Neuzelle – aus Liebe zur Kartoffel

Heute sind wir zu Besuch bei der Agrargenossenschaft Neuzelle. Vor einiger Zeit waren wir schon einmal in dieser Gegend unterwegs und haben Land und Leute lieben gelernt (garcon24.de/2019/10/14/ein-besuch-im-klosterhotel-neuzelle).

Die 4.300-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Oder-Spree ist ein staatlich anerkannter Erholungsort und durch sein Zisterzienserkloster weit über Brandenburgs Grenzen hinaus bekannt. 1268 von Markgraf Heinrich von Meißen gestiftet und im 17. und 18. Jahrhundert in ein repräsentatives Barockensemble umgebaut, gehört die Klosteranlage mit ihren beiden Kirchen zu den größten barocken Kunstdenkmalen im Norden Deutschlands.

Zudem hat Neuzelle auch kulinarisch einiges zu bieten:

Neben der Klosterbrauerei, die vor allem mit untergärigen Bieren wie dem Schwarzbräu „Schwarzer Abt“ und diversen Wellness-Bieren von sich reden macht und dem viel gelobten Restaurant Wilde Klosterküche mit seiner kreativen Regionalküche gehört dazu auch die Agrargenossenschaft Neuzelle, die Wurst- und Fleischspezialitäten sowie erstklassige Feinkost-Salate produziert.

Die Agrargenossenschaft, vor 33 Jahren auf dem Territorium von fünf ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der DDR gegründet, ist ein klassischer Mehrfamilienbetrieb mit beträchtlichen Dimensionen. Vorstandsvorsitzender Frank Matheus zeigt auf einer Flurkarte das so genannte Bewirtschaftungsterritorium, das sich über 18 Ortschaften des Amtes Neuzelle und der Stadt Eisenhüttenstadt erstreckt und nennt dessen Größenordnungen: rund 5.500 Hektar Acker- und Grünland, darunter 800 Hektar, die biologisch bewirtschaftet werden, 250 Hektar Wald, Rinder- und Schweinehaltung, eine Biogasanlage, eine Landfleischerei mit eigener Schlachtung, ein Kartoffelschäl- und Verpackungsbetrieb sowie der Neuzeller Bauernmarkt mit eigener Küche für Frühstücks- und Mittagsofferten.

„Alles aus einer Hand“, erklärt Matheus dann noch sichtlich stolz, „das war schon das Credo der Genossenschaftsgründer, und von diesem Weg werden wir auch in Zukunft nicht abweichen.“

Die Salatküche

Im gleichen Gebäude, ein paar Gänge und Türen weiter, befindet sich die Salatküche der Agrargenossenschaft. Derzeit werden hier elf Salate produziert – keine exaltierten Kreationen, in denen sich nicht genügend ausgelastete Spitzenköche mit exotischen Beigaben austoben durften, sondern schlichte Hausmacher-Zubereitungen mit regionalen Zutaten. „Die Idee, aus vorwiegend eigenen Produkten Salate herzustellen, entstand vor vier Jahren“, so Frank Matheus, „wir investierten in diese Manufaktur und brachten noch im gleichen Jahr unseren Brandenburger Kartoffelsalat auf den Markt.“
Der Erfolg sprach für den Klassiker aus Neuzeller Kartoffeln, Spreewälder Gurken und Zwiebeln sowie der bekannten Kunella-Mayonnaise aus Cottbus; der Verzicht auf Farb- und Konservierungsstoffe, Säureregulatoren und Verdickungsmittel tat ein Übriges. Kein Wunder, dass die Einkäufer der Edeka-Gruppe auf das geschmacksstarke Regionalprodukt aufmerksam wurden und es für etliche ihrer Märkte in Brandenburg und Berlin listeten.

