Frischeparadies – Einzug in ein neues Paradies

Delikatessenhaus in Prenzlauer Berg

Joachim Hauff und Kathrin Haupt haben den Überblick – und einen Fotoapparat. Und so knipsten der Vorstandsvorsitzende und die Sachbearbeiterin einer Behinderteninitiative mit Büros hoch über der Hermann-Blankenstein-Straße in Prenzlauer Berg ein Jahr lang das, was da unter ihrem Dachgarten geschah. Hochfliegende Pläne für das alte Schlachthofgelände gab es in der Vergangenheit mehr als Platz auf dem historischen Areal – verwirklicht jedoch wurden nur wenige. Die Idee, hier eine Zunfthalle zu bauen, scheiterte an fehlendem Geld, die einer Fitness-Factory an mangelndem Interesse.

Joachim Hauff und Kathrin Haupt hatten erlebt, wie Bauschilder auf- und wieder abgebaut wurden, wie Bagger an- und wieder abrückten – also waren sie erstmal skeptisch.

Was allerdings binnen eines Jahres da vor ihren Augen und ihrem Objektiv entstand, nötigte ihnen dann doch hohe Achtung ab. Was wie eine überdimensionale Euro-Palette aussieht und dennoch durch die Verkleidung mit sibirischer Fichte anziehend wirkt, ist die zweite Niederlassung des Traditionsunternehmens FrischeParadies Lindenberg in Berlin.

Nicht kleckern, sondern klotzen mögen sich die Manager der Bielefelder Oetker-Gruppe gesagt haben, die mit fast 23 000 Beschäftigen und einem Umsatz von 7,7 Milliarden Euro zu den größten europäischen Familienunternehmen gehört. Und das taten sie dann auch.

10 Millionen Euro wurden investiert, das junge Berliner Architektenteam ROBERTNEUN wurde engagiert, beinahe wöchentlich wurden erst die Planungs- dann die Baufortschritte kontrolliert. Nach nur einem Jahr stand die Halle. „Keine Kunst, wenn man Dr. Oetker heißt“, so ein Berliner Gastronom während der offiziellen Eröffnungsfeier. „Selbst wenn einer das nötige Kleingeld hat, muss er wissen, was er will“, entgegnete sein Begleiter. Und da ist wohl was dran. Das schöne Berliner Prinzip „Rin inne Kartoffeln, raus ausse Kartoffeln“ – hier wurde es ad absurdum geführt, in kürzester Bauzeit, architektonisch beeindruckend, vor allem aber dem Zweck bestens entsprechend.

Betriebsleiter Jörg Pöhlmann, seit 1995 in der Frische-Paradies-Gruppe tätig, nennt Zahlen und Fakten: im Erdgeschoss eine 1200 Quadratmeter große Markthalle, in der rund 5000 Delikatessen von A wie Arganöl bis Z wie Zucchini-Blüten präsentiert und verkauft werden – eine 10 Meter lange Fischtheke – ein Bistro mit 30 Plätzen – im Obergeschoss Büros, Personal- und Technikräume – 2400 Quadratmeter Kühl-, Kommissionier- und Lagerfläche. „Ab sofort“, fügt Betriebsleiterin Stephanie Lobing hinzu, „erfolgt die gesamte Belieferung von Gastronomie, Hotellerie und Handel in Berlin, Brandenburg, weiteren ostdeutschen Bundesländern sowie Polen, Tschechien und dem Baltikum von diesem Standort aus.“

Einzelhandel in großem Stil und Lieferservice in noch größerem Stil, es ist schon ein riesiges Rad, das Pöhlmann, Lobing und ihre 85 Mitarbeiter da täglich drehen.

Dennoch, die wirtschaftliche Krise geht auch am FrischeParadies Lindenberg nicht spurlos vorüber. „2009 wird für uns ein anspruchsvolles Jahr“, sagt Firmenchef Dr. August Oetker während der Eröffnungsfeier und übersetzt dabei das eigentlich gemeinte Attribut „schwierig“ in die optimistische Unternehmersprache. Aber auch der Konzernchef weiß, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den kommenden Monaten nicht ändern werden. Immerhin 70 Prozent seines Umsatzes macht das Berliner FrischeParadies mit der gehobenen Gastronomie und Hotellerie. Und der wiederum geht es immer nur so gut, wie es ihren Gästen geht…

Angesichts dieser Tatsachen wird wohl die von Klaus Wowereit – er outete sich übrigens als FrischeParadies-Stammkunde – geforderte Modernisierung des Marktes in der Charlottenburger Morsestraße noch warten müssen.

28 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete das FrischeParadies Lindenberg im Jahr 2008, 10,2 Millionen davon mit Fleisch und Geflügel, 9,7 Millionen mit Fisch und Seafood. Das soll auch 2009 erreicht werden, denn immerhin feiert das Unternehmen im November seinen 135. Geburtstag. „Man muss eben auch in der Krise seine Chancen erkennen.“, sagt Pöhlmann.

www.frischeparadies.com

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