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Die Pastamanufaktur d´abruzzo

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„Aperto“ verkündet ein Schild an der Tür. Geöffnet. Und über dem Laden heißt es „Pasta d´ abruzzo“. Nudeln aus den Abruzzen. Natürlich sind die Inhaber Italiener, also zumindest der männliche Teil des Paares hat seine Wurzeln auf der Sonnenseite der Alpen. Er trägt den klangvollen Namen Cosimo Di Cioccio, seine Wiege stand allerdings in Berlin, ebenso wie die seiner Frau Katja, deren Vorfahren jedoch schon aus der Hauptstadt stammten. „Mein Mann ist gebürtiger Berliner, ich bin waschechte Berlinerin“, sagt die 36-Jährige. So ist das eben mit den feinen Unterschieden.

Während wir noch darüber nachdenken, wer eigentlich ungescholten von sich behaupten darf „Ich bin ein Berliner“, betritt Adolfo Di Cioccio die Manufaktur, Vater und Schwiegervater von Cosimo und Katja. Er ist 70, sieht aus wie andere mit 55, kam 1962 aus dem Abruzzenstätchen Pratola Peligna, von dem später noch die Rede sein wird, nach Deutschland und arbeitete hier bis zu seiner Pensionierung in der Automobilbranche. In der Manufaktur ist er nicht nur ein gern gesehener guter Geist, sondern mit seinem immensen Wissen um Pasta und Salsa auch ein unbestechlicher Controllore.
„Was hielten Sie eigentlich von der Idee, hier in Moabit eine Pastamanufaktur zu eröffnen, Adolfo?“ – „Ich habe den Kindern nur zugeraten.“ – „Weshalb?“ – „Weil die Cucina italiana im Gegensatz zu meiner Zeit inzwischen aus Berlin nicht mehr wegzudenken ist.“

Mit „seiner Zeit“ meint Adolfo Di Cioccio die 1960er und 1970er Jahre. Tatsächlich begann da erst der unaufhaltsame Siegeszug einer Küche, die heute allgegenwärtig ist und global imitiert wird. Davor – niente, nulla. Ein Beweis dafür ist Henriette Davidis „ Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“, das 1845 erstmalig erschien, im Bielefelder Verlag Velhagen & Klasing bis 1942 sagenhafte 59 Auflagen erlebte und heute noch nachgedruckt wird.

Die Suche nach Pasta-Rezepten in der erste Ausgabe, herausgegeben immerhin zu einer Zeit, in der Italien mächtig in Mode war, ist erfolglos – bis auf die weich gekochten und mit kaltem Wasser abgeschreckten „Macroni mit Parmisankäse“, die in späteren Ausgaben zu „Röhrnudeln mit Parmesankäse“ wurden – ansonsten Fehlanzeige. Und selbst, als Adolfo Di Cioccio nach Berlin kam, galten hierzulande Miracoli mit einer Art Tomatensauce und einem Käse namens Parmesello noch als der Gipfel kulinarischer italianitá.

Vergangen, fast vergessen, vorüber. Cosimo und Katja Di Cioccio trafen mit der Gründung ihrer Pastamanufaktur im Herbst 2011 den Nerv eines Bedarfs, dessen Tendenz stetig steigt. Das hatten die beiden gut erkannt, sich aber dennoch nicht Hals über Kopf in das Abenteuer Selbstständigkeit gestürzt. Kein Wunder, Cosimo Di Cioccio studierte Wirtschaftsingenieurwesen und seine Frau Wirtschaftswissenschaften, um die Risiken des „eigenen Herdes“ wussten sie also bestens, wenn auch nur theoretisch.

Also zogen sie erst einmal dorthin, wo die Di Cioccios herkommen – in die Abruzzen, das Epizentrum der italienischen Pastaherstellung. Hier haben weltberühmte Firmen ihren Sitz: Fratelli De Cecco, gegründet 1886, auf die vor allem Gastronomen schwören; Delverde, 1967 eröffnet und seitdem zu einer Nobelmarke aufgestiegen und Pastificio cav. Cocco, kleiner und feiner und dreimal so teuer wie die Konkurrenz. Bei Signora Camilla in Pratola Peligna lernten Cosimo und Katja alles, was man übers Pastamachen wissen muss.

Die Nudel-Rezepturen brachten sie mit nach Berlin, die für ihre über 100 Saucen stammen von Cosimos Großvater. So gewappnet starteten sie in ihre eigene Pastawelt und haben es „noch nicht einen Tag bereut.“ Es gibt bei Pasta d´abruzzo verschiedene Arten Bandnudeln, handgefertigte Gnocchi, Lasagne und Ravioli mit saisonalen Füllungen – von Oktober bis Dezember Ricotta und Kürbis, danach Ricotta und Maronen sowie Ricotta, Spinat und Walnuss. Nach dem Geheimnis guter Pasta befragt, sagt Cosimo Di Cioccio: „ Erstklassiges Getreide, erstklassiges Wasser, nicht zu weich, nicht zu mineralisch und viel, viel Geduld.“

Und wie kocht man nun gute Pasta richtig?
Die beiden Moabiter Pastifici zeigen statt einer Antwort auf Adolfo Di Coccio und der verkündet im Brustton der Überzeugung: „Sieben Liter Wasser für ein Kilogramm Pasta!“ Bleibt die Frage: Wer hat schon einen so großen Topf?

www.pastadabruzzo.de

Katja Di Cioccio
Alt-Moabit 78
10555 Berlin

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