Interview mit Björn Moschinski
Björn Moschinski, geboren 1980 in …, absolvierte eine Ausbildung zum Energieelektroniker und studierte anschließend Grafikdesign. Mit 14 wurde er Vegetarier – ein Bravo-Artikel gab damals den Anstoß – ein Jahr später Veganer. „Schnell merkte ich, dass niemand glauben wollte, wie schmackhaft veganes Essen sein kann, also begann ich für andere zu kochen“, erinnert sich Moschinki.
2001 gründete er sein Unternehmen Herbivore Catering, absolvierte einige Praktika im vegetarischen à-la-carte-Bereich klassischer Sternerestaurants und wurde 2008 Küchenchef im ersten Berliner-Vegan-Restaurant La Mano Verde. Heute betreibt Moschinski mit dem Kopps und dem Mio Matto zwei eigenen vegane Restaurants, arbeitet als Kochcoach, organisiert Kochschulen und schreibt Kochbücher – immer natürlich mit dem Attribut vegan.
Der Vegetarierbund setzt sich mit seinem europaweiten Ausbildungsprogramm „Vegucation“ für eine Weiterbildung von Köchen zum Veggie-Koch ein. Später soll eine Eigenständige Ausbildung erfolgen. Wie sehen Sie dieses Projekt?
Meiner Meinung nach ist diese Ausbildung oder Weiterbildung zum vegetarischen Koch überflüssig. Jeder Koch kann vegetarisch kochen – da ist nichts besonderes dabei. Die vom Vegetarierbund geforderte Veggie-Koch-Ausbildung zielt eigentlich am Ziel vorbei und ist für mich weder attraktiv noch zukunftsweisend.
Was wäre es dann?
Ich wiederhole es noch einmal, im deutlich zu machen, was ich meine: Einem Koch der eine „normale“ Ausbildung nach IHK-Standart absolviert hat, fehlen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten der vegetarischen, sonder der veganen Küche. Es mangelt an grundlegenden Produktkenntnissen, die in der veganen Küche aber essentiell sind: Welche „Milch“ kann ich verwenden, welche „Sahen“ ist vegan, welche Ei- oder Gelantinealternativen eignen sich für meine Gerichte und sind zudem auch noch schmackhaft.
Vegetarische Küche heißt streng genommen: Weglassen von tierischen Produkten. Wenn man vegan kocht, fallen viele Produkte weg, dass man nach guten und leckeren Produktalternativen suchen muss. Der Veganer gibt sich mit der reinen Gemüseküche nicht zufrieden. Mein letzter Chef sagte treffend: „Vegan ist das neue Vegetarisch“. Damit hat er definitiv recht.
Also noch einmal gefragt – das Projekt „Vegucation“ ist nur der halbe Weg?
Nein, es ist der falsche Weg. Sinnvoll wäre eine vegane Kochausbildung ohne vegetarische Zwischenstation. Die ist für die Katz. Ich könnte es mir ungefähr so vorstellen:
Eine gleiche Grundausbildung für alle Kochlehrlinge für höchstens ein Jahr – würde eine vegane Spezialisierung folgen, fortschrittlich und konsequenter wäre allerdings eine rein vegane Kochausbildung von Anfang an, also ohne die Verarbeitung von tierischen Produkten.
Das heißt aber, dass insgesamt die Kochausbildung erweitert werden müsste.
Grundlegend. Ich sage Ihnen nur ein Beispiel. Das Mio Matto ist als IHK-Ausbildungsbetrieb zertifiziert worden. Unser Kochazubi ernährt sich pflanzlich, kocht vegan – muss aber aufgrund von IHK-Vorgaben derzeit noch für 42 Wochen in einem Fleischrestaurant lernen, um seinen anerkannten IHK-Abschluss zu erhalten. Noch Fragen?
Ja, noch eine. Gibt es denn überhaupt genügend Ausbilder für die vegane Küche?
Derzeit? Nein. Die IHK-Ausbilder verfügen weder über eine weitreichende und umfassende Ausbildung noch über Unterrichtsmaterialien, um die veganen Kochlehrlinge zu schulen. Es fehlt hier schlichtweg an theoretischer und praktischer Erfahrung.
Wer soll die Leitlinien, Lehrpläne und deren Inhalt festlegen? Wer unterrichtet in den Berufsschulen Fächer wie Fachkunde, Warenkunde, Kochen? Und ich rede hier noch gar nicht von der Getränkekunde – von veganen Weinen, Säften usw. Es müssen also viele Fragen beantwortet werden, um staatlich anerkannte Lösungen zu finden, weil die vegane Küche kein kurzlebiger Trend ist, sondern sich etabliert hat und für viele Menschen zunehmend attraktiv wird.
Das Restaurant ist leider dauerhaft geschlossen!
miomatto Restaurant
Warschauer Straße 33
10243 Berlin-Friedrichshain