Also dann, blättern wir mal ein bisschen im „Bäckerbuch“ aus dem Jahre 1901. Da ist zum Beispiel vom „Stolz der Deutschen auf ihr Brot“ die Rede. Das gilt wohl auch heute noch.
Vielfalt und Geschmack seien weltmeisterlich, heißt es häufig. Die deutsche Brotkultur ist sogar UNESCO-Kulturerbe geworden, fast 3.000 Brotsorten hat der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks dafür gesammelt und im sogenannten Deutschen Brotregister dokumentiert. Doch der Mythos wankt, viel davon ist Blendwerk. Während zur Zeit unseres „Bäckerbuches“ Brot noch mit viel Zeit und lediglich aus Mehl, Wasser, Sauerteig, Hefe und Salz gebacken wurde, können diesen traditionellen Zutaten heute etwa 200 Lebensmittelzusatzstoffe beigemischt werden – Emulgatoren, Enzyme, Milch- und Molkepulver, Ascorbin und andere Säuerungsmittel, Phosphate und Zuckerstoffe, und allesamt sind per EU-Verordnung erlaubt. Backmittel heißt das Zauberwort.
„Vielfalts-Einerlei“ hat das der „Stern“ dann genannt. Die Bäcker des Jahres 1901 hätten sich wahrscheinlich erstaunt die Augen gerieben. Träum‘ ich oder spinn‘ ich? Gestaunt hätten sie wohl auch darüber, was aus ihrem Berufsstand 116 Jahre später geworden ist. Unser „Bäckerbuch“ listet auf: „Nach der Gewerbezählung existieren in Deutschland ca. 90.000 Bäckereien, der Kleinbetrieb ist weitaus überwiegend.“ Heute zählt die Statistik noch 11.700 Handwerksbäckereien, Tendenz fallend. Die Zahl der Berliner Bäckereien ist in dem Wälzer leider nicht genannt, dafür gibt ein „Herr Rob. Heil, Berlin“, eine Bewertung der Erzeugnisse der Berliner Bäckerei. Er schreibt: „Das Gebäck gilt allgemein als ein hervorragend gutes und wird dies immer wieder besonders von den Berlin besuchenden Fremden anerkannt. Vom internationalen Standpunkt dürfte wohl nur das Gebäck von Wien und Paris an die Seite zu stellen sein.“ Wie gesagt, das war 1901…