Udine Food-Festival: Zweite Station
Zweite Station: LA TAVERNA IN COLLOREDO DI MONTE ALBANO
Auf der Fahrt in die normalerweise keine zwanzig 20 Autominuten nordwestlich von Udine gelegene 2.000 Einwohner-Gemeinde erfahren wir, was es mit der Tatsache auf sich hat, dass die Region die regenreichste ganz Italiens ist. Der Himmel hat alle Schleusen geöffnet, unser Taxi braucht für die Strecke die doppelte Zeit. Das Restaurant La Taverna hat sein Domizil in einem stattlichen historischen Anwesen und gilt – seit 17 Jahren mit einem Michelin-Stern geehrt – als eine der besten kulinarischen Adressen der Gegend. „Wir hatten in unserem Haus schon jede Menge Gastköche“, so Küchenchef Fabio Adriani, „aber so viel geballte kulinarische Prominenz wie an diesem Abend war tatsächlich noch nie hier.“
Also dann – ladies first – da ist zuerst Pia León. Die 35-Jährige kam nach ihrer Ausbildung in Lima und Stationen in Madrid und New York 2010 zurück in ihre peruanische Heimat und ergatterte einen Job in Virgilio Martínez´ Central. Sie arbeitete an der Seite des Spitzenkochs und wurde dessen Lebensgefährtin. 2020, nach dem Umzug des Central aus dem Stadtteil Miraflores in das Barranco-Quartier eröffnete sie gleich nebenan ihr erstes eigenes Restaurant, das sie nach einem Baum benannte, der in extremen Höhen wächst und dort sogar leuchtend orange blüht – Kjolle. 2021 wurde Pia León als beste Küchenchefin der Welt geehrt, zwei Jahre später kam das Kjolle im Ranking The World´s 50 Best Restaurants auf Platz 28!
Auf Platz 6 dieser Liste und an diesem Abend an Pia Leóns Seite: Mitsuharu Tsumura, 41, Inhaber und Küchenchef des stylischen Restaurants Maido und sowohl ein Vertreter der Cocina Novoandina (wie León und Martínez) als auch der Nikkei-Cuisine.
Bei der Nikkei-Cuisine handelt es sich übrigens um eine Fusionsküche, die von japanischen Einwanderern Ausgang des 19. Jahrhunderts geprägt wurde und heute auch außerhalb Perus Kultstatus genießt. Mitsuharu Tsumura ist zweifellos ihr bekanntester Vertreter.
Dritter im Bunde dieses Peru-Abends in Colloredo di Monte Albano schließlich ist Santiago Vidal, Souschef des Restaurants Mayta, das 2023 bei den World‘s 50 Best Restaurants auf Platz 47 kam. Dessen Gründer, Inhaber und Küchenchef Jaime Pesaque musste aus privaten Gründen in Lima bleiben, aber Vidal vertrat ihn würdig (zudem hatten wir Pesaques „evolutionäre Küche“ schon vor Jahren in seinem Mailänder Restaurant Pacifico kennengelernt, einer von zehn kulinarischen Bühnen außerhalb Limas übrigens, die Jaime Pesaque „bespielt“).
„Bienvenido al país de las posibilidades culinarias ilimitadas – Willkommen im Land der unbegrenzten kulinarischen Möglichkeiten“, so eröffnete Pia León diesen Abend – und das Trio hielt dieses Versprechen, Gang für Gang.
Die Basis der meisten Gerichte bildeten in Europa nur wenig bekannte Gemüse, Früchte, Kräuter und Gewürze: Kañihua etwa, ein mit der Quinoa verwandtes Gänsefußgewächs, das ähnlich verarbeitet wird und kräftig nussig schmeckt; Sachapapa, eine Yamswurzelart; die seltenen weißen Rohkakaobohnen der im Amazonas-Regenwald beheimateten Kichwa-Indianer namens Macambo oder die Früchte des Cupuaçu, des Großblütigen Kakaobaumes … dazu Chili-Raritäten, eine lang vergessene Maissorte der Altiplano-Indios, eine namenlose Paradiesfrucht… Pia León, Mitsuharu Tsumura und Santiago Vidal kreierten daraus Gerichte mit visuellem Wow-Faktor, die ein ganzes Land über den Gaumen erfahrbar machten. Deshalb das einstimmige Gäste-Urteil: Viva Peru