Bar Raval – Das Tapas-Paradies am Görli

Ein Tag mit dem fröhlichsten Serviceteam Kreuzbergs!

Ein paar Adressen sollte der Stadtmensch stets griffbereit haben: die eines menschenfreundlichen Zahnarztes, die eines Freundes oder einer Freundin, die gut und geduldig zuhören können – und die eines kulinarischen Ortes, wo man sich mal eben auf ein Glas Wein und ein paar feine Kleinigkeiten treffen und auf wunderbare Art die Zeit dahinziehen lassen kann. Für Letzteres: die Bar Raval.

Eine Tapas-Bar in Kreuzberg, die keins der üblichen Spanien-Klischees bedient – Flamenco, Stierkampf und Fiesta – in der kein Folklore-Kitsch die Wände ziert und in der tatsächlich spanisch gesprochen, gegessen, getrunken und bezahlt wird.

So sahen das auch die Inspektoren, die im Auftrag des spanischen Ministeriums für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung, der König­lichen Akademie für Gastronomie, des Verbandes der Köche Spaniens und weiterer Institutionen weltweit unterwegs sind, um spanische Bars und Restaurants außerhalb Spaniens zu testen.

Restaurants from spain

Die Kriterien: ein Konzept, das die Besonderheiten der spanischen Gastronomie widerspiegelt; Köche, die eine authentische spanische Qualitätsküche zubereiten und Servicemitarbeiter, die spanische Gastlichkeit im Allgemeinen und spanische Weinkultur im Besonderen vermitteln. Sind die Kriterien erfüllt, wird ein vom spanischen Außen­handelsinstitut ICEX  ins Leben ge­rufenes Gütesiegel verliehen: Restaurants from spain.

Insgesamt 170 Bars und Restaurants in 30 Ländern bekamen bisher dieses Siegel überreicht, elf davon in Deutschland, darunter auch die Berliner Bar Raval. Dass die Mannschaft dort das amtliche Gütezeichen sichtbar für Jedermann aufgehängt hat, beweist, wie stolz sie darauf ist.

Küchenchef Matias Kaplan

Eine Bar, die heimischer nicht sein könnte

„Diese Bar könnte genauso gut irgendwo im Raval stattfinden“, urteilt Ana Guilera, Studentin aus Barcelona, die für einen Wochen­endtrip nach Berlin gekommen ist, „das Einzige, was hier anders ist, betrifft die Ordnung.“ In ihrer Heimatstadt kämpft man sich normaler­weise durch eine Menschenmenge zur Bar, ergattert einen Teller und isst im Stehen.

Übrigens: Das Raval, Namensgeber der viel gelobten Bar an der Ecke Görlitzer / Lübbener Straße im Szenebezirk Kreuzberg, ist ein Einwandererviertel im Süden der katalanischen Hauptstadt Barcelona, das noch Anfang des 20. Jahrhunderts den Beinamen „barrio chino“ (chinesisches Viertel) trug – in Anlehnung an die Chinatowns in amerikanischen Großstädten.

Mit der Sanierung in den 1990ern entstanden einige der heutigen Wahrzeichen des Raval, etwa das Museum für zeitgenössische Kunst MACBA. Das Viertel avancierte zu einem Treffpunkt der Mode- und Musikszene und zu einem der beliebtesten Ausgeh- und Partybezirke Barcelonas, es hat aber auch ein drängendes Gentrifizierungspoblem. Kreuzberg lässt grüßen…

Katalanischer Weingenuss in der Bar Raval

„Nix Barca“, erklärt Matias Kaplan mit einem Seitenblick auf den TV-Bildschirm unter der Decke, „nix Barca – Boca!“ Der 33-jährige Küchenchef ist natürlich auch Fußballfan, stammt aber, wie sein Sous Chef Santiago Torres und die meisten anderen Mitarbeiter der Küchenbrigade auch, aus Argentinien. Deshalb also ist nicht der FC Barcelona der Nabel der kickenden Clubwelt, sondern das sind klipp und klar die Boca Juniors aus Buenos Aires.

Küchenmäßig ist Kaplan selbstverständlich ganz auf spanischer Linie und serviert sowohl schlichte Basics wie Oliven, Manchegokäse, Pimientos de Padrón als auch die berühmten Patatas Bravas, ge­bratene Kartoffelspalten mit Alioli und Salsa Brava.

Es gibt gegrillten Oktopus mit lila Kartoffeln und kanarischer Mayo oder Tataki vom legendären Iberico-Schwein… Jedes dieser kleinen, bunten Gerichte ist Versprechen und Erfüllung zugleich – Erfüllung jetzt, Vorfreude auf das, was noch kommt.

¿Te Vienes de Tapas Por Espana?

