Shizuku – Nomunication mitten in Berlin

Der Begriff „Nomunication“ – hierzulande weitgehend unbekannt – ist in Japan allgegenwärtig. Er setzt sich zusammen aus „nomu“ = trinken und „communication“ = Verständigung untereinander, bedeutet also „beim Trinken reden“. Axel Schwab, Japan-Kenner und Japan-Erklärer aus München, beschreibt in seinem 2019 erschienenen Reiseratgeber „Japan in 60 Schritten“, was es damit auf sich hat: „Japaner gehen mit ihren Kollegen nach Feierabend gerne einen trinken… Während meiner Zeit in Japan habe ich diese Kneipenabende sehr genossen, denn der Zusammenhalt in der Abteilung wurde durch die offenere Kommunikation außerhalb des Büros gefördert.“ Das Shizuku an der Hasenheide, nahe des Hermannplatzes, ist ein Ort, der wie geschaffen scheint für „Nomunication“ nach japanischem Vorbild.

Hasenheide 16 – Japan-Freaks kennen diese Adresse natürlich. Früher betrieb hier Erik Spickschen sein Macha-Macha, brachte Berlinern und ihren Gästen die japanische Teekultur näher, erklärte und servierte Matcha, Sencha, Kamairicha und Dokudamicha, veranstaltete im separaten Tatami-Matten-Raum Teezeremonien und lehnte – bleibende Erinnerung – jegliches Trinkgeld mit dem Hinweis ab, dass das in Japan nicht üblich sei.

Atsushi Shimizu gehörte zum Macha-Macha-Team und übernahm vor zwei Jahren – nachdem Spickschen seine Teestube geschlossen hatte – die Räumlichkeiten inklusive des kleinen Gartens. Der 46-jährige Gastronom aus Hyogo, einer Präfektur in Zentraljapan, änderte das Konzept, stieg von Tee (gibt es aber immer noch, nur nicht mehr in 35 Sorten) auf Sake, Shochu, japanischen Whisky und Naturwein aus dem Land der aufgehenden Sonne (gibt es dort tatsächlich) um.

Er ließ einen langen Tresen und zwei riesige Tische bauen, an die man sich natürlich nicht alleine setzt, sondern Suhl an Stuhl mit Bekannten oder Fremden, was irgendwie eine eigene Weltverbundenheit mit sich bringt. So wurde aus dem Macha-Macha das Shizuku, aus einem Platz für andächtigen Teegenuss ein Ort für Nomunication, dessen Name für die Sache steht. „Sie können Shizuku mit ‚kostbarer Tropfen‘ übersetzen“, sagt Ayami Awazuhara. Die 36-Jährige aus Nagano, einer Stadt, die durch die Olympischen Winterspiele 1988 bekannt wurde, ist ein künstlerisch-kulinarisches Multitalent. In Kyoto stand sie am Herd eines Kaiseki-Restaurants, in dem streng nach traditionellem Zeremoniell gekocht wurde. In Berlin studierte sie Grafik und Malerei an der Universität der Künste und gestaltete einige bemerkenswerte Bücher. Nun, im Shizuku, bereitet Ayami Awazuhara ein gutes Dutzend feiner Snacks zu, die bestens mit Atsushi Shimizus diversen Getränkeofferten harmonieren.

Drei Beispiele, die Lust auf das komplette Programm machen: Iwashi no nameru, das ist Sardinentatar mit Ingwer, Koriander und winzigen, in Pflaumenessig marinierten Kohlrabiwürfeln. Und weil Zero Waste in Japan keine Mode, sondern Tradition ist, folgt Iwashi no hone senbei: getrocknete und frittierte Sardinengräten. Schließlich das hierzulande schon bekannte Dashimaki, das japanische Omelett, das Ayami Awazuhara mit Ichiban Dashi, einer umamistarken Brühe, serviert (s. Teller auf Seite 45).
Derart eingestimmt, kann man sich nun in die Hände von Atsushi Shimizu und auf eine mehr oder weniger ausgedehnte Exkursion in die Welt des Sake, des Shochu oder des japanischen Naturweins begeben. Damit es dabei einigermaßen geordnet zugeht, hat der kundige Gastronom Degustationspakete gepackt: jeweils drei Sake– oder drei Shochu-Sorten, die kenntnisreichen Erläuterungen des Meisters gibt es gratis. Das ist spannend.

Spannender ist möglicherweise noch ein Ausflug in die Nippon-Naturwein-Welt. Shimizu empfiehlt dafür neben einigen weiteren Gewächsen vor allem die Weine des Flying-Winzers und Winemakers Yuki Nakano, der – wie viele seiner europäischen Kollegen – die reine Lehre vertritt. Das heißt: keinerlei Zusätze, nicht einmal Schwefel und vor allem keine Zuchthefen, die ihre gefälligen Aromen verbreiten. Uns jedenfalls begeisterte der ungefilterte Ajisai aus der Delaware-Rebe besonders – und so kamen wir schnell in den Nomunication-Modus…

SHIZUKU.
Hasenheide 16
10967 Berlin-Kreuzberg
Tel. 0159 – 01 36 53 44
www.shizukuberlin.de

AktuellBerlinjapanischMarkthalle24SektShizukuWein
Comments (0)
Add Comment