Graubünden – Naturlufttrocknerei Brügger
Bündner Fleischspezialitäten
„Bündnerfleisch aus einheimischem Rindfleisch gilt als rare Delikatesse.“ Der Satz stammt aus der 2014 erschienenen „Enzyklopädie der alpinen Delikatessen“ (Dominik Flammer/Sylvan Müller, AT Verlag Arau und München) und er macht uns stutzig.
Woraus sonst soll Bündnerfleisch gemacht werden?
Jörg Brügger, ein ebenso kompetenter wie eloquenter Gesprächspartner, wenn es um die wahrscheinlich weltweit bekannteste Spezialität Graubündens geht, klärt auf: „Das meiste Fleisch dafür wird aus Übersee importiert – hauptsächlich aus Argentinien und Brasilien – und in Graubünden verarbeitet.“ Eine Aussage, die ebenso Ernüchterung erzeugt wie Brüggers Hinweis darauf, dass die Trocknung des Großteils dieses Fleisches längst ein von Computern gesteuerter Prozess ist, der in riesigen, hermetisch abgeschlossenen, klimatisierten Hallen stattfindet, große Mengen Bündnerfleisch in kurzer Zeit erzeugt und dementsprechend gewinnbringend ist.
Dennoch hält Brügger an seiner archaischen Form der Naturtrocknerei fest. „Weil ich dieses Handwerk liebe, weil solche lokalen Terroirprodukte, wie wir sie erzeugen, durchaus wieder gefragt sind und weil Tradition verpflichtet.“ Der 53-Jährige zeigt zwei abgegriffene Fotografien. Engelhard Brügger, sein Urgroßvater, begründete 1892 hier im Churwaldnertal, in Parpan, die professionelle Fleischtrocknerei. „So wie er arbeiten wir noch heute“, sagt Brügger, der ausschließlich Rindfleisch einheimischer Provenienz verwendet – „weil es mehr Aroma hat als die Importware, Oberschale, Unterschale, Nuss und Falsches Filet.“
Das Fleisch wird, nachdem Fett und Sehnen sorgfältig entfernt wurden, mit Salz, Salpeter und verschiedenen Bio-Gewürzen in großen Behältern eingelegt, eine komplette Oberschale beispielsweise 22 bis 25 Tage. Nach dem Antrocknen wird gepresst – Brügger benutzt dafür eine museale Spindelpresse und erklärt: „Das mehrfache Pressen bewirkt eine gleichmäßige Verteilung der im Fleisch vorhandenen Flüssigkeit und verleiht dem Bündnerfleisch außerdem seine charakteristische Form.“
In den folgenden rund 10 bis 20 Wochen Trocknungszeit muss er jedes Fleischstück etwa sechzig- bis siebzigmal in die Hand nehmen, kontrollieren und bearbeiten – ein arbeitsaufwändiger Prozess, den Brügger „körperlich gnadenlos“ nennt. „Den Rest erledigt die reine, ozonreiche Luft hier im Tal“, erklärt Jörg Brügger dann noch. „Das Bündnerfleisch braucht die Temperaturschwankungen und die Windströmungen, und es braucht die Bündner Bergwälder, die die frische Bergluft spenden.“
Übrigens: Der Gewichtsverlust während der Trocknung beträgt rund 50 Prozent.
Naturlufttrocknerei Brügger
Hauptstraße 6
CH-7076 Parpan
Tel. +41 (0)81 382 11 36
www.bruegger-parpan.ch