch kulinarisch zu wandeln.

Damals gab ich solchen Lokalen wie dem Weißen Röss´l kaum noch eine Chance. „Die Tage des gutbürgerlichen Gasthauses mit seinen gebackenem Camemberts, scheinen gezählt“, schrieb ich damals. Journalisten dürfen sich irren. Das Weiße Röss´l gibt es immer noch und lebendiger denn je.

Der Beweis: eine Einladung zum 75. Geburtstag Mitte August 2013. Der Himmel über Lichterfelde strahlt an diesem Herbstsamstag weiß-blau, das Haus an der Ecke Heinersdorfer/Hildburghauser Straße trägt die gleichen Farben, die Servicemädels kommen im feschen Dirndl, nur mit dem Dialekt hapert es. Doch das ist für die meisten Gäste Nebensache.

„Mei“, sagt ein älterer Herr nach einem tiefen Blick in eins der Dekolletés, „ do bleib i.“ Er heißt Kurt-Jürgen, ist ein waschechter Bayer, für eine Woche zu Gast in der Hauptstadt und lobt das Weiße Röss´l über den grünen Klee. So ein Gasthaus würde auch in München brummen. Na bitte.

„Nur der Röss´l Gründer war Bayer“, erzählt Andreas Fritz einer Schar von Profifotografen, die sich jedoch mehr für drei Stretch-Limousinen und deren Insassen interessiert. Dialog zweier Berliner: „Wer sinn´n die Vöjel?“ „Weeß ick nich, aber die eene war schon mal in´n Dschungel, det ha´ick jesehn.“ „Hätt´se noch blei´m könn´.“

Soviel also zum agenturorganisierten Geburtstagsauftrieb hauptstädtischer C-Prominenz und damit zurück zu Andreas Fritz. Der pensionierte Kriminaloberkommissar führt gemeinsam mit seiner Frau Diana, einer gelernten Gastronomin, seit 2008 das urige Gasthaus. „Seit der Gründung 1938 sind wir erst die vierten Besitzer“, erklärt er. Die Einrichtung, eine bunte Sammlung bajuwarischer Gebrauchsgegenstände, ist ebenso original wie die vielen Bilder und Jagdtrophäen.

„Putzen ist hier Schwerstarbeit“, sagt Diana Fritz und bittet mich, doch unbedingt die Schweinshaxn zu fotografieren. „Dafür sind wir berühmt.“ Ich tat´s, probierte aber dennoch lieber den Hofbräuteller mit verschiedenen Würsten, Leberkäse, Kraut und Semmelknödel. Nicht schlecht, Herr Sprecht.

Weißes Röss’l

Heinersdorfer Str. 15
12209 Berlin-Lichterfelde
www.weissesroessl-berlin.de

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