Der Potsdamer Platz ist – warum auch immer – ein Magnet für Berlin-Touristen. Täglich drängen sich hier Tausende. Dem trägt natürlich das Gros der Gastronomie dort Rechnung. Schnelle Abfütterung, Convenience ohne Ende, die meisten Gäste kommen eh nur einmal. Balzac Coffee, Pizza Hut, McDonald’s, Starbucks, Vapiano, die Fastfood-Ketten lassen grüßen. Dazu ein bisschen Exotik – Australien, Korea, Mexiko, Vietnam – kulinarisch ebenso belanglos wie der Rest am Platz, von Alex bis Lindenbräu. Lediglich die Nobelhotels leisten sich Leuchttürme: das zweifach besternte FACIL im Mandala, das VOX im Grand Hyatt, der Midtown Grill im Marriott und endlich auch wieder das Ritz-Carlton. POTS heißt das neue Restaurant dort, POTS by Dieter Müller.
„Der Dieter Müller?“, fragen manchmal ältere Gäste. „Genau der“, lautet dann die Antwort. Dieter Müller, Jahrgang 1948, aufgewachsen in Auggen im badischen Dreiländereck, Kochlehre im Hotel Bauer in Müllheim, Stationen in Bern und auf Korfu, gehörte – gemeinsam mit seinem Bruder Jörg („Die Wunderknaben von Wertheim“) –Anfang der 1970er Jahre in den Schweizer Stuben im fränkischen Wertheim-Bettingen zu den Begründern des „deutschen Küchenwunders“.
Später, im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach, zählte er zu den ersten 3-Sterne-Köchen des Landes. 62-jährig verließ er 2010 das Schlosshotel und heuerte als Chef des Restaurants Dieter Müller auf der MS Europa an. Im Oktober 2018 kam dann die nicht ganz überraschende Nachricht: „Zum Ende des Jahres wird der vielfach ausgezeichnete Spitzenkoch das The Ritz-Carlton Berlin mit seiner Küchenexpertise bereichern und die Position als impulsgebender Patron im neuen Restaurant POTS einnehmen.“
Als Küchenchef holte er den 30-jährigen Frederik Grieb an Bord, knapp zwei Jahre lang Souschef in Müllers Restaurant auf der MS Europa – und mindestens ebenso bescheiden wie sein Vorbild. Zuständig für den Service im neuen kulinarischen Treffpunkt am Potsdamer Platz ist der Österreicher Mathias Brandweiner, 25, der zuletzt das Restaurant Le Faubourg leitete. Keine Frage, Grieb am Herd, Brandweiner am Gast und im Hintergrund Dieter Müller als Impresario – das ist schon ein Dreamteam.
Natürlich steht Dieter Müller nicht im POTS am Herd, aber der 3-Sterne-Altmeister ist auch keiner, der nur seinen guten Namen gibt, das Honorar dafür kassiert und dann nicht mehr gesehen ward. „Mit diesem Patronat habe ich auch eine Verantwortung übernommen“, sagt er, „und der will ich natürlich gerecht werden.“ Also kommt der noch immer viel beschäftigte Star für zwei, drei Tage im Monat nach Berlin, um mit der POTS-Brigade an den aktuellen Gerichten zu feilen und neue zu testen.
Küchenchef Frederik Grieb vielsagend: „Herr Müller ist auch da, wenn er nicht da ist.“ Wir vermuten, weil sein Geist allgegenwärtig ist. Das POTS heißt so nach dem Potsdamer Platz und befindet sich dort, wo früher mal die Brasserie Desbrosses war, der wohl keiner nachtrauert. Ritz-Carlton-typisch gibt es im POTS einen Guestdesk, hinter dem eine ausnehmend charmante, mehrsprachige Lady agiert, erste Fragen beantwortet und kleine Wünsche erfüllt – ein guter Zug und ebenso comme il faut wie alles, was dann folgt.
Die Inneneinrichtung – gemütliche Sitznischen, bewegliche Raumteiler, eine offene Showküche – bietet ein gelungenes Wohlfühlprogramm, wirkt gekonnt harmonisch und im besten Sinne metropolenhaft. Der Service demonstriert Ritz-Carlton-Klasse („Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen“) und führt auf erfrischende Weise leger durch den Abend. Angesagt ist ein zwangloses „Sharing-Food-Konzept“ – Motto: Genuss im POTS ist entspannt, gesellig und teilbar – aber wer unbedingt einen Teller für sich alleine möchte, auch kein Problem.
POTS IM RITZ-CARLTON
Potsdamer Platz 3
10785 Berlin-Tiergarten
Tel. 030 – 33 77 75 402
www.potsrestaurant.com