Fischexperte verlässt Gerswalde
Kulinarisches Entwicklungsland
Die Uckermark wird häufig mit dem Saarland verglichen. Viel haben der größte Landkreis und das kleinste Bundesland allerdings nicht gemeinsam – eigentlich außer der Größe gar nichts. Die gewaltigsten Unterschiede gibt es in Genussfragen. Im Saarland spielte französisches Savoir-vivre und damit die Wertschätzung guter Küche schon immer eine wichtige Rolle. In der Uckermark dagegen herrscht von alters her die kulinarische Kargheit Preußens. Und während sich zwischen Saarbrücken und Weiskirchen gleich ein halbes Dutzend erstklassiger Gourmetadressen drängelt, muss man zwischen Prenzlau und Templin selbst eine passable Landhausküche mit der Lupe suchen. Das mag wohl auch der Grund dafür sein, dass – wenn von der kulinarischen Uckermark die Rede ist – meist zuerst Gerswalde genannt wird.
Beliebtes Ausflugsziel
Die 1.600-Einwohner-Gemeinde ist ein beliebtes Ausflugsziel mit vielen Sehenswürdigkeiten. Das ehemalige Schloss derer von Arnim beherbergt heute ein Jugendheim mit handwerklichen Ausbildungsstätten. Die Ruine der mittelalterlichen Wasserburg wurde in den 1990ern aufwändig saniert. Es gibt ein Fischereimuseum, eine Heimatstube, eine Wehrkirche, und es gibt den Großen Garten. Man findet ihn auf dem Gelände der früheren Schlossgärtnerei: Mit seinen gastronomischen Angeboten – dem Café „Zum Löwen”, der Bar „Paradieschen” und dem Gartenlokal „Glut und Späne” – gilt er als das kulinarische Nonplusultra der Uckermark.
Fischfarmer mit Problemen
Tatsächlich Furore macht hier aber nur Michael Wickert. Inzwischen muss man sagen „machte”, denn Wickert wird am Jahresende seine Zelte in Brandenburg abbrechen, dazu gleich mehr. Der 40-jährige Agrar- und Fischereiwissenschaftler forschte während seines Studiums auf Fischfarmen in Australien, Brasilien, Südafrika und der Schweiz. Nach dem Studium leitete er zwei Jahre lang eine Forellenzucht in der Normandie. 2016 kam er – via Markthalle Neun – nach Gerswalde. Hier etablierte er seine Fischräucherei und ein Fischbistro, und hier wäre er auch gern geblieben. Doch der Klimawandel machte seine beruflichen Pläne zunichte. Wickert hatte sich vorgenommen, selbst eine Fischerei zu betreiben. Aber die Tatsache, dass rund um Gerswalde in kurzer Zeit drei Fischereibetriebe schließen mussten, ließ ihn nachdenklich werden.
Von der Uckermark in den Schwarzwald
„In der Region wird es immer wärmer und trockener”, berichtet er. „Dadurch, so Wickert weiter, „verlieren die Seen viel Wasser – der Wasserspiegel des Gelandsees rund 20 Kilometer südlich von Gerswalde beispielsweise, ist in den letzten drei Jahren um 70 Zentimeter gesunken. Das sind 70 Millionen Liter Wasser weniger.” Er spricht über die Folgen, über das Algenwachstum, das begünstigt wird und über die steigende Bildung von Geosmin, einer Substanz, die einen modrigen Geschmack verursacht. „Da kannst du räuchern soviel du willst, der bleibt.” Im Süden, etwa im wasserreichen Schwarzwald, hofft er nun auf bessere Bedingungen für sein Vorhaben.
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