Zu Gast in der Bar Skål

Bar Skål by Munch´s Hus

Viele haben den Wunsch, spätestens mit 35 a) ein eigenes Unternehmen zu führen, b) sich kreativ verwirklichen zu können und c) bereits auf berufliche Erfolge zurückzublicken. Das soll jetzt nicht wie die Trauerrede eines nicht mehr 35-Jährigen klingen, aber man muss die Gastronomin Angelika Koryluk einfach bewundern, dass sie alle diese Punkte inzwischen abhaken kann, obwohl ihr an den magischen 35 sogar noch zwei Jahre fehlen.

Angelika Koryluk stammt aus Polen, kam 2014 nach Berlin und beendete hier ihr in Breslau begonnenes Physik-Studium. Der nächste Schritt bedurfte nur der Antwort auf die Frage: „Wohin – Forschungsinstitut oder Industriebetrieb?“ Die Türen standen der graduierten Naturwissenschaftlerin überall offen. Doch die hatte sich längst entschieden. „Ich wollte endlich mein Traum leben“, sagt sie, „eine kleine Bar, ein nettes Café, ein freundlicher Allzeit-Treffpunkt, Cocktails, Weine, ein paar bunte Gerichte, sowas eben.“

Unterstützung bekam sie von ihrem Partner, einem stadtbekannten Gastronom und Küchenchef. „Wir saßen irgendwann mit einem Liter Mojito auf der Terrasse eines Ferienhauses in Torrevieja an der Costa Blanca und schmiedeten einen Plan“, erzählt Kenneth Gjerrud, „und am Ende war das Projekt ‚Skål by Munch’s Hus‘ fix und fertig.“

Gierrud, 49, ist gebürtiger Norweger aus Drammen in der Nähe von Oslo, den es 1994, nach Abschluss seiner Kochlehre, nach Berlin verschlagen hatte. Hier snd er in den damals besternten Restaurants Bamberger Reiter und Zum Hugenotten neben Franz Raneburger und Peter Müller am Herd, bis er sich 2001 mit Munch’s Hus am Bülowbogen selbstständig machte. Er servierte den Berlinern Elchbraten, Lengfilet und Trollcreme, betreute zeitweilig auch das Restaurant der Nordischen Botschaften in Tiergarten und erlangte so eine gewisse Bekanntheit, die nun mittels Namensgebung dem neuen Laden seiner Lebensgefährtin auf die Sprünge helfen sollte. Deshalb also Skål by Munch’s Hus und nicht Bar Angelika.

Wann eröffnete die Bar Skål?

Das Jahr 2022 brachte dann den höchst erfreulichen Zugang an der Charlottenburger Gastro-Front. Am 22. Januar eröffneten Angelika Koryluk und Kenneth Gjerrud nahe des Karl-August-Platzes ihr Skål by Munch’s Hus. Die auf den ersten Blick nicht weiter ins Auge fallende Bar ist ein symphatisch unschnöselhafter Treffpunkt mit heimeliger Zufluchtsatmosphäre, irrer Weinauswahl, skandinavischer Cocktailofferte à la Nordic Mule, Nordic Sour oder Nordic Cosmopolitan und – wie zu erwarten – feiner Küche der bodenständig-kreativen Art. Der stärkste Faktor an diesem kleinen Lokal allerdings ist Angelika. Die junge Frau, die schon ein bisschen rumgekommen ist in der Welt, ist eine wirklich hervorragende Gastgeberin, charmant, witzig, und – was die höchst umfangreich angebotenen Weine betrifft – überaus kenntnisreich. Rund 300 Gewächse sind in der Weinkarte versammelt, Schwerpunkt Deutschland, 80 davon werden auch offen angeboten. Ein guter Zug!

Bei der deutschen Offerte finden sich ein paar Kultweine zu nachvollziehbaren Preisen, das Gros der Bouteillen allerdings bewegt sich in jenen Dimensionen, die das Verweilen im Skål bis zum nächtlichen Betriebsschluss kurzweilig machen. Wir degustieren uns sechzehntelweise durch die weiße Pfalz; ein beeriger Grauburgunder vom Spitzenweingut Friedrich Becker in Schweigen, eine Cuvée Pin: Ox – Pinot blanc, Auxerrois, Chardonay – von Christian Nett, Weingut Bergdolt – Reif&Nett, ausbalanciert und harmonisch sowie „Scheu…aber geil!“, eine Scheurebe vom Weingut Emil Bauer und Söhne in Nußdorf. Kein pappiger Oma-Wein, sondern fein stachelbeerig und nicht weniger chic als der dann folgende große Aromawein-Bruder Sauvignon blanc, hier eine Kreszenz vom Weingut Wohlmuth aus der Südsteiermark.

Dazu serviert Kenneth Gjerrud ein Brett mit nordischen Tapas: Lachstatar, Sild, Skagen- und Rotkrautsalat, warm geräucherter Lachs, verschiedene Saucen…

Gjerruds Idee: Große wird klein serviert. Legendär der marinierte und zwölf Stunden bei Niedrigtemperatur gegarte Schweinebauch, nicht zu verachten auch die Köttbullar, die traditionellen skandinavischen Fleischbällchen, die kräftig mit Thymian gewürzt und klassisch mit Ligonsylt, einem Kompott aus gekochten Preiselbeeren serviert werden. Wer blöderweise gerade auf Diät ist, wärmt die Seele einfach am Anblick einer Trollcreme oder einer nordischen Waffel und bestellt dann halt nur einen Negroni nach Art des Hauses – Linie Aquavit, Carpano Bitter, Vermouth Rosé. Also dann, Skål!

Skål by Munch´s Hus
Krumme Str. 39
10627 Berlin

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