Venedig besuchen – am besten zur Architektur-Biennale 2018 November
Ein Reisebericht von Rose Marie Donhauser
Die Lagunenstadt ist unbestritten ein Sehnsuchtsort, den jeder einmal im Leben gesehen haben möchte. Für manche wurde es allerdings ein Alptraum, in der touristischen Hochzeit im Sommer, durchgeschoben vom Markusplatz auf dem „Trampelpfad“ zum Piazza Roma sich wiederzufinden. Wer Venedig kennenlernen will, sollte im Spätherbst oder im Winter dorthin reisen und sich abseits von touristischen Pfaden treiben lassen.
Eine dicke Jacke anziehen und sich an den Schönheiten der Auto- und Fahrradfreien Stadt zu erfreuen. In der ruhigeren touristischen Jahreszeit sind die Hotels günstig und ermöglichen einen längeren Aufenthalt mittendrin, sogar direkt um die Ecke vom Markusplatz. Ob man dort einen 7,50 Euro teuren Espresso trinkt und für die Pizza 18 Euro bezahlt, ist individuell zu entscheiden. Ein paar Brücken weiter schmeckt beides besser und kostet ein Vielfaches weniger.
Venedig unter Wasser
Am ersten Morgen, bei strahlendem Sonnenschein, bleibe ich sprachlos auf der Brücke stehen. Der Markusplatz steht gut 0,3 Meter unter Wasser. Ein Venezianer verkauft mir etwas in der Art wie Gummistiefel und erzählt, dass das Hochwasser mit der Flut der Adria kommt und mit der einsetzenden Ebbe wieder verschwindet. Er spricht vom alljährlich im Winter kommenden hohen Wasser, dem „Acqua alta“.
Ich wate langsam durch das Wasser und bin ebenso erstaunt, dass am späten Mittag der ganze Platz wieder trocken ist. Die Laufstege, die ich ursprünglich für Models wähnte, stehen für die wiederkehrenden Überflutungen vor dem Dogenpalast bereit – und – es gibt sogar einen venezianischen Jahreskalender mit den Eintragungen für Ebbe und Flut zu kaufen. Dieser gibt Tipps für Reisen nach Venedig in der Form, den Reisezeitraum nach dem Mondkalender zu wählen – die beste trockene Zeit wäre bei Halbmond und bei Vollmond gibt es Wasser.
Die letzten Tage der Biennale
Alle zwei Jahre findet die Kunst-Biennale von Ende Mai bis Ende November statt, im Wechsel mit der in 2018 stattfindenden Architektur-Biennale. Überdimensionale Hände von dem Künstler Lorenzo Quinn greifen an das Hotel Ca´Sagredo und sollen laut seiner Aussage das Bewusstsein für den Klimawandel schaffen. Ausgewählte Palazzi öffnen ihre Pforten mit temporären Ausstellungen, in den Giardini und im Arsenal präsentiert sich die moderne Kunstwelt. Dieses Jahr war ein 27-prozentiger Zuwachs von Besuchern zu verzeichnen, allerdings war überall eine entspannte Atmosphäre zu spüren, die sicherlich der Jahreszeit sowie den letzten Öffnungstagen zuzuschreiben war.
Kunst macht hungrig und neben der Rialtobrücke bietet der Mercato di Rialto u.a. Radicchio aus Treviso und feinste Artischocken, eben Produkte aus der Region, die hier vor Ort noch besser schmecken. Der Spaziergang geht weiter, in Richtung ältestes Ghetto der Welt, einfach in den vielen Gassen eine Osteria oder Trattoria suchen – und wie auf dem Foto Bacalao (Stockfisch) und venezianische Leckerbissen probieren.
La Fenice und Harry´s
Das geschichtsträchtige Opernhaus La Fenice bietet individuelle Audio-Guide-Touren für 10 Euro an. Da keine Opernveranstaltung stattfand, war dies die perfekte Möglichkeit einer Probe zum Maskenball von Giuseppe Verdi, beizuwohnen. Noch dazu mit dem besten Platz in der Königsloge und mit der Sangeskunst von Starsopranistin Kristin Lewis als Amelia.
Unweit davon ist die legendäre Harry´s Bar und Berühmtheiten wie Truman Capote, Ernest Hemingway und Orson Welles machten sie ebenfalls berühmt. Giuseppe Cipriani eröffnete die Bar 1931 mit Harry Pickering, dem Namens- und Geldgeber. Der Barklassiker Bellini, ein Drink aus frischem weißem Pfirsichmark und Champagner wurde hier von ihm erfunden, genauso wie das Carpaccio.
In der Speisenkarte steht dieses Gericht unter „our timeless dishes“ und wird als Hauptgang für 58 Euro angeboten – oder wie ich es im Mittagsmenü als Vorspeise für 61 Euro probiere, zusammen mit dem Aperitif Bellini Frizzante, Tagliolini mit Schinken und Käse im Hauptgang sowie einem hausgemachten Zitronensorbet. Das Original Carpaccio besteht aus kalter Rinderlende und nicht wie weltweit nachgeahmt aus Rinderfilet. Überzogen wird es schlicht und gitterartig mit einer Universalsauce auf Mayonnaisenbasis. Beide Kreationen sind nach den venezianischen Malern Vittore Carpaccio und Giovanni Bellini benannt.
Um das romantische Klischee vollends in Venedig zu erfüllen, darf eine Gondelfahrt nicht fehlen. Diese hat einen Festpreis von 80 Euro für 30 Minuten, ob man die Gondel alleine oder bis zu 6 Personen besetzt. Die (Liebes)Gondeln fahren abends durch die Kanäle, kosten 100 Euro und der Gondoliere singt dazu.
Flugverbindung Berlin-Treviso mit direktem 40minütigem Bustransfer nach Venedig zur Vaporetto-Anlegestelle.