„Nicht nur bei unserem Kartoffelsalat und dem auf dessen Basis durch die Zugabe von Salami und Ei entstandenen Frankfurter Salat, auch bei Fleisch- und Rindfleischsalat sowie bei den verschiedenen Gemüsesalaten waren uns von Anfang an geschlossene Kreisläufe wichtig“, erklärt Vorstandsvorsitzender Matheus, „weil sie die beste Kontrolle über Beschaffenheit und Qualität der Grundprodukte gewährleisten.“

Ein gutes Beispiel dafür ist der Neuzeller Fleischsalat

Während für die meisten Industrieprodukte gleichen Namens eine so genannte Fleischsalatgrundlage – eine billige Mischung aus Bindegewebe, Milcheiweiß, Kartoffelfasern, Stärke, etlichen Zusatzstoffen aus dem Chemiebaukasten und Wasser – verwendet wird, haben die Produktentwickler der Agrargenossenschaft für ihren Fleischsalat eine spezielle Fleischwurst kreiert, die neben Schweine- auch Rindfleisch enthält und besonders gewürzt wird. „Der Salat erhält dann auch keine weitere Würzung“, so Frank Matheus, „besteht also ausschließlich aus unserer Fleischwurst und der Kunella-Delikatess-Mayonnaise.“

Wir fahren mit dem Vorstandsvorsitzenden der Neuzeller Agrargenossenschaft zu einer großen Halle auf dem Lindenpark-Gelände. Darin: eines der größten Investments des Unternehmens – die Kartoffelschäl- und Verpackungsanlage.

Die gelbe Knolle

Auf derzeit rund 50 Hektar ihrer Ackerfläche baut die Genossenschaft Kartoffeln an. Dabei setzen die Spezialisten des Betriebes neben der Traditionssorte Laura vor allem auf die erst in den letzten beiden Jahrzehnten zugelassenen Sorten Soraya und Wega. „Beide Sorten sind übrigens deutsche Züchtungen aus Mecklenburg-Vorpommern“, so Frank Matheus, „so genannte Low-Input-Sorten, die ihre relativ hohen Erträge mit weniger Nährstoffen und Wasser erreichen als andere Sorten und selbst bei Trockenheit noch respektable Erträge liefern.“ Der Diplom-Agraringenieur und bekennende Kartoffel-Fan ist in seinem Element. „Soraya und Wega“, fügt er hinzu , „sind mittelfrüh reifende, attraktive gelbfleischige Speisekartoffeln.“

Uns interessieren allerdings mehr der Geschmack und die küchentechnischen Eigenschaften der beiden Sorten. Und auch da kennt Matheus seine Knollen bestens: „Sowohl Soraya als auch Wega sind vorwiegend festkochende Kartoffeln mit rund elf Prozent Stärke, beide schmecken hervorragend, sind cremig, zergehen zart schmelzend auf der Zunge, wobei Wega noch einen leicht süßlichen Touch mitbringt.“ Einmal bei der Sache, setzt der Kartoffelprofi seine Aufzählung der positiven Eigenschaften fort und nennt noch die stabile, ovale Form, die glatte Schale sowie die flachen Augen. „Deshalb sind beide Sorten so außerordentlich gut für die maschinelle Schälung geeignet.“

Das, was die riesige Schälmaschine ausspuckt, belegt die Lobeshymne des Vorsitzenden: makellos geschälte, sattgelbe Kartoffeln, die an Caterer, Kantinen und – zweimal wöchentlich – an die Berliner Justizvollzugsanstalten geliefert werden. Und die natürlich als wichtigste Zutat den Neuzeller Kartoffelsalat zu dem macht, was er ist.

Ubrigens: Die Agrargenossenschaft Neuzelle kam auf den dritten Platz des pro-agro-Marketingpreises in der Kategorie Direktvermarktung 2024.

Agrargenossenschaft Neuzelle eG
Lindenpark 1
15898 Neuzelle

Platz 1 des pro-agro-Marketingpreises: Lieblingsmist aus Falkenthal

Platz 2 des pro-agro-Marketingpreises: Baumkuchen aus Altdöbern

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