Anaïs Causse – Huile de noix
Anaïs Causse, 39, ist gebürtige Berlinerin.
Nach dem Abitur an der Goethe-Oberschule in Steglitz studierte sie Arabistik und Islamwissenschaften, merkte aber zunehmend, dass das nicht ihr Ding ist.
Sie verabschiedete sich von der Freien Universität und einer möglichen akademischen Laufbahn, heuerte bei Feinkost Lindner an und absolvierte eine Ausbildung zur Fachfrau für Systemgastronomie.
2003 stieg sie in das Feinkostgeschäft ihres Vaters ein.
2014 folgte ihre jüngere Schwester Noémie und übernahm den Onlineshop, aus „Maître Philippe“ wurde „Maître Philippe & Filles“ – ein Spezialitätenhandel, der beste Beziehungen vor allem nach Frankreich pflegt und kulinarisch wie atmosphärisch zu den ersten Adressen der Branche in Berlin zählt.
Für Garcon schreibt Anaïs Causse regelmäßig über ihre exquisiten Spezereien und deren Produzenten.
Diese Farbe – ein dunkles Bernstein! Dieser intensive Duft! Und diese Aromen – subtil walnussig und angenehm samtig!
Ich gestehe, ich liebe das Walnussöl der Ölmühle Leblanc, das seit Jahrzehnten zu unserem Sortiment gehört.
Es verhilft Salaten zu geschmacklicher Höchstform, verfeinert Rote-Bete-Carpaccio ebenso wie Ofenkartoffeln und gibt Chicorée den ultimativen Geschmackskick.
Ich lege Ihnen noch einen weiteren Tipp ans Herz: Servieren Sie Spargel mal nicht mit brauner Butter oder mit Sauce hollandaise, sondern mit Walnussöl.
Ein Gedicht, das Gericht, das verspreche ich Ihnen.
Mein letzter Besuch bei den Inhabern der Ölmühle, den Brüdern Jean-Michel und Jean-Charles Leblanc, liegt zwar schon ein paar Jahre zurück, aber in ihrer Mühle ändert sich so schnell nichts.
Die Leblanc-Brüder betreiben sie bereits in vierter Generation – in Betrieb genommen wurde sie 1878 im gleichen grauen Steinhaus in der Ortsmitte von Iguérande.
Das 1.000-Einwohner-Dorf liegt in den Hügeln des Départements Saône-et-Loire, rund anderthalb Autostunden nordwestlich von Lyon, am Fuße des Massif Central.
Die Mühle ist übrigens bestens ausgeschildert, denn viele Liebhaber besonderer Öle nehmen selbst eine weite Anreise auf sich, um die Spezialität zu kaufen – da kennen Franzosen nichts.
Auf dem Programm steht dann – wie bei mir – meist auch ein Blick auf den 140 Jahre alten Mahlstein.
Das zentnerschwere Granitungetüm, das von einem ebenfalls musealen Motor, riesigen Zahnrädern und ledernen Treibrimen bewegt wird, zermalmt die Ölfrüchte – Traubenkerne, Pistazien, Hasel- oder eben Walnüsse.
Die pastöse Masse wird dann in einer gusseisernen Pfanne und über offenem Feuer leicht erwärmt, um möglichst viele Aromen freizusetzen.
Erst danach wird gepresst. Zwei bis drei Tage später, wenn sich die meisten Trübstoffe abgesetzt haben, füllen die Leblanc-Brüder das hocharomatische und nährstoffreiche Öl in Flaschen.
Bei vielen französischen Küchenchefs ist das Öl gesetzt.
Gilles Reinhardt zum Beispiel, 3-Sterne-Koch und Nachfolger des verstorbenen Paul Bocuse am Herd der nicht weit entfernten „Auberge du Pont de Collonges“ legt Wert darauf, dass die Leblancs nur die besten Früchte pressen – Haselnüsse aus dem Piemont und Walnüsse aus dem Périgord etwa. Wir bei Maître Philippe übrigens auch.
Maître Philippe et Filles
Emser Straße 42
10719 Berlin-Wilmersdorf
Tel. 030 — 88 68 36 10