Restaurant Lansk

„Er hatte ein Schülerpraktikum im Bamberger Reiter absolviert und wollte nun unbedingt Koch werden“, erzählt Franz Raneburger, „dafür schmiss er sogar das Gymnasium.“ Raneburger ahnte, welche Dramen sich nach dieser Entscheidung im Hause des jungen Mannes abspielen mussten – er kannte dessen Eltern als Stammgäste seines Restaurants – und entschied: „Gut, dann kommst Du zu mir.“ Der Sternekoch sprach mit den Eltern, Jonda und Gerd Rüdiger fügten sich ins Unvermeidliche. Das war 2001, der junge Mann hieß Benjamin Rüdiger. Heute sagt er: „Es war die wichtigste Zeit in meinem Berufsleben“, und nach kurzem Nachdenken, „aber auch die härteste.“

Nach drei Jahren „Knüppelei“ an den Herden im Bamberger Reiter und auf Schloss Glienicke war Rüdiger bestens gerüstet für seine Wanderjahre, die ihn nach Zürich zu Horst Petermann, auf die Insel Sylt zu Johannes King und in den Schwarzwald zu Harald Wohlfahrt führten. „Ohne die kulinarischen Grundsätze, das Wissen um die Produkte und das solide Handwerk aus meiner Lehrzeit hätte ich weder in den Kunststuben Küsnacht noch im Rantumer Söl´ring Hof und schon gar nicht in der Traube Tonbach in Baiersbronn bestehen können“, erklärt der heute 33-Jährige.

Der Altmeister lächelt. Wie stolz er auf solches Lob ist, sagt er nicht, und man sieht es ihm auch nicht an. Dabei ist Benjamin Rüdiger nicht der einzige, der es als Glücksfall bezeichnet, dass seine kulinarischen Wurzeln in Raneburgers bodenständiger, federleichter und unverkrampfter Gourmetküche liegen.

Wahabi Nouri, Sternekoch im Hamburger Restaurant Piment; Matthias Dahlinger, Inhaber und Küchenchef in der Freiburger Eichhalde, der vor Jahren seinen Stern zurückgab, weil das zahlende Publikum die Rückkehr zum glacierten Kalbsleberle forderte und Sebastian Marquardt, Chef im Strausberger Fischerkiez, der dort von Anfang an auf die suggestive Wirkung von Edelprodukten verzichtete, sich die Regionalität auf die Fahne schrieb und damit auf Kurs bleibt, denken ähnlich. Und selbst Tim Raue hält heute seine Zeit unter Raneburgers Ägide für „prägend“, obwohl sie nur gut ein Jahr lang dauerte.

Die Meister und ihre Schüler. Perfektion auf der Basis soliden Handwerks und Inspiration, die sie durch ihre Wurzeln erfahren. Das ist nicht nur im Fall von Franz Raneburger, inzwischen 67, aber immer noch in der Edelweiß-Catering-Firma seiner Partnerin Marija Vojković aktiv und Benjamin Rüdiger, der in Berlin sein erstes Restaurant eröffnete, ein Thema. Die Meierottostraße, der Fasanenplatz, Wilmersdorfs stillste, aber auch nobelste Seite. Großbürgerliche Gründerzeithäuser, Namensschilder, die nicht aus dem Baumarkt stammen.

Dr. B., Prof. G., vornehme Anonymität. Hier sorgten Benjamin Rüdiger und sein Team also Ende August 2014 für einen spannenden Neuzugang in der Berliner Restaurantlandschaft – das Lansk.

Der Name ist kurz und klingt gut, aber was er bedeutet und weshalb Rüdiger ihn gewählt hat, das ist schon eine längere Geschichte.
Das L-förmige, schlicht und gediegen eingerichtete Restaurant mit großen Fenstern zur Straße startet – Chapeau! – mit voller Mannschaft bereits um 12 Uhr Mittags. Bis 15 Uhr ist Lunchtime, das Abendgeschäft beginnt um 18 Uhr. Beide Speisenkarten offerieren Gerichte, die von einer Regionalität geprägt sind, wie man sie in Berlin nicht allzu oft findet, selbstbewusst und zeitgemäß. „heimisches Kochen“ nennt Rüdiger sein Konzept.

