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Das Juwel im Hotel bei Schumann

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Unser Besuch im Sternerestaurant Juwel in Kirschau

Ein Juwel ist in jedem Fall etwas Wertvolles, etwas, das besonders geschätzt wird. Wer sich die Herkunft des Wortes genauer ansieht, landet dann noch beim lateinischen „iocus“, Spaß. Beides passt zu diesem Restaurant im Hotel Bei Schumann. Weshalb dieser lange verbale Landeanflug? Weil es nicht ganz so einfach ist, sich dem Juwel mit Worten zu nähern. Spitzenrestaurant klingt zu statisch, Gourmetlokal zu steif. Ort der Sinnesfreuden? Zu frivol. Obwohl es stimmt.

Das Juwel gewährt vielfältigen Genuss, auch den des Zusammenseins, und fordert keine Etikette.
Das hat natürlich viel mit denen zu tun, die hier tätig sind, also mit Philipp Liebisch, Jana Metting und ihren Teams in Küche und Service. Liebisch und Metting, beide Ende 30, sind seit acht Jahren beruflich gemeinsam unterwegs, privat noch etwas länger. Im Gegensatz zu Letzterem passte es nie wirklich, weder in Berlin noch in Senftenberg. „Hier dafür hundertprozentig“, so der Küchenchef und die Restaurantleiterin in strahlendem Gleichklang.

Das Juwel ist so edel eingerichtet und opulent ausgestattet, wie es der Restaurantname ankündigt. Schwarz, anthrazit und ein dunkles Violett sind die dominierenden Farben, die Tische stehen großzügig, man sitzt bequem und entspannt. Die Lampen wirken zwar auf den ersten Blick wie Lichtverhinderungsgeräte, schaffen aber mit ihrem Schein aufs Wesentliche eine angenehme Atmosphäre. Den Rest erledigt eine Servicebrigade mit jener Mischung aus unaufdringlicher Freundlichkeit, souveräner Gelassenheit und feiner Grandezza, die man nicht allzu häufig antrifft.

Gastgeberin ist Jana Metting, 39, die nach ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau in Dublin, Deidesheim und Berlin tätig war und die wir schon dort wegen ihrer Empathie und Natürlichkeit schätzen gelernt haben. Dazu kommen die kompetente und eloquente Sommelière Dominique Hennig, die allerdings während unseres Besuches Urlaub hatte und neuerdings der Leipziger Patrick Grunewald, den wir auch schon kennen, weil er neun Jahre lang dem Falco-Team angehörte.

Ihnen allen allerdings stiehlt Philipp Liebisch immer dann die Schau, wenn der Küchenchef beispielsweise seinen Signature dish höchstpersönlich serviert. Dann kommt noch mehr Freude auf im Juwel, ein Wunder, dass der Mann nur Fragen beantworten, aber keine Autogramme geben muss. So funktioniert modernes Fine dining!

Übrigens: Es soll Juwel-Gäste geben, die ihr Menü nur deshalb mit einem Käsegang beschließen, um den Einsatz des Käsewagens zu erleben. Selbst die Tester des Gault&Millau – und das will schon was heißen – waren derart von Form, Farbe und Funktion des Gefährts beeindruckt, dass sie ihm einen ganzen Abschnitt widmeten. Das Meisterwerk handwerklicher Kunstfertigkeit glänzt lackschwarz, besitzt eine eigene Klimaanlage und Beleuchtung, es gibt unendlichen Stauraum, und die Glasabdeckung kann mechanisch nach oben gefahren werden. Der Preis des Unikats dürfte den eines Kleinwagens erreichen – ob ein Führerschein für die Bedingung nötig ist, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Für die Bestückung ist Maître Affineur Volker Waltmann aus Erlangen zuständig, dessen Reifekeller übrigens ähnlich einzigartig wie der Kirschauer Käsewagen ist.

Wenn man mal so weit gehen will, das Restaurant Juwel als Gourmetbühne zu bezeichnen, dann muss man hinzufügen – eine der fähigsten des Freistaates. Und eine der meistgeehrten. An einer Wand irgendwo im Haus hängen die Urkunden: Falstaff, Feinschmecker, Gusto, Gault&Millau, Savoir Vivre, Varta, sie alle bescheinigen dem Juwel und seiner Mannschaft beste Performance. Dazu der erste Michelin-Stern, verliehen 2017, verteidigt 2018, es darf applaudiert werden – zumal Philipp Liebisch zuvor in seiner Berliner und Senftenberger Küchenchef-Zeit zwar auch schon etliche Auszeichnungen einheimste (Newcomer des Jahres 2012, Junges Talent 2013, Brandenburger Meisterkoch 2013), seine jeweiligen Arbeitgeber aber wenig interessiert an kulinarischen Glanzleistungen waren.

Anfang 2016 kam der 37-Jährige dann nach Kirschau, ein Glücksfall für ihn und für das Hotel. Petra und Rüdiger Schumann stellten ihm alles zur Verfügung, was gut und teuer ist, und Liebisch machte daraus das Beste.

Liebisch („bitte vergessen Sie in Ihrem Bericht mein Team nicht“), also Liebisch und sein Team, sind dabei fast schon revolutionär puristisch. Jeder Gang konzentriert sich auf drei Komponenten, wobei die natürlich nicht pur auf den Teller kommen, sondern in verschiedenen Konsistenzen und Texturen. Der Einfallsreichtum dabei ist verblüffend, beispielsweise, wenn eine in ihrer Schale dampfpochierte Gillardeau-Auster auf einen Ingwer-Soja-Fond, Ingwerjulienne, Ingwerkaviar, Sojasprossen, Sojabohnen und eine Tofu-Soja-Crème trifft. Das ist sowohl geschmacklich als auch optisch eine Offenbarung.

Bei uns bleibt nur ein Wunsch offen: Wie wäre es, fragen wir uns, wenn Philipp Liebisch eine kleine Anleihe in Österreich oder der Schweiz aufnähme. Seine Kollegen Heinz Reitbauer in Wien und Andreas Caminada in Fürstenau, die ähnlich komplexe Kreationen servieren, geben ihren Gästen kleine Zutatenkarten an die Hand, bei Caminada sogar in einer edlen schwarzen Box. Wäre das nicht auch was für das Juwel?

 

JUWEL BEI SCHUMANN

Bautzener Straße 20
02681 Schirgiswalde-Kirschau
Tel. 03592 – 52 00
www.bei-schumann.de

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