Fuhrmanns Früchtekorb – Heute: Zucchini

Das Amador

Dass ich meinen Notizen zum heutigen Thema „Zucchini“ ein Wiener Restaurant voranstelle, hat einen guten Grund. Juan Amador, gebürtiger Baden-Württemberger, seit 2016 in der Donaumetropole zu Hause und Österreichs erster und bislang einziger Drei-Sterne-Koch, gehört zu den wenigen Herdkünstlern in dieser Liga, die dem gurkenähnlichen Gemüse etwas abgewinnen können.

Der 52-jährige Deutsch-Spanier servierte im September in seinem vor fünf Jahren im Wiener Außenbezirk Döbling eröffneten Restaurant (www.restaurant-amador.com), nach einem halben Dutzend kunstfertiger Kleinigkeiten ein sechsgängiges Menü („Momentaufnahme“, Preis: 265 Euro). Zweiter Gang: eine farcegefüllte Zucchiniblüte in bester Gesellschaft von Saint Pierre, einer Stabmuschel und einem Hauch Kernöl.

Für mich ein aktueller Beweis, dass die von vielen Spitzenköchen als geschmacklich fade geschmähten Zucchini wohl doch besser als ihr Ruf sind und durchaus einen Platz auch in der Top-Gastronomie verdienen. ( Übrigens: Zumindest in den Kochbüchern von zwei Berliner Sterneköchen – Sebastian Frank/“kuk“, 2019 und Tim Raue/“My WAY“, 2017 – finden sich Zucchini-Rezepte, wobei Meister Raue darauf hinweist, dass er erst während eines Gourmet-Festivals in Südkorea Zucchini entdeckte, die ihn geschmacklich zufriedenstellten.

„Sie hatten rein gar nichts mit den geschmacklosen Exemplaren zu tun, die ich bis dato kannte. Sie waren von einer Bissfestigkeit und Süße, die mich hellauf begeisterte, und sie hatten ein wunderbar bitteres Aroma, das mich an Tonic Water erinnerte.“ Leider bleibt uns der Grand Chef den Namen der Sorte schuldig, so dass unsere Recherchen nach diesen geschmacklich außergewöhnlichen asiatischen Zucchini im Sande verliefen…

Wolfram Siebeck

Zum Schluss möchte ich auf den Anfang meiner Notizen zurückkommen. Wolfram Siebeck, mein Lieblingsautor, wenn es ums Kulinarische geht, konnte gefüllten Zucchiniblüten zeit seines Lebens offenbar nicht viel abgewinnen. Als Beleg für meine Vermutung nehme ich folgendes Zitat aus seinem Band „Kulinarische Skizzen“ (erschienen 2016 bei Zabert Sandmann München, wenige Monate vor Siebecks Tod).
Dort notierte er: „Die Blüten sehen aus … wie ein Haufen toter Regenschirme … und dann müssen die Dinger auch noch gefüllt werden … der clevere Küchenchef kann sie mit einer sanften Mondfinsternis füllen, mit handgeschöpfter Bitterschokolade oder mit Schnaps…“

Typisch Siebecksche Ironie, wenn ihm kulinarisch etwas gegen den Strich ging: Gänsebraten etwa („das am wenigsten delikate und am schwersten zu verdauende Fleisch“), Beaujolais Nouveau („dagegen hilft nur Aspirin“) oder eben Kürbis und dessen Verwandte, inklusive ihrer gefüllten Blüten („banales Modegemüse“).

Zumindest im Fall der Zucchini widerspreche ich Wolfram Siebeck allerdings energisch. Wir bereiten zu Hause zum Beispiel gern Zoodles zu – mit dem Spiralschneider geschnittene Zucchini-Spagetti, die, bissfest gegart und mit Tomaten-Basilikum-Sauce serviert, durchaus eine Delikatesse sind – nicht nur für Low-Carb-Fans übrigens.

Rotisserie Weingrün

Maikel Gööck ist Küchenchef in der Rotisserie Weingrün an der Gertraudenbrücke, einer angesagten Konstante der Berliner Gastroszene. Und er ist ein ausgesprochener Zucchini-Fan. Auf den ernährungsphysiologischen Wert des aus der Familie der Kürbisgewächse stammenden Gemüses angesprochen, verweist der 33-Jährige zuerst darauf, dass Zucchini extrem kalorienarm und durch ihr ausgewogenes Fruktose-Glukose-Verhältnis auch besonders gut verträglich sind. „Ideal für Menschen, die an einer Fruktoseintoleranz leiden“, fügt er hinzu.

„Ihr Vitamingehalt ist zwar nicht atemberaubend“, so Gööck weiter, „dafür kann allerdings ihr Eisengehalt überzeugen.“ Unser Faktencheck ergibt tatsächlich, dass 800 Gramm Zucchini den täglichen Eisenbedarf eines Erwachsenen komplett decken würden.

In Maikel Gööcks frischer, kreativer Marktküche spielen Zucchini eine wichtige Rolle. „Obwohl sie aromatisch eher mild daherkommen, lässt sich aber viel Aroma herauskitzeln, indem man sie brät, grillt, frittiert oder als Ofengemüse zubereitet“, sagt er. Unseren Einwand, dass diese Garmethoden das Entstehen des krebserregenden Acrylamids fördern können, wischt er vom Tisch: „Acrylamid entsteht nur, wenn kohlenhydratreiche oder sehr stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln oder Getreideprodukte stark erhitzt werden.“

ROTISSERIE WEINGRÜN
Gertraudenstraße 10–12
10187 Berlin-Mitte
Tel. 030 – 20 62 19 00
www.rotisserie-weingruen.de

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