Die Fermentations-Freaks jubeln. Immer neue Titel über die Kunst des kontrollierten Vergammelns füllen die Regale und feiern den jüngsten Trend in den Hipsterküchen des 21. Jahrhunderts: Fermentation von Heiko Antoniewicz, Fermentieren von Kirsten und Christopher Shockey, Das Große Buch der Fermentation von Antonia Kögl, Die Kunst des Fermentierens von Sandor Katz. Sogar der berühmte Noma-Gründer René Redzepi und sein Fermentations-Lab-Guru David Zilber sahen den Markt und bereicherten ihn mit dem Noma-Handbuch Fermentation.
Und nun: Magic Fermentation von Marcel Kruse und Geru Pulsinger und natürlich die Frage – braucht die Welt das auch noch? Wir sagen ja, und um es gleich am Anfang zu schreiben, dieser 300-Seiten-Wälzer macht von der ersten Seite an so viel Spaß, dass man sofort beginnen möchte, eine Essigmutter zu züchten, Pink-Chi herzustellen oder Torshi Seer anzusetzen …
Das liegt wohl einerseits daran, dass Kruse und Pulsinger erfahrene Fermentatoren sind und zudem weit gereist und dass sie sich andererseits – im Gegensatz zu mancher Ratzfatz-Printe – Zeit für ihr Buch nahmen.
Hinzu kommt, dass die beiden Autoren mit dem Innsbrucker Löwenzahn Verlag einen Partner an der Seite hatten, der ex usu weiß, wie man kulinarische Themen be-und abhandelt. Nur am Rande: Ähnliches schrieb ich schon vor zwölf Jahren über das Esterházy-Kochbuch aus dem gleichen Verlag – für mich noch heute eines der inspirierendsten österreichischen Kochbücher.
Ebenso kenntnisreich und sorgfältig zubereitet ist nun auch der Titel Magic Fermentation. Der Band lässt keine Wünsche offen – außer, dass mein Lieblingsrezept nicht die Gnade der Aufnahme fand (nach Art der japanischen Umeboshi fermentierte unreife Aprikosen, für die ich bei jedem Grillabend Beifall bekomme).
Sein Inhalt ist eine Fundgrube für das Thema „Fermentieren“, mit viel Liebe zum Detail gestaltet und hervorragend rezeptiert. Überhaupt die Rezepte: Alle Zubereitungen sind verständlich beschrieben, die Einzel-Steps geben klare Umsetzungshilfen, die Zutatenangaben erscheinen exakt und die Gerichte sind mit überschaubarem Aufwand herzustellen. Kurz gefasst nennt man die Summe all dessen wohl hoher Gebrauchswert.
Hinzu kommen die Ninja-Tipps. Die beiden Fermentations-Kämpfer Marcel Kruse und Geru Pulsinger geben mit diesen Tipps wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse aus ihrer eigenen Fermentationspraxis preis – beispielsweise, dass man bei der Herstellung von Oi-Sobagi (Kimchi-Gurke) anstelle der Fischsauce des Originalrezepts getrost Sojasauce benutzen kann oder, dass sich beim Ansetzen von Wasserkefir mineralstoffarmes Wasser mit Hilfe von Backpulver oder einiger zerkleinerter Eierschalen remineralisieren lässt. Und allein dafür gehört Magic Fermentation in jede Küche.
1. Auflage 2021
29,90 Euro
ISBN978-3-7066-2686-6
Magic Fermentation
Fermentation, bis die Gläser überschwappen
Löwenzahn Verlag Innsbruck
www.loewenzahn.at