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Kindergeburtstag Herz & Niere

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Der letzte Sonntag im Mai, eitel Sonnenschein und großer Bahnhof in der Kreuzberger Fichtestraße: Das Herz & Niere feiert einjähriges Bestehen. Freunde, Nachbarn, Stammgäste und Wegbegleiter sind gekommen, um zu gratulieren; Kollegen, um gemeinsam mit dem Herz & Niere-Team zu kochen: Lucie Babinska, Matthias Gleiß, Tobias Gunter, Thomas Kammeier, Paul Kundel, Kai Michels, Marco Müller. Bemerkenswert und in der Berliner Gastronomie nicht eben alltäglich: Keiner von denen, die das Restaurant Ende Mai 2015 eröffneten, hat es im Verlauf des ersten Jahres, des wahrscheinlich schwierigsten nach einer Lokalgründung, verlassen.

Inhaber Michael Köhle und die charmante Österreicherin Viktoria Kniely stemmen unaufgeregt den Service; Küchenchef Christoph Häuser, Sous Chef Jan Körner und Casserolier Marshall Balondo bewältigen ziemlich ehrgeizig, aber ohne sichtbare Stress-Spuren, allabendlich ein anspruchsvolles kulinarisches Programm – O.K. , sonntags und montags sind die Herz- und Nierefunktionen außer Kraft. Der Gault Millau nannte es „eine interessante Neueröffnung im Zeichen der neuen kulinarischen Bescheidenheit“ und spendierte 13 Punkte. Ich hätte mindestens einen draufgelegt – zum einen, weil die Innereienküche, aber auch die übrigen Gerichte in sich absolut stimmig sind und ohne die brachiale Kreativität junger Wilder auskommen, zum anderen, weil im Herz & Niere so vieles wirklich hausgemacht ist und damit eine Lust am Genuss dieses Teams ausstrahlt, eine Lebensfreude an Lebensmitteln wie man sie nicht überall findet. In diesem Zusammenhang fällt mir eine handschriftliche Aufstellung ein, die mir Küchenchef Hauser vor einiger Zeit zeigte.

Sprechen wir also über den Sinn der Sammelei und dessen, was darauf folgt. „Es macht Spaß, aber es ist keiner“, sagt Michael Köhle. Hinter dem Ganzen steckt Kalkül, der Bruch mit Gourmetattitüden und möglicherweise auch ein neues Berufsverständnis. Köhle, Hauser und Co. gehören zu jener Gruppe junger Gastronomen, denen Felsenbirnen, Kornelkirschen und Maulbeeren keine kulinarischen Rätsel aufgeben und die den Guten Heinrich nicht für einen netten Nachbarn halten. Sie kennen sich aus in der Welt alter Gemüsesorten und beherrschen archaische Konservierungstechniken. Das haben sie nicht in der Berufsschule gelernt, sondern sich selbst beigebracht – „Neugier ist Köchepflicht“, sagt Christoph Hauser – immer auf der Suche nach neuen, ursprünglichen Geschmacksbildern, nach dem feinen Unterschied.

Sie machen im Herz & Niere Löwenzahnhonig, gekocht aus den Blüten der Pflanze, Zucker und Zitronensaft, Apfelessig, der in einem ausgehöhlten Baumstamm reift, Bärlauchbutter und Berberitzenreis. Es gibt auch Liköransätze, von denen eine Hopfendolden-Gin-Kreation himmlische Gefühle erzeugt und Essiggurken zum Niederknien. Aus 200 Kilogramm Quitten hat die Mannschaft Most gepresst, mit den Kerngehäusen Likör angesetzt, aus dem saftfreien Fruchtfleisch Brot gebacken und außerdem ist bald ein Essig fertig vergoren. „From noise to tail hört in unserer Küche nicht bei den Tieren auf“, sagt Michael Köhle. Nicht alles gelingt sofort, aber in dem Maße, wie ihr Verständnis für die Natur wächst, werden auch die geschmacklichen Resultate ihrer Hausmacherei immer besser. Erst was die täglichen Tests des Teams ohne Einschränkung besteht, wird dem Gast angeboten. „Wir freuen uns darüber, wie viele sich von bekannten Geschmacksmustern verabschieden, offen für Neues riechen und schmecken.“

www.herzundniere.berlin

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