Lust auf eine Tapas- Runde in Spanien?, fragt zudem eine zweite Karte und präsentiert jeden Monat typische Tapas aus einer anderen Region des Landes: Saubohnen mit Schinken und gebeiztem Eigelb aus Andalusien zum Beispiel oder Sobrasada (Paprikawurst) mit Auberginen und karamellisiertem Ziegenkäse von den Balearen…

„Katalanisch lässig, was die Atmosphäre betrifft, das mag schon sein“, hatte Geschäftsführer Marc Hanke ein bisschen an unserem Titel für diesen Bar-Raval-Bericht rumgemäkelt, „aber was unsere Gerichte und erst recht die Getränke betrifft, da sind wir schon ‚tipico español‘, wenn ihr versteht, was ich meine, also in ganz Spanien unterwegs.“

Wir haben verstanden, getränketechnisch allemal und werfen einen Blick auf die Weinofferten der Bar, die Hanke – auch ein ebenso kompetenter wie eloquenter Sommelier – in regelmäßigen Degustationen zum Thema macht.

Rotwein, Tapas, und alles was das Herz begehrt

Die Karte ist übersichtlich, preislich im Kreuzberger Rahmen und listet auf, was der Mensch so braucht: ein paar frische Weißweine aus den D. O.-Anbaugebieten Rias Beixas, Ribeiro und Monterrei in Galizien zum Beispiel und einige ausgewogene Rotweine, etwa aus den D. O. Ca.-Regionen Rioja in Nordspanien und Priorat in Katalonien (Die Kürzel D. O. Ca. und D. O. übrigens sind geschützte Herkunfts­bezeichnungen und die beiden höchsten im spanischen Weingesetz festgelegten Qualitätsstufen.)

Wem das alles zu weinig ist, der kann zwischen galizischem, kata­lanischem und Berliner Rollberg-Bier wählen oder – er vertraut einfach der respektablen Gin-Karte von Jaime Pazos und seinen Mixkünsten. Siebzehn Sorten sind aufgelistet, darunter sieben spanische.

In der Bar Raval gibt´s Wohlfühlen inklusive

Einen Titel bekommt diese Truppe gleich mal vorab: Es ist das fröhlichste Serviceteam mindestens in Kreuzberg. Vergessen der steif-distinguierte Maître vom letzten Wochenende und der ver­krampfte Kumpelkellner vom Wochenende davor, vergangen der Frust über den nervigen Food-Animateur gestern und den erklär­wütigen Wein-Präsentator vorgestern – in der Bar Raval scheint die allererste Service-Pflicht die Schaffung einer Rundum-Wohlfühl­atmosphäre zu sein.

Und das gelingt den vorwiegend jungen Leuten bestens – nicht, weil sie irre locker und dabei wahnsinnig besonders sind, sondern weil sie auf Natürlichkeit und Empathie setzen. Besser eigentlich: weil sie natürlich und empathisch sind, sozusagen von Hause aus. Spanisches Naturell oder gute Personalwahl? – keine Ahnung.

Chef der fröhlichen Schar ist Ventsislav Stoev, genannt Vents. Der 34-Jährige stammt aus Russe in Bulgarien, verbrachte aber als Aus­wandererkind die meiste Zeit seines Lebens in Spanien – in Madrid und Santa Cruz de Tenerife – lernte den Beruf des Restaurantfach­manns, kam vor vier Jahren nach Berlin und heuerte in der Bar Raval als Tresenmann an.

2021 schließlich avancierte er zum Restaurant­leiter. „Mi mano derecha“, sagt Geschäftsführer Marc Hanke, „meine rechte Hand.“

Restaurantleiter Ventsislav Stoev

 

Es gibt viel zu feiern, manchmal ist es nur die Nachbarschaft

Udo schleppt Tische und Bänke und befasst sich mit der Luftballon-Dekoration, Vents buckelt Paellapfannen und Gasflaschen und kümmert sich um die Installation, Marc stapelt Teller und Tassen und beschäftigt sich mit einem widerspenstigen Flaschenöffner – und Alison gibt Auskunft, wozu der ganze Stress an einem sonnigen Samstagnachmittag gut ist. Kindergeburtstag? Klassentreffen?

„Weder noch“, sagt Alison, „wir feiern heute Nachbarschaftsfest.“ Marc und sie hätten vor ein paar Wochen die Idee gehabt, nun soll die Premiere steigen. Wer zwischen Lübbener und Sorauer Straße wohnt, ist eingeladen, und wer sonst noch kommt, darf auch bleiben. Es gibt Paella à la Raval, kalte Getränke und gute Gespräche. „Man sieht sich, man grüßt sich, aber man kennt sich nicht“, Marc Hanke hält ein Plädoyer für mehr menschliche Nähe.

¡Por la buena convivencia! – Auf gute Nachbarschaft!

 

Bar Raval
Lübbener Straße 1
10997 Berlin-Kreuzberg
Tel. 030 – 53 16 79 54
www.barraval.de

 

Ein spannendes Interview mit Marc Hanke findet ihr hier!

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