Wenn es stimmt, dass trendy das ist, was jeder macht, dann arbeiten Anna Plagens und Stephan Zuber mit dem, was sie in ihrem Café Du Bonheur tun, absolut gegen den Trend.
„Trend hin, Trend her, ich glaube, unser Weg war richtig“, sagt Anna Plagens. Sie ist um neun Uhr morgens nicht zum Philosophieren aufgelegt. Der Tag hat um Fünf begonnen, um Sechs stand sie in der Backstube, ihr Partner im Laden. Und wieder wird es bis 21.00, 22.00 Uhr gehen, und das schon die ganze Woche. Da sind Spaßversuche störend, und selbst ein Lächeln gerät zum Kraftakt. Doch die beiden Jungunternehmer wissen, was sie ihren frühen Kunden schuldig sind – Freundlichkeit, selbst, wenn es weh tut. Aber Fröhlichkeit, nein, das würde zur aufgesetzten Weck-mich-Animation diverser morgendlicher Radioprogramme geraten. „Nicht unser Ding“, zuckt Stephan Zuber mit den Schultern. Also sparen wir uns große Reden und sehen uns um.
Ihr Laden – das Wort ist übrigens unpassend wie nur was – das Bonheur also, ist eine Augenweide, eingerichtet mit Augenmaß und dem Blick auf die praktischen Dinge eines Cafés. Ein Beispiel: Der Fußboden ist aus Stein und sieht aus, als sei er aus Mooreichendielen gefertigt – Holzoptik heißt sowas wohl. Der Vorteil liegt auf der Hand, wenn es an die abendliche Reinigung geht. Ansonsten dominiert Weiß, Tische, Stühle, Wände, kein Schnickschnack lenkt ab, kein Paris-Nippes oder Wien-Trödel in memoriam, lediglich der alte Stück glänzt und ein Stück freigelegtes Mauerwerk der Gründerzeit, altes Handwerk im jungen Handwerksbetrieb. Und es gibt ein Bild, ein einziges. Eine Kinderzeichnung von Juliane. „Unser Glücksbringer“, lächelt Anna Plagens, und jetzt sieht es auch nicht mehr gar so gequält aus.
Irgendwann hört Müdigkeit auf, ein Thema zu sein, das Konditorenhandwerk braucht Konzentration. Anna Plagens Reich ist zwischen Planetrühr- und Ausrollmaschine, Gärunterbrecher, Schockfroster und Backofen. An ihrer Seite als Unterstützung ein guter Freund und erstklassiger Konditor: Michael Faircloth vom San Francisco Baking Institute und Sophie Helm, Mathematikstudentin, Praktikantin und möglicherweise mal erster Lehrling der Meisterin.
Zwölf Baguettes backt das kleine Team täglich, mehr schafft der Ofen nicht. Anna Plagens hat sich für Dinkelmehl entschieden, nicht nur für die Bagǔettes, sondern auch für alles andere. Ob es nun das Mehl ist, die Rezeptur des Teiges, die fabrication traditionelle – diese Bagǔettes sind eine Klasse für sich, und ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage: Die von Christophe Vasseur in der Rue Yves Toudic sind auch nicht anders, und Vasseur gilt immerhin als einer der besten Pariser Bäcker. Noch vor den Baguettes, spätestens um Sieben, kommen die Croissants, die in Berlin kaum einen Vergleich fürchten müssen, da die meisten der in Cafés und Restaurants verkauften Butterhörnchen nur aufgebackene Tiefkühlteiglinge sind.
„Wenn man reinbeißt“, erklärt Anna Plagens, „muss es dieses ganz bestimmte Knacken geben.“ Davon können die Konsumenten der Convenience-Teile nur träumen, denn da knackt nichts. Bestenfalls bröselt es. So ist das eben mit dem industrialisierten Backwerk, das allerdings auch in Paris den Markt beherrscht. 85 Prozent der Croissants dort kommen aus der Fabrik, in Berlin sind es 95 Prozent. Irgendwer macht sie nur heiß, fertig. Das Problem dabei ist, dass die Hitze dem Hörnchen die gefrorene Feuchtigkeit entzieht und das Produkt austrocknet. Für Anna Plagens, die Qualitätsfanatikerin, wäre es ein Graus, ihren Kunden solche Teile anzubieten.
Du Bonheur
Brunnenstraße 39
10115 Berlin-Mitte
Tel. 030 – 56 59 19 55
www.dubonheur.de