Sanitäre Bäderarchäologie
„Museum des Tages“ überschrieb die B.Z. am 29.Mai eine Nachricht über die Eröffnung des ersten Schwarzwälder Schinkenmuseums im historischen Aussichtsturm auf dem Feldberg. Ohne Zweifel ein erwähnenswerter Ort, aber eben auch gut 800 Kilometer entfernt. Deshalb vergeben wir den Titel an ein ebenfalls am letzten Maisamstag eröffnetes Berliner Museum. Sein Initiator Peter Schwarzwälder gab ihm den Namen „Galerie für sanitäre Archäologie“.
Der 57-Jährige, der nach einigen Semestern Geschichte und Politologie an der Freien Universität eine Lehre als Gas- und Wasserinstallateur und die Meisterprüfung absolvierte, führt heute gemeinsam mit seinem Bruder Fritz in dritter Generation einen mittelständischen Familienbetrieb. Zu den Leistungen, die die Kurt Schwarzwälder GmbH anbietet, gehört auch die „Erarbeitung und Realisierung moderner individueller Badkonzepte“.
Schwarzwälder verdient also sein Geld mit der Errichtung privater Wellness-Oasen, wie das neudeutsch heißt. Einen Teil davon gibt er wieder dafür aus, deren Vorläufer aufzustöbern, aufzukaufen und aufzumotzen und nun in einem kleinen Museum auszustellen. Die etwas andere Geldanlage oder unstillbare Sammelleidenschaft? Der Meister winkt ab: „Es ist die Sorge um die vielen kleinen und manchmal auch größeren Dinge der Alltagskultur, die immer mehr verschwinden und um die sich sonst kaum ein Museum kümmert.“
Wie recht hat der Meister. Um eine Porzellanvase von Émile Galle oder ein Schmuckstück von Rene´ Lalique muss sich keiner sorgen, aber um einen gusseisernen Ausguss, einen kupfernen Badeofen oder einen Wasserspender? Falls es solche Art antiquierter Badezimmerausstattung heute überhaupt noch gibt, fällt sie unweigerlich der nächsten Sanierung zum Opfer – Abbau und Entsorgung. „Das war auch schon früher so“, erinnert sich Schwarzwälder.
Ausstattungen, die sein Großvater 1913, im Gründungsjahr des Handwerksbetriebes, in die damals noch seltenen Badezimmer eingebaut hat, sind heute so rar und häufig auch genau so teuer wie automobile Oldtimer. „Aber bitte fragen sie nicht, welches Stück in meiner Sammlung das älteste und welches das teuerste ist“, nimmt der Museumsgründer vorweg, was sicher viele der Eröffnungsgäste auf den Lippen hatten. Da steht eine originale Nürnberger Waschkiste; dort eine sechs Zentner schwere Keramik-Badewanne von Villeroy&Boch, rund 100 Jahre alt.
Vielbestaunt auch ein ausklappbarer Waschtisch aus Holz und Messing, wahrscheinlich aus einem deutschen Luftschiff. Ein Badetuch verspricht „Kühle Flut gibt frohen Mut“ und ein zwar nicht konzeptkonformer, dafür aber seltener Elektrolux-Gaskühlschrank – Gewicht rund eine Tonne – zeigt wie schwer es früher war, Lebensmittel zu kühlen. „Und deshalb sammelwürdig“, kommentiert Peter Schwarzwälder. Geöffnet hat seine „Galerie der sanitären Archäologie“ bisher erstmal auf Anfrage.
Kurt Schwarzwälder GmbH
Kaiser-Friedrich-Straße 35
10627 Berlin-Charlottenburg
Tel. 030 – 344 60 61
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