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Die Versilia – Forte dei Marmi

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Lebensgefühl

Die Toskana ist ein Lebensgefühl“, so verkünden es die Reiseführer. Sie preisen die landschaftliche Vielfalt, die Pinienwälder, Olivenhaine und Weinberge, die hochprozentige Sonnengarantie und die allgegenwärtigen Spuren vergangener Kulturen. Die Toskana – ein Sehnsuchtsziel. Das gilt für die rund 23.000 km² große (die Fläche entspricht etwa der von Mecklenburg-Vorpommern) mittelitalienische Region im Allgemeinen wie für die Versilia im Besonderen.

Die historische Kulturlandschaft im Nordwesten der Toskana erstreckt sich zwischen der Küste des Ligurischen Meeres und den Bergen der Apuanischen Alpen von Marina di Massa im Norden bis nach Torre del Lago Puccini im Süden. Namensgeber des Landstrichs ist übrigens das zwölf Kilometer lange Flüsschen Versilia, das seinen Ursprung im Zusammenfluss der Bergbäche Serra und Vezza hat und das bei Forte dei Marmi ins Meer mündet.

Touristen satt

Die Versilia ist touristisch geprägt. Vor allem sind es die über 40 Kilometer langen Sandstrände, deretwegen Gäste aus der halben Welt hierher kommen. In den Badeorten, die sich fast übergangslos aneinanderreihen, ist man auf den sommerlichen Touristenansturm eingestellt – vom Backpacker-Hostel bis zur Luxusherberge, vom Streetfoodstand bis zum Sternerestaurant. Abseits der großen Straßen und fern des Trubels gibt es aber auch stille, pittoreske Bergdörfer, in denen Kirchen und Klöster viel über die lange Geschichte der Versilia erzählen.

Die Römer bauten die ersten Straßen und gründeten Siedlungen, später besetzten die Langobarden das Territorium und gaben ihm sein heutiges Gepräge. Die größten und historisch bedeutendsten Städte der Versilia sind Viareggio, Camaiore und Pietrasanta. Par renommée, vor allem international, hat ihnen allerdings eine 7.000-Einwohner-Gemeinde seit langem den Rang abgelaufen: Forte dei Marmi.

Ein Catwalk zum Schaulaufen

Forte, wie diejenigen sagen, die schon mal da waren, ist kein Ort kontemplativer Stadtspaziergänge, sondern ein Catwalk zum Schaulaufen. Man trägt Birkin Bag von Hermés, güldene Sneaker von Prada, natürlich die passenden Cinéma-Sunglasses und neuerdings die grellbunten Shirts, vor denen alle Karibikträume verblassen. Es gibt in Europa wohl keinen zweiten Ort, in dem sich dermaßen viele Luxusboutiquen drängeln: Armani, Gucci, Ferragamo, Prada, Valentino, Vilebrequin. Und die Zahl der vor noblen Villen parkenden Bugattis, Ferraris und Lamborghinis übersteigt die der Zulassungen solcher Edelkarossen etwa in München inklusive Umland sicher locker.

Nein, Forte dei Marmi ist nichts für Asketen und arme Schlucker, und das gilt nicht nur für modische Offerten und automobile Tatsachen. Auch Mailands Feinkost-Ikone Peck hat hier natürlich eine Dependance – ebenso wie der Edelmetzger Pantano Carni aus dem Veneto…

Nicht alles perfekt

Dagegen wirkt das gastronomische Angebot Forte dei Marmis dann doch eher bescheiden. Okay, es gibt fünf Sterne-Restaurants im stolzen Seebad – das ist, gemessen etwa an der Toskana-Metropole Florenz, in der elf besternte Restaurants ihr Domizil haben – auf den ersten Blick ziemlich respektabel. Der zweite Blick jedoch bringt die Defizite ans Tageslicht: Da wirkt vieles old-fashioned, allzu klassisch, allzu bürgerlich gediegen – und das betrifft eben nicht nur das Ambiente.

Auch das, was da auf die Teller kommt, macht häufig wenig Spaß und grenzt mitunter an Freudlosigkeit. Innovativ, kreativ, zeitgemäß, diese Attribute gehören offenbar nicht zum Vokabular vieler Köche in Forte dei Marmi. Drei Männer zählen zu den lobenswerten Ausnahmen, weil sie eben nicht chauvinistisch-italienisch im eigenen Saft schmoren: die Brüder David und Marco Vaiani und ihr Küchendirektor, der Sternekoch Andrea Mattei. Hier zu den Vaianis…

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