Dahinter verbirgt sich keine radikale Fixierung auf Produkte der unmittelbaren Umgebung – es gibt auch Reis, Vanille und Zitronen. Gemüse, Fleisch und die meisten Fische allerdings stammen aus dem Netz regionaler Produzenten, das der Küchenchef zwischen Ostfriesland und Bodensee immer dichter flicht.

Was das Team um Benjamin Rüdiger daraus zubereitet, ist gut geerdet und ohne brachiale Kreativität mancher Köche seiner Generation. Da kommt ein wunderbarer harmonischer Saiblingstartar und ein würziges Steckrübensüppchen, das mit einer gebackenen Krabbenschnitte serviert wird. Die Krustentiere stammen übrigens aus der Deutschen Bucht und wurden gepult, wo sie gefangen wurden und dafür nicht nach Nordafrika exportiert. Auch das gehört zum Lansk, weil es etwas mit Vernunft und Nachhaltigkeit zu tun hat. Dann zwei überaus respektable Hauptgänge: eine perfekt geschmorte , geschmacksintensive Hirschroulade, gedünstete Waldpilze und ein buttriges Kartoffelpüree, mit Verve abgeschmeckt. Und eine Komposition mit confiertem Kabeljau, Sauerkraut und gebratenen Blutwurstscheiben, deren Herkunft in einschlägigen Kreisen natürlich bekannt ist: Benser, Neukölln.

Der Teller ist komplett, da fehlt nichts, alles passt zusammen, und die Sache hat aromatische Power. Das Finale Furioso: eine Schokohalbkugel mit Estragonsorbet und geschmorter und marinierter Birne, ebenso stimmig wie die übrigen Desserts, für die der junge französische Pâtissier Leray Pierrick aus Toulon zuständig ist.

Das alles sind mit Können und Fantasie zubereitete Gerichte aus frischen Produkten, die sich nach den Jahreszeiten richten. Das engagierte Köcheteam ist gut beraten, daran festzuhalten.

Neben der Frage nach dem Restaurantnamen muss Gastgeber und Servicechef Marc Hanke auch immer wieder die nach dem Bild an der Stirnseite des Gastraumes beantworten. Geduldig erklärt er zum x-ten Mal, dass es eine Leihgabe der Galerie KunstBüroBerlin in der nahen Uhlandstraße 162 ist, gemalt von dem Franzosen Gerrges Autard und den Titel „Paradise now“ trägt. Charlottenburger Bildungsbürger zitieren dazu gern mal ihren Faust und dessen „Verweile doch!“ Hanke übersetzt die Bild-Botschaft mit „Wir leben jetzt“ und hofft, dass seine Gäste genauso denken.

Der 31-jährige Restaurantleiter, geboren auf Mallorca, Mutter Holländerin, Vater Spanier, fünf Sprachen perfekt, hilft ihnen dabei gern auf die Sprünge. Dafür hat er sich mit Georg Mauer (Wein & Glas) und Holger Schwarz (Viniculture) zwei der renommiertesten Weinhändler Berlins und mit der Brennerei Birgitta Rust eine der kreativsten Brennerinnen des Kandes ins Boot geholt. Dementsprechend sorgfältig sind Wein- und Digestifkarte zusammengestellt, klein, aber fein und fair kalkuliert.

Sicher werden einige Kritiker ihren Premier Grand Cru Classé vermissen, aber nur sie. Der Rest der Gäste verzichtet lieber auf die edlen Franzosen zu den hochedlen Preisen und hat Spaß mit einem fruchtbetonten Spätburgunder von Meyer-Nätzel oder einem finessreichen Rheingau-Riesling von Peter Jakob Kühn. Und so bietet das Lansk auch hier, was selten geworden ist bei Neueröffnungen: Verlässlichkeit. Flippigen Firlefanz gibt es genügend in der Stadt.

Restaurant Lansk

Meierottostraße 1
10719 Berlin-Wilmersdorf

www.lansk-restaurant.de

Das Restaurant ist leider für immer geschlossen!

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