Gut Ogrosen: So gut kann Bio-Leinöl sein

Brandenburger Delikatesse, entdeckt im Hofladen des Gutes Ogrosen

Dieses Bio-Leinöl überzeugte uns auf ganzer Linie: einerseits durch seinen mild-buttrigen und leicht nussigen Geschmack und andererseits, weil die Leinsamen dafür nicht aus Kanada oder Kasachstan stammen, sondern im brandenburgischen Ogrosen am Rande des Spreewaldes geerntet, kaltgepresst und das Öl unfiltriert abgefüllt wurde. Deshalb: Unsere Brandenburger Delikatesse!

Auf zu einer kleinen Stippvisite

Dass wir uns auf den Weg nach Ogrosen gemacht haben, verdanken wir unserem Freund Hans. Er brachte uns von einem Spreewaldausfl ug besagtes Leinöl und eine „Kleine-Höfe-Zeitung“ mit, ein 16-seitiges Blättchen, darin ein Bericht über den Leinanbau auf Gut Ogrosen. Der Autor: Lucas Lütke Schwienhorst. Das exzellente Leinöl hatte unser Interesse geweckt, der Bericht tat ein übriges.

Eine herzliche Begrüßung

Ogrosen also, ein verwaltungstechnisch zu Vetschau gehörendes 200-Einwohner-Dörfchen im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. In der Ortsmitte die Kirche, das Spritzenhaus und der Gutshof.

Das „Empfangskomitee“: Lucas Lütke Schwienhorst und seine Frau Maddalena Sartori, Italienerin und Archäologin, der wir zwei interessante Tipps zum Thema verdanken. Doch dazu später mehr…

Schwienhorst, 35, hat an der TU Dresden und der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde Landwirtschaft studiert und leitet seit knapp zwei Jahren den Familienbetrieb Gut Ogrosen, der mit dem Milchschafhof Schafgarbe und dem Ziegenhof am Gut Ogrosen eine ökologische Höfegemeinschaft bildet.

Gut Ogrosen: 550 Hektar Acker und viele Tiere

Schwienhorst nennt Zahlen und Fakten: 550 Hektar Acker- und Grünland, die nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet werden, dazu 100 Hektar Wald. 120 Milchkühe der bedrohten Zweinutzungsrasse Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind mit ihren Kälbern, rund 500.000 Liter Milch jährlich. Heumilch, weil die Tiere im Winter nicht mit Silage, sondern ausschließlich mit Heu gefüttert werden.

Der Landwirt zeigt uns nicht ohne Stolz die riesige Heuscheune mit der ausgeklügelten Belüftungsanlage, den bestens bestückten Hof-laden und – eine Baustelle. „Hier entstehen“, so Schwienhorst, „eine neue Käserei und ein Ziegelgewölbekeller für die Hartkäsereifung.“ Es gibt Ferienwohnungen, ein stattliches Herrenhaus, ein Verwalter- und ein Landarbeiterhaus sowie einen Gutspark – die gesamte Anlage stammt aus dem 18. Jahrhundert und steht unter Denkmalschutz.

Eine Führung über das Gut

Neben dem Futter fürs liebe Vieh bauen die Ogrosener Bio-Land-wirte in weiter Fruchtfolge Konsumgetreide, Ölfrüchte und boden-aufbauende Zwischenkulturen an: Hafer, Weizen, Dinkel, Roggen und Wickroggen, Hirse, Amarant, Buchweizen, Körnermais, Serradella, Sonnenblumen und Lein.

Des Leins wegen sind wir gekommen. „Obwohl sich Leinöl großer Beliebtheit erfreut, wird nur der kleinste Teil des Leins dafür regional angebaut. Die Leinsamen, die hier gepresst werden, kommen über-wiegend aus Osteuropa, Kanada oder China, weil dort die Ware günstiger produziert wird und somit billiger verkauft werden kann.

Zu den derzeit angesagten Importpreisen können die meisten heimischen Landwirte keine Leinsaat produzieren.“ Ein Zitat aus dem Artikel, den Lucas Lütke Schwienhorst in der „Kleinen Höfe-Zeitung“ publiziert hatte. Er beließ es jedoch nicht dabei, sondern entschied gemeinsam mit seinem Team, selbst Öllein zu kultivieren, zu pressen und das Öl regional zu vermarkten. Stichwort Nachhaltigkeit.

Und weil Bauern in der Regel keine großen Zauderer sind, ging es bereits 2021 frisch ans Werk. Lucas Lütke Schwienhorst notierte: „Die Ernte verlief erstaunlich gut, wir konnten von drei Hektar Fläche rund 3.000 Kilogramm Lein einbringen – was in etwa 800 Liter Öl entspricht.“ Zufrieden war Schwienhorst auch mit den Ergebnissen der Laboruntersuchung: „Die Resultate waren hervorragend, ledig-lich beim Bitterstoffgehalt des Öls gab es kleine Abzüge.“ Derart ermutigt, beschlossen die Bio-Bauern des Gutes Ogrosen, den Anbau 2022 fortzusetzen.

Eine Fahrt auf dem Mähdrescher

Schwienhorsts Einladung, bei der Ernte in diesem Jahr dabeizusein, folgten wir gerne. Termin: der letzte Julifreitag. Wie schon wochen-lang ist die Hitze auch an diesem Tag außergewöhnlich, geregnet hat es seit Ewigkeiten nicht. Die Landwirte befürchten das Schlimmste. Der menschengemachte Klimawandel erzeugt zunehmend extreme Wetterphänomene, in dieser Gegend Brandenburgs sind es Dürren, die an Dauer zunehmen.

Jonas Köster steuert den hochmodernen Mähdrescher. Er studiert Ökolandbau an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Ebers-walde und absolviert auf dem Gut Ogrosen ein Praktikum. Seine Prognose: „Zumindest auf diesem Schlag wird’s nicht viel.“ Er sollte Recht behalten. Am Ende des Tages befinden sich 1.140 Kilogramm Lein im Bunker des Mähdreschers. Das entspricht einem Hektarertrag von rund 600 Kilogramm.

Dürre und Klima sind auch auf Gut Ogrosen ein Thema

„Unter den gegebenen Umständen sind wir zufrieden“, teilt uns Lucas Lütke Schwienhosrt nach Abschluss der Ernte mit. „Wir haben in diesem Jahr 7,5 Hektar mit Lein bestellt – sechs Hektar mit braunem und 1,5 Hektar mit sogenanntem Goldlein – und insgesamt rund 6.600 Kilogramm geerntet, die wir immer frisch nach Bedarf pressen.“

Trotz des Ogrosener Beispiels und des etlicher anderer Land-wirtschaftsbetriebe vor allem in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen (insgesamt wurde in Deutschland 2021 auf 5.200 Hektar Öllein angebaut) kann der Bedarf der Ölmühlen hierzulande an Lein-saat für die Speiseölherstellung – bio wie konventionell – nicht annähernd gedeckt werden.

So müssen derzeit jährlich 25.000 bis 30.000 Tonnen vor allem aus Kanada, Kasachstan, Belgien und anderen Ländern importiert werden – gar nicht zu reden von den 150.000 bis 185.000 Tonnen, die in der chemischen Industrie als wichtiger Grundstoff für umweltgerechte Farben und Lacke sowie für die Linoleumproduktion benötigt und ebenfalls eingeführt werden.

 

Demeter-Gut-Ogrosen
Ogrosener Dorfstraße 35
03226 Vetschau OT Ogrosen
Tel. 035436 – 218
www.gut-ogrosen.de

 

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