Autobiografie von Dieter Müller

Wie Deutschland genießen lernte

Das Foto auf dieser Seite ist ein Schnappschuss, aufgenommen mit einer dieser billigen Mini-Kameras und eigentlich, was Helligkeit und Schärfe betreffen, nicht als Aufmacher für diesen Beitrag geeignet, sagt unsere Layouterin. Wenn wir das Bild dennoch benutzen, dann nur deshalb, weil es die beiden vielleicht wichtigsten Vertreter des deutschen Küchenwunders in freundschaftlicher Verbundenheit auf einem Bild zeigt – Eckart Witzigmann und Dieter Müller.

Beiden war am Beginn ihrer Koch-Karriere einiges gemeinsam. Es war Anfang der 1970er, als sich zwei deutsche Unternehmer ihre eigenen Restaurants bauten. Fritz Eichbauer, ein Münchener Baulöwe, schuf 1972 in Schwabing einen Fresstempel namens Tantris und holte sich Eckart Witzigmann an den Herd.
Adalbert Schmitt, ein Kunststofffabrikant aus Wertheim in der Nähe von Würzburg, hatte ein Jahr zuvor seine Schweizer Stuben eröffnet und die Brüder Jörg und Dieter Müller engagiert.
Eichbauer und Schmitt, beide weitgereist und leidenschaftliche Gourmets, gaben mit ihren Restaurantgründungen den Startschuss für eine Gastronomie jenseits der bis dahin gepflegten deutschen Deftigkeit. Sie subventionierten ihre Häuser jahrelang großzügig, die jungen Köche dankten es ihnen mit unglaublichem Ehrgeiz. Eckart Witzigmann erkochte im Tantris 1973 den ersten, 1974 den zweiten und 1979 im eigenen Restaurant Aubergine den dritten Stern – als erster Koch in Deutschland.

Dieter Müllers „Besternung“: Dem ersten 1974 folgte drei Jahre später der zweite und 1997, dann schon im Schlosshotel Lerbach in Bergisch-Gladbach, der dritte.

Witzigmann und Müller

Zwei Männer die deutsche Gastronomiegeschichte schrieben. Witzigmann ist Jahrgang 1941, Müller sieben Jahre jünger. Zeit also, nach über 50 Jahren Berufserfahrung, das eigene Leben zwischen zwei Buchdeckel zu bringen. Für Eckart Witzigmann besorgte das bereits vor acht Jahren die Münchener Literaturwissenschaftlerin Eva Gesine Baur („Hamlet am Herd“), indem sie ein zugleich amüsantes wie ergreifendes Lebensbild des Großmeisters schrieb.

Nun liegt auch Dieter Müllers Autobiografie vor, der sich von dem Journalisten Thomas Schwitalla beraten und vielleicht auch die Feder führen ließ. Entstanden ist trotzdem nur ein ausführlicher Lebenslauf, angereichert mit 30 Müller-Rezepten, leider auch ohne fotografische Dokumente seiner Stationen. Nun muss eine Autobiografie nicht gleichzeitig ein Bilderbuch sein, aber eine Prise mehr „Küchen-Philosophie“ hätte man bei dem Untertitel „Wie Deutschland genießen lernte“ schon erwartet.

Schüler von Dieter Müller gehören heute zur Spitzengruppe der deutschen Köcheschaft: darunter der Drei-Sterne-Koch Sven Elverfeld sowie seine mit zwei Michelin-Sternen geehrten Kollegen Nils Henkel, Christoph Rainer, Hans Stefan Steinheuer und Michael Kempf. Kempf, Chef am Herd im Berliner Facil, sagt: „Dieter Müller ist nicht nur als kulinarischer Fachmann, sondern auch menschlich mein Vorbild. Ich habe ihn in meiner Zeit in Bergisch-Gladbach immer ruhig und fair erlebt, aber immer auch fordernd, wenn es um das bestmögliche Handwerk, die Perfektionierung des Geschmacks ging. Als ‚Fingerabdruck‘ von Dieter Müller fungiert im Facil sein Wildkräuter-Hüttenkäse, den wir zum Brot servieren.“

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