Unser Berliner Teller in: Austern-Bar VOLK

Das Meer auf dem Teller

In Berlin gibt es Pasta-Bars, Pho-Bars, Ramen-Bars, Sushi-Bars und noch ein paar andere auf die Verarbeitung weniger Grundprodukte oder die Zubereitung bestenfalls einer Handvoll Gerichte spezialisierte Winzig-Lokalitäten. Bars eben, bar jeder Gemütlichkeit und bar jeden Platzkomforts, schlicht und funktional. Man geht hinein, bestellt, isst, trinkt einen Schluck und zieht – wenn die Angebote keine kulinarische Vollkatastrophe waren – zufrieden weiter.

Ein bisschen anders war das in vorpandemischer Zeit in der Austern-Bar VOLK, einem seltenen Hort gelebter Berliner Frankophilie. Und deshalb auch – trotz der Enge im ebenerdigen Stübchen mit Küche – kein kulinarischer Kommen-Essen-Gehen-Ort, schnell, schnell, schnell und zurück an die Werkbank.

Nein, im VOLK hat man sich schon immer Zeit gelassen, Zeit für Genuss, vorausgesetzt, man konnte einen Stuhl am einzigen Tisch ergattern. Das soll sich nun ändern – natürlich nicht die Genussorientierung, sondern das Platzangebot und damit auch der Wohlfühlfaktor. Ab September wird aus dem Mini-Bistro VOLK das Restaurant VOLK – aber dazu später mehr …

„Als wir vor zwei Jahren die Austria-Bar Minutillo übernahmen und daraus die Oyster-Bar VOLK machten, haben wir nie und nimmer geglaubt, dass sich das mal so entwickeln würde“, erzählt Oliver Chesler. Der 51-Jährige stammt aus New York, ist Musiker, Komponist, Produzent und DJ. „Electronical Music“, beantwortet er die Frage nach der Richtung seiner Musik.

„I prefer classical music“, erwidere ich und zeige – um dem Ge­spräch eine andere Richtung zu geben – auf eine Tafel, auf die Oliver Chesler die Textzeilen eines Songs von Grover Washington aus den 1980ern geschrieben hat: „I see the crystal raindrops fall and the beauty of it all …“ Das ist musikalisch mehr meine Zeit. Der Amerikaner lächelt, er ist auch in der Musik der 1980er Jahre zu Hause.

Eine junge Frau kommt – T-Shirt, Vorbinder, Touchon – augenschein­lich die Küchenchefin. Ich kann das Thema wechseln …

„Je m’appelle Margaux“, sagt sie und buchstabiert ihren Vor­namen dem Reporter vorsichtshalber in den Block. Irgendwer hattemal Margot geschrieben, und das fand sie dann doch nicht so prickelnd. Margaux also, Margaux Arabian.

Die Standardfragen nach Kochlehre und Küchenstationen kommentiert die 34-Jährige erstmal mit einem Lächeln, dann holt sie ein gerahmtes Foto, darauf eine Frau mit Kochjacke und Kind. „Maman und ich“, sagt sie.

Ihre Mutter, Ghislaine Arabian, eine der wenigen 2-Sterne-Köchinnen Frankreichs, war dann auch ihre kulinarische Lehrerin. „Und mein Vater, Jean-Paul Arabian.“ „Tel père, tel fils“, fügt sie lächelnd hinzu. Das Uralt-Sprichwort vom Apfel, der nicht weit vom Stamm fällt, kennen auch die Franzosen.

Sicher hätte Margaux Arabian auch in Paris Karriere machen können, aber das Fernweh siegte. 2017 kam sie gemeinsam mit ihrem Partner Oliver Chesler nach Berlin, 2019 eröffneten die beiden das VOLK. „Berlin ist einfach großartig, in jeder Hinsicht“, so Margaux Arabian und Oliver Chesler unisono.

Die Küchenchefin servierte superfrisches Seafood und einige französische Kleinigkeiten, punktete mit intensiven Aromen und kreativen Arrangements – und die Social-Media-Community jubelte. „Super süßes französisches Restaurant“, „so viel Charakter und Charme“, „very good fresh French food“, „un petit coin de paradis“ …

 

Ein besonderes Lob gab es immer wieder auch für die kleine, feine frankophile Weinofferte, für die neben Bras de Fer in Nantes das Berliner Viniculture-Team verantwortlich zeichnet. Ja, das VOLK hat metropolen Stil und eine sympathische Atmosphäre und – nomen est omen – volkstümliche Preise.

Das soll natürlich auch in Zukunft so bleiben, alles andere wird sich allerdings ändern. Margaux Arabian und Oliver Chesler haben – vom Erfolg ermutigt – Großes vor, im wahrsten Wortsinn. Aus dem winzigen Bistro soll ein stattliches Restaurant werden.

Passende Räume dafür haben sie im Nachbarhaus gefunden, und ein bestens geeigneter Architekt ist auch schon am Werk.

Sam Chermayeff, New Yorker wie Oliver Chesler und ein guter Freund des Musikers, führt beim Umbau der Räumlichkeiten und bei der Ein­richtung des neuen VOLK die Feder. Der Architekt und Designer ist eine Größe in seiner Branche. Chermayeff arbeitete immerhin für das Tokioter Architekturbüro SANAA, war Kurator der Venedig Biennale und lehrte am Dessauer Bauhaus Institut und der New Yorker Columbia Universität – 08 / 15 ist da nicht zu erwarten …

Restaurant Volk
Brunnenstraße 182
10119 Berlin-Mitte
Tel. 0173 – 686 38 83
www.volkmitte.de

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