Im Landhaus Hönow tut sich was

Keine Angst vor der Auffahrt, obwohl es erst mal nach Marzahn geht, ins „totale Nirgendwo“ wo sich sozialistische Plattenbauten wie leere Batterien aneinanderreihen, wie kürzlich eine Frankfurter Kollegin schrieb. Sicher ist Marzahn nicht Sachsenhausen, aber ganz so schlimm nun auch wieder nicht.

Die Straßenbahn fährt, und in den Häusern brennt Licht. Dann kommt Hellersdorf, das ist so ähnlich, nur viel kleiner und schon ist man in Hönow. Dass zwischen den leeren Batterien und dem dörflichen Idyll früher mal Wiesen waren und eine Landesgrenze verläuft, merkt man nicht, weil viele Berliner sich ihre Privatplatte hier hingestellt haben. Das heißt dann prosaisch Hönow-Siedlungserweiterung.

Hönow-Dorf liegt bereits in Brandenburg, im Landkreis Märkisch-Oderland.Hierher zog es 1987 zwei junge Töpfermeister, die irgendwo in Ruhe töpfern wollten. Kerstin und Jörg Vanselow kauften an der alten Dorfstraße, die damals noch Straße der Freundschaft hieß, ein heruntergewirtschaftetes Bauernhaus, richteten her, was mit DDR-Möglichkeiten herzurichten ging und widmeten sich in der dörflichen Abgeschiedenheit am Rande der Großstadt ihrem kreativen Handwerk.

Nach dem Mauerfall jedoch stand die Töpferscheibe immer häufiger still und der Brennofen blieb kalt. Was in der DDR als Bückware galt, war jetzt Ramschzeug, massenhaft aus Billiglohnländern importiert. Kerstin und Jörg Vanselow entschieden, aus ihrem Anwesen ein Landhotel zu machen. Sie sanierten und bauten an, 18 gemütliche Zimmer entstanden und eine Ferienwohnung – Eröffnung 1997 Inzwischen sind Tochter und Schwiegersohn ins Geschäft eingestiegen, zwei junge Leute vom Fach mit Referenzen, bei denen auch jede Nobelherberge im Land sofort zugegriffen hätte.

Katharina Nowotka ist gelernte Hotelfachfrau und war zuletzt im Westin Grand an der Friedrichstraße tätig, Lukas Nowotka absolvierte erst die Ausbildung zum Restaurantfachmann, dann eine zweite zum Koch und sammelte beruflichen Erfahrungen bei bekannten Meistern -, darunter Volker Drkosch in Düsseldorf, Christian Lohse und Daniel Achilles in Berlin.

Nach Sterne – nun also Land – Hausküche. „Im Reinstoff wäre ich gerne noch geblieben“, erzählt der 29-Jährige Solinger, „das war absolut mein Ding.“ Doch das junge Paar hatte sich entschieden, nach Hönow zu gehen – „vor allem wegen unserer Tochter Lotte, die jetzt anderthalb ist und in dieser dörflichen Idylle aufwachsen soll.“

Im April 2014 zogen Katharina und Lokas Nowotka aufs Dorf, Katharina managt nun das Landhaus, Lukas verantwortet dessen Küche. „Hier geht es nicht um Algen-Püree, Eisenkraut-Schaum oder Yuzu-Zitrone“, sagt er, „nicht um Dekonstruktionen und Interpretationen.“ „Worum geht es?“ „Um sorgfältig zubereitete Mahlzeiten, um ehrliches Essen!“ Was das heißen kann, zeigt Nowotka mit einigen Gerichten schon jetzt. Da ist eine klare Aussage auf dem Teller, gute Produkte sind realistisch zubereite, so dass der Gast auch tatsächlich weiß, was er gerade isst.

Da ist beispielsweise ein Hirschbraten mit Rotwein-Wacholder-Sauce, Rosenkohl und einer Kartoffelvariation ein klassisches Schmorgericht, mit einer wunderbar tiefen, dunklen Sauce oder eine gedämpfte Maishühnchenbrust mit kräftig-erdigen Wrukenkucken, und einem superschlotzigen
Perlgraupenrisotto. Das ist nun sicher keine Geschmacksakrobatik de luxe, sondern bestes kulinarisches Fach-Werk, ganz und gar verlässlich. Kein Wunder, schließlich verlernt ein Mann wie Nowotka das Kochen nicht, nur weil er aufs Dorf geht.

Lediglich mit einem Lehrling und Zutaten, die er von Bauern aus der Gegend bekommt, übersetzt er traditionelle Brandenburg-Küche ins Heute. Sowohl die Hotelgäste als auch viele Leute aus der Gegend haben das schnell gemerkt – „offenbar Mundpropaganda“ – über mangelndem Gästezuspruch in den kleinen Stuben mit dem heimeligen Ambiente kann sich die Landhaus-Mannschaft jedenfalls nicht beklagen. Und so wie Luka Nowotka drauf ist, dürfte sich das in nächster Zeit auch nicht ändern.
Zwei PS, sind notig.

Das erste: Auch für Kinder wird im Landhaus Hönow richtig gekocht. Keine Dosenravioli, kein aufgetauter Formfisch, sondern Hähnchenspieß mit Erbsen und Kartoffelbrei oder Milchreis mit Zucker, Zimt und Apfelmus. Auch hier gilt wohl: Gutes Ganz einfach.
Und das Zweite: Es gibt eine Kindheitserinnerung. Kalter Hund, dermaßen lecker, dass alle Großmütter vor Neid erblassen.

Landhaus Hönow

Dorfstraße 23

15366 Hoppegarten OT Hönow
www.hoenow.de

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