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Sornziger Gartenspaziergang: Die Mispel

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Der Frankenkaiser Karl der Große (742-814) gilt nicht nur als großer Krieger und, wie der Schriftsteller Friedrich Schlegel es einst formulierte, als „Baumeister des Abendlandes“, sondern auch als ein Herrscher mit wirtschaftlicher Weitsicht. In seiner „Verordnung über die Höfe im fränkischen Reich“ – „Capitulare de villis vel curtis imperii“ – die kurz vor 800 entstand, forderte er beispielsweise, auf den Gütern die Äcker gut zu bebauen, Weinberge anzulegen, Obstbäume zu pflanzen und alles so zu tun, dass es „gut und untadelig sei“.

In der langen Liste der empfohlenen Pflanzen findet sich auch die Mispel, die schon lange vor Karl aus dem Kaukasus in das Gebiet des heutigen Westeuropas gelangt war und als Fruchtgehölz damals weit verbreitet war und allgemein geschätzt wurde. Die Früchte des Rosengewächses (Mespilus germanica) sind, je nach Sorte, von apfel- bis birnenförmiger Gestalt, allerdings viel kleiner als die der beiden heute weit bekannteren Obstarten. Sornziger Wilde

Sie sind geeignet, um daraus Gelees und Marmeladen zu kochen, Liköre und Säfte herzustellen oder sie zur Geschmacksverfeinerungen und Haltbarkeitserhöhung Obstweinen zuzusetzen. In der Rezeptsammlung von Auguste Wilhelmine Friedérique Charlotte Fontane aus dem Jahr 1795 etwa findet sich ein „Compot von Mispeln“, wofür die Früchte in Butter gedünstet, mit Rotwein abgelöscht, eingekocht und mit Zucker serviert werden. Diese Zubereitungsart muss wohl auch dem Großgourmet Alexandre Dumas gefallen haben, denn es fand gnädige Aufnahme in dessen „Grand Dictionnaire de Cuisine“.
Und auch in Marie Dorningers Bürgerlichem Wiener Kochbuch, erschienen 1909, gibt es noch eine Anleitung, wie Mispeln verarbeitet werden können. Danach – Mispeln? Fehlanzeige, obwohl die Früchte neben Zucker, Stärke und Mineralstoffen auch viel Vitamin C enthalten – doppelt soviel übrigens wie Äpfel und angenehm säuerlich-aromatisch schmecken.

Möglicherweise liegt es am Aufwand, der mit den kleinen Früchten getrieben werden muss, bevor sie auf dem Teller landen. Schade ist es allemal, zumal Sorten wie die Frühe Englische, Holländische Großfruchtige oder Ungarische schon eine kulinarische Offenbarung sind.
04769 Mügeln
OT Neusornzig

www.sornziger-wilde.de

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