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Mein Lieblingsrestaurant im Kiez – Plonskys Weinrausch

6.012

Uwe Ahrens (Foto oben links) gehört seit sieben Jahren zum Team der Garcon-Autoren. Der gebürtige Niedersachse, 64, kam 1973 aus Wolfsburg nach Berlin: Technische Universität, Fachrichtung Luft- und Raumfahrttechnik. Während dieser Zeit zählte „Bei Herta“ zu seinen Stammkneipen. Später, der Diplom-Ingenieur war inzwischen unternehmerisch tätig und international unterwegs, gericht das Lokal der Studentenzeit aus seinem Blickwinkel. Vor einiger Zeit entdeckte er es wieder. „Plonskys Weinrausch“, so heißt es heute, avancierte seitdem zu einem seiner Berliner Lieblingsrestaurants. „Ein Gasthaus, das seinem Namen treu ist“, so Uwe Ahrens.

Selbst wenn das Bier die Riege der alkoholischen Konsumartikel anführt, so besitzt der Wein meiner Meinung nach immer noch das bessere Image. Er ist Bestandteil unserer Kultur und Lebensart. Weinbars gehören deshalb nicht nur in Berlin zum Stadtbild. Sie bereichern die Gastro-Szene und sind Mittler zwischen uns Winzern, unseren Weinen und ihren Liebhabern.

Uwe Lützkendorf, Winzer, Naumburg/Saale

Ein paar Adressen sollte jeder Stadtmensch stets griffbereit haben: die eines menschenfreundlichen Zahnarztes, die eines Spätis, in dem es auch Semmelmehl und Sojasauce gibt und die einer schnösellosen Einkehrstätte in der Nachbarschaft. Für Letzteres: Plonskys Weinrausch, Charlottenburg, Schlüter-/Ecke Goethestraße. Eine eher ruhige Ecke im Großstadtgetriebe, es sei denn, einer der hormongestörten Verkehrsrowdies, die normalerweise den Ku’damm unsicher machen, will mal eine Seitenstraße mit der Lautstärke seines flachen Autos beglücken. Ein schmuckloses Haus, im Erdgeschoss leuchtet es rot. Plonskys Weinrausch.

Das Ambiente ist eher nüchtern, schlicht und funktionell, schließlich war’s zuvor eine Kneipe und wurde danach nicht groß umgebaut. Trotzdem, eine sympathische Atmosphäre. Das liegt natürlich zuerst an Michael Plonsky, den nicht nur seine Stammgäste Micha nennen. Der 52-jährige Berliner hat mal Tischler gelernt, Koch wurde er später. Das hatte mit der Berufslenkung in der DDR zu tun, die vor die fachliche Eignung die politische Gesinnung stellte.

Und einer wie Plonsky, der sich weigerte, in die Gesellschaft für Sport und Technik zu gehen, mit Uniform und Kleinkalibergewehr und so, der durfte eben nicht Koch werden. Also, erstmal Tischler. Dann gab es doch noch eine Lehrstelle für den Wunschberuf – im „Ganymed“ am Schiffbauerdamm. Nach dem Fall der Mauer heuerte Plonsky im Wilmersdorfer „San Giorgio“ an, später zog es ihn an die Ostsee. Nach mehreren Stationen auf der Insel Usedom und dem Abschluss als Küchenmeister machte er sich in Bansin selbstständig. Im Herbst 2002 übernahm er das Restaurant im Hotel Admiral, direkt am Bansiner Steilufer. Medaillon vom Seeteufel, Roulade vom Flussbarsch, Terrine vom Wildhasen – Michael Plonsky überzeugte seine Gäste ebenso wie die gottgleichen Tester.

„Gang für Gang schmeckt man das Bemühen des sympathischen Küchenchefs, sich mit einem anspruchsvollen Angebot deutlich von den meisten Mitbewerbern abzusetzen“, urteilte der Gault & Millau und stiftete eine Kochmütze sowie 13 Punkte. Und was kocht so ein Mann heute? Plonsky hat seine kulinarischen Ambitionen zwar nicht ad acta gelegt, aber eine Bar ist in den meisten Fällen auch deshalb eine Bar, weil sie bar küchentechnischer Möglichkeiten für große Menüs ist. Im Falle Weinrausch heißt das: Plonsky serviert entweder hausgemachten Kartoffelsalat mit ebensolchen Bouletten oder Flammkuchen in drei Varianten. Haute Hausmannskost, die die Leute glücklich macht.

Das allein wäre aber wohl ein wenig frugal und so gibt’s natürlich immer einen Teller mit italienischem Käse, österreichischem Speck, spanischem Schinken und anderen Kleinigkeiten. Bei der Hauptsache in seiner Bar, dem Wein, bleibt Michael Plonsky allerdings deutsch – nicht ausschließlich, aber doch vorwiegend. Dabei leistet er sich den Luxus, in der Stadt der großen Namen mit Winzern zu kommen, die noch nicht in aller Munde sind: Fritz Funke, Clemens Honrath, Julia Schittler, Wilfried Becker und Uwe Lützkendorf etwa.

Und er leistet sich noch einen zweiten Luxus. Michael Plonsky macht aus einem weinseligen Abend kein Proseminar in Sensorik. Er empfiehlt, die Gäste probieren, nicken oder schütteln den Kopf und gut ist’s. Man kann Weine auch zerreden, hat er mir mal gesagt. Ein Satz, den ich mir gemerkt habe und den ich gelegentlich zitiere, wenn mir beim Wein-Thema die Süffisanz mancher Zeitgenossen auf die Nerven geht.

Übrigens: Es gibt im Weinrausch regelmäßige Winzerbesuche, und Michael Plonsky akzeptiert beim flaschen- oder kistenweisen Kauf eines Lieblingsgewächses – zwar mit einigem Knurren – die gängigen Kreditkarten. Nicht nur, aber auch deshalb, ist Plonskys Weinrausch mein Lieblingsrestaurant in meinem Kiez.

Plonskys Weinrausch

Schlüterstraße 75
10625 Berlin-Charlottenburg
Tel. 030 – 98 35 15 13
www.weinrausch-berlin.